Das Unternehmertum wird weiblicher

08.04.2004
Höherer Frauenanteil, in Finanzfragen und insgesamt vorsichtiger als vor zwei Jahren, so präsentiert sich das deutsche Unternehmertum heute. Das ist das Ergebnis einer MIND-Studie von "Impulse". Von ComputerPartner-Redakteur Klaus Hauptfleisch

"Hinter jedem erfolgreichen Mann steckt eine kluge Frau", heißt es. Aber kluge Frauen brauchen heute keinen Mann, um selbst unabhängig erfolgreich zu sein. Bestes Beispiel ist die Sandalen-Königin Susanne Birkenstock. In der IT-Landschaft sind Unternehmerinnen noch immer relativ selten, aber es gibt sie, wie Angelika Reichelt, Herrin über rund 200 Mitarbeiter des Online-Vertreibers Reichelt Elektronik, zeigt (siehe ComputerPartner 20/03, Seite 46).

Auch wenn Frauen es in Deutschland noch vergleichsweise schwer haben, in Spitzenpositionen aufzusteigen, wird das Unternehmertum im Mittelstand doch deutlich weiblicher. Jede fünfte Firma wird bereits von einer Frau geführt, im Dienstleistungssektor ist es sogar bereits jede vierte. Das ist das Ergebnis einer neuen Unternehmensstudie namens "MIND - Mittelstand in Deutschland".

Ethik wird wieder groß geschrieben

Für die in der April-Ausgabe von "Impulse" veröffentlichten aktuellen Studie, der dritten seit 1999, wurden von verschiedenen Meinungsforschungsinstituten über 1.000 Unternehmenslenker in Deutschland befragt. Fünf Kernergebnisse lassen sich aufgrund der Studie festmachen: Die Firmenchefs sorgen sich in den schweren Zeiten erstens mehr um die Folgen der Globalisierung und zweitens um die unternehmerischen Risiken. Weitere Hürden sehen sie in nach wie vor zu hohen Steuern, zu viel Bürokratie und in der Schwierigkeit, qualifizierte Mitarbeiter zu finden. Der Anteil der von Globalisierungsängsten getriebenen Unternehmer stieg gegenüber 2002 um sieben Prozentpunkte auf 53,2 Prozent. 75,2 Prozent bezeichnen Risikobereitschaft als Herz des Unternehmertums. Vor zwei Jahren waren es noch 81,6 Prozent.

Mit den gefürchteten Ratings, dritter Punkt, gehen sie heute gelassener um als noch vor zwei Jahren. 49,6 Prozent erwarten von Ratings eine bessere Verhandlungsposition gegenüber potenziellen Kreditgebern. Kommentar Wolfgang Grupp, Alleininhaber der Trigema GmbH und für Unternehmermoral streitender häufiger Gast bei Sabine Christiansen: "Ratings sind wie ein Examen, dem sich Unternehmer stellen müssen." Darlehen bleiben den Firmenlenkern wichtig, Leasing gewinnt aber an Bedeutung. Viertens: Unternehmerische Ethik steht wieder höher im Kurs. Claus Hipp, Chef des Hipp Werks Georg Hipp, dazu: "Inhaber-Unternehmer können langfristig eher ethisch handeln, weil sie nicht wie Konzernmanager an kurzfristigen Ergebnissen gemessen werden." Und fünftens der steigende Frauenanteil im Unternehmertum, ein Trend an dem die Männer laut laut Georg Ludwig Braun, Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), nicht ganz schuldlos sind. Denn qualifizierte Frauen haben wegen ihrer schlechteren Karrierechancen in Unternehmen oft gar keine andere Wahl, als sich selbstständig zu machen.

Meinung des Redakteurs

Das Bild von der Männerdomäne Unternehmertum bröckelt. Und das ist auch gut so. Denn egal, ob im Verkehr oder im Unternehmertum, haben Männer schon so manche Kiste an die Wand gefahren. Frauen wie Susanne Birkenstock oder Angelika Reichelt setzen dagegen mehr auf Nachhaltigkeit und moralisches Handeln, Werte, von denen wir Männer vielleicht noch so manches lernen können.