Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Das Wichtigste zum Aufhebungsvertrag

04.03.2010
Was bei einer einvernehmlichen Auflösung zu beachten ist, sagen Michael Henn und Christian Lentföhr.

Wie bei jedem Vertrag kann auch bei einem Arbeitsvertrag dessen Auflösung einvernehmlich jederzeit durch die Vertragspartner vereinbart werden. Kündigungsschutzvorschriften sowie auch Kündigungsfristen müssen grundsätzlich für eine wirksame einvernehmliche Vertragsaufhebung nicht beachtet werden.

Der Kerninhalt eines Aufhebungsvertrags ist die Erklärung des Arbeitnehmers und Arbeitgebers, dass sich die Parteien darüber einig sind, dass das Arbeitsverhältnis zu einem bestimmten Datum endet, oder auch dass das Arbeitsverhältnis auf eine Kündigung hin mit Ablauf eines bestimmten Datums endet. Die rückwirkende Aufhebung des Arbeitsverhältnisses kann nach Beginn des Arbeitsverhältnisses nicht wirksam vereinbart werden.

Gemäß § 623 BGB ist der Wirksamkeit von Auflösungsverträgen Schriftform vorausgesetzt. Nach § 126 II BGB hat die Auflösungsvereinbarung schriftlich auf derselben Urkunde zu erfolgen. Ohne Wahrung der Schriftform wäre eine Auflösungsvereinbarung nach § 125 BGB nichtig.

Eine Annahme des Aufhebungsangebots ist wie jede andere Willenserklärung nach §§ 119, 123 BGB anfechtbar. Insoweit gilt Folgendes:

Eine Anfechtung wegen widerrechtlicher Drohung mit einer außerordentlichen Kündigung sieht das BAG dann als nicht gerechtfertigt an, wenn ein verständiger Arbeitgeber nach sorgfältiger Prüfung der Lage eine außerordentliche Kündigung in Aussicht stellt bzw. dies wegen gegebenen wichtigen Grundes hierfür auch in Aussicht stellen kann und der Arbeitnehmer vorsorglich in die Auflösung des Arbeitsverhältnisses einwilligt, um dem Makel einer fristlosen Kündigung bzw. der Einleitung eines Strafverfahrens zu entgehen. Auch das Argument, der Arbeitnehmer habe unter Zeitdruck ohne ausreichende Bedenkzeit den Aufhebungsvertrag unterschrieben, reicht für eine wirksame Anfechtung nicht aus.

Ist ein Arbeitnehmer ein "Verbraucher"?

Nach der Schuldrechtsreform des BGB war zunächst umstritten, ob ein Arbeitnehmer als "Verbraucher" im Sinne des § 13 BGB gilt und entsprechend §§ 312, 355 BGB entsprechend der Bestimmungen für Haustürgeschäfte hinsichtlich am Arbeitsplatz geschlossener Aufhebungsverträge die Pflicht zur Einräumung eines zweiwöchigen Widerrufsrechts besteht. Mit Urteil vom 27.11.03 (2AZR 135/02) hat das BAG jedoch klargestellt, dass aufgrund arbeitsrechtlicher Besonderheiten kein Widerrufsrecht bei arbeitsrechtlichen Aufhebungsverträgen einzuräumen ist.

Wegen arglistiger Täuschung wäre die Anfechtung begründet, wenn z.B. der Arbeitgeber über die betriebsbedingte Notwendigkeit einer Kündigung den Arbeitnehmer täuscht und der Arbeitnehmer daraufhin mit einer Vertragsaufhebung gegen eine unverhältnismäßig niedrige Abfindung einverstanden ist.

Eine Anfechtung aufgrund Inhaltsirrtum sieht das BAG im Fall z.B. einer Schwangeren, die in Unkenntnis ihrer Schwangerschaft ihren Willen zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses erklärt, aus folgendem Grund als in der Regel nicht gerechtfertigt an: Ein Inhaltsirrtum wäre gegeben, wenn der äußere Erklärungstatbestand dem Willen des Erklärenden zwar entspricht, dieser aber über Bedeutung oder Tragweite seiner Erklärung irrt. Das kann ausnahmsweise auch bei einem Irrtum über Rechtsfolgen der Erklärung der Fall sein, wenn diese selbst Inhalt der Willenserklärung geworden sind und dem Erklärenden über diesen Inhalt ein Irrtum unterläuft. Wenn die Arbeitnehmerin jedoch in Unkenntnis über ihre Schwangerschaft bei Abgabe ihrer Willenserklärung war, konnte ein Irrtum über die Rechtsfolge des Verlustes von Mutterschutzrechten bereits dem Grunde nach nicht gegeben sein.

Zu beachten sind die sozialversicherungsrechtlichen Folgen und Aufklärungspflicht. Die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers gebietet, dass dieser den Arbeitnehmer über die sozialversicherungsrechtlichen Folgen eines Aufhebungsvertrags aufzuklären hat, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zum Abschluss des Aufhebungsvertrags aus eigenen Interessen veranlasst oder dem Arbeitnehmer die Tragweite seiner Willenserklärung offensichtlich nicht klar ist.

Sozialversicherungsrechtliche Folgen

Zu den sozialversicherungsrechtlichen Folgen ist insbesondere zu beachten:

Der Anspruch auf Leistungen der Krankenversicherung nach Beendigung des Pflichtversicherungsverhältnisses besteht nur einen Monat gemäß § 19 II SGB V weiter, außer es tritt die Krankenversicherungspflicht nach § 5 I Nr. 2 SGB V für Arbeitslose ein. Gemäß § 5 I Nr.2 SGB V gehört auch derjenige zum krankenversicherungspflichtigen Personenkreis, der Arbeitslosengeld oder -hilfe bezieht oder dessen Anspruch hierauf nur aufgrund einer Sperrzeit nach § 144 SGB III ruht. Zu beachten ist, dass bei einem Ruhen des Arbeitslosengeldanspruchs gemäß § 143a SGB III im Fall eines Abfindungserhalts bei vor Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist beendetem Arbeitsverhältnis kein über § 19 II SGB V hinausgehender Krankenversicherungsschutz nach § 5 I Nr. 2 SGB V besteht (vgl. hierzu VIII. B und E).

Der Arbeitgeber ist gemäß § 2 II 2 Nr. 3 SGB III verpflichtet, seine (Noch-)Arbeitnehmer vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses frühzeitig

- über die Notwendigkeit eigener Aktivitäten bei der Suche nach einer anderen Beschäftigung zu informieren,

- über die Verpflichtung unverzüglicher Meldung beim Arbeitsamt zu informieren,

- sie hierzu von der Verpflichtung, die Arbeitsleistung zu erbringen, freizustellen und

- ihnen die Teilnahme an erforderlichen Qualifikationsmaßnahmen zu ermöglichen.

Da gemäß § 37b SGB III unverzüglich nach Kenntnis des Beendigungszeitpunktes die Meldung beim Arbeitsamt Pflicht ist und nach § 140 SGB III bei Verletzung dieser Meldepflicht Kürzungen des Arbeitslosengelds die Folge sind, ist die Einhaltung der Hinweispflicht nach § 2 Abs. II Satz 2 Nr.3 SGB III für den Arbeitgeber zur Vermeidung etwaiger Schadensersatzansprüche des Arbeitnehmers besonders relevant.

§ 37b SGB III bestimmt, dass sich Personen, deren Arbeitsverhältnis endet, spätestens 3 Monate vor dessen Beendigung persönlich melden müssen, haben sie nur kürzer Kenntnis, hat die Meldung innerhalb von drei Tagen nach Kenntnis des Beendigungszeitpunktes zu erfolgen.

Risiko Sperrzeit

Der Arbeitnehmer riskiert mit dem Abschluss eines Aufhebungsvertrags die Verhängung einer Sperrzeit bzgl. des Anspruchs auf Arbeitslosengeld nach § 144 SGB III. Nach Rechtsprechung des Bundessozialgerichts wird unabhängig von der Vertragsformulierung hinsichtlich des Initiators der Vertragsauflösung - die allerdings für die Steuerbegünstigung nach § 3 Nr.9 EStG relevant sein kann - bei jeglichem Aufhebungsvertrag von einer vom Arbeitslosen zu verantwortenden Lösung des Arbeitsverhältnisses ausgegangen, die eine Sperrzeit begründet. Nicht als selbst auflösende Willenserklärung würde z.B. das Unterlassen der Erhebung einer Kündigungsschutzklage gewertet. Hatte der Arbeitnehmer einen wichtigen Grund für seine Vertragsauflösung, tritt keine Sperrzeit ein.

Zu den Konsequenzen einer Abfindungszahlung im Hinblick auf die Arbeitslosenversicherung sei auf den bereits erwähnten § 143a SGB III und die Ausführungen hierzu im Skript unter Ziffer VIII.E verwiesen.

Die früher geltende Steuerfreiheit für Abfindungen seit seit dem 01.01,2006 entfallen. Echte Abfindungen, d.h. solche in die kein bereits geschuldetes Arbeitsentgelt eingerechnet wurde, bleiben aber sozialversicherungsfrei.

Weitere Informationen zum Thema und Kontakt:

Michael Henn, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Erbrecht, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Präsident des VdAA, c/o Dr. Gaupp & Coll, Stuttgart, Tel.: 0711 305893-0, E-Mail: stuttgart@drgaupp.de, Internet: www.drgaupp.de und www.vdaa.de

Christian Lentföhr, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Mitglied im VdAA, c/o W. Schuster und Partner GmbH, Schuster, Lentföhr & Zeh, Tel.: 0211 658810, E-Mail: lentfoehr@wsp.de, Internet: www.esp.de