Ende der Schonzeit für schwarze Schafe

Das Wichtigste zum Wettbewerbsregister

24.08.2017 von Volkmar Wagner
Am 29. März 2017 hat das Bundeskabinett den Entwurf eines Gesetzes zur Einrichtung eines Wettbewerbsregisters (Wettbewerbsregistergesetz – WRegG) beschlossen.

Ziel des Gesetzentwurfs ist, dass öffentliche Aufträge und Konzessionen nur an solche Unternehmen vergeben werden, die keine erheblichen Rechtsverstöße begangen haben und sich im Wettbewerb fair verhalten. Vorbehaltlich der überwiegend für wahrscheinlich gehaltenen Zustimmung des Bundesrats steht die von der Bundesregierung seit vielen Jahren betriebene Einführung eines im Rahmen von öffentlichen Vergabeverfahren zu beachtenden bundesweiten Korruptionsregisters damit kurz vor dem erfolgreichen Abschluss.

Der Entwurf des Gesetzes zur Einrichtung eines Wettbewerbsregisters (Wettbewerbsregistergesetz – WRegG) soll einen fairen Wettbewerb fördern.
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Das Fehlen eines bundesweit geltenden Korruptionsregisters wurde seitens der Politik und der öffentlichen Auftraggeber seit langem beklagt. Lange Zeit ablehnend verhielt sich dagegen die Bieterseite; viele Unternehmen befürchteten negative Auswirkungen, wie z.B. eine Nutzung des Registers als öffentlicher Pranger oder eine Infizierung aller Konzerngesellschaften durch von Mitarbeitern von Tochtergesellschaften begangene Rechtsverstöße. Der Gesetzentwurf versucht, diesen Bedenken Rechnung zu tragen, u.a. durch klarere Regelungen bezüglich der Zurechnung, die Möglichkeit der Löschung einer Eintragung durch Selbstreinigung und die Klarstellung, dass die Eintragungen im Wettbewerbsregister vertraulich sind und nur für Vergabeentscheidungen genutzt werden dürfen.

Wann das Wettbewerbsregistergesetz in Kraft tritt, steht derzeit noch nicht fest. Sowohl der Bundes-verband der Deutschen Industrie (BDI) und der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) als auch der Deutsche Städtetag (DST) fordern, nach Inkrafttreten alle landesrechtlichen Regelungen abzuschaffen. Dieser Forderung ist aus Gründen der Rechtsvereinheitlichung zuzustimmen.

Die wichtigsten Bestimmungen im Wettbewerbsregistergesetz

Das Wettbewerbsregister wird beim Bundeskartellamt als Registerbehörde in Form einer elektronischen Datenbank eingerichtet und geführt. In das Wettbewerbsregister sind folgende Rechtsverstöße einzutragen (vgl. § 2 Abs. 1 und 2 WRegG):

Rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilungen und Strafbefehle wegen folgender Straftaten:

  1. Die in § 123 Abs. 1 GWB aufgeführten Straftaten.

  2. Betrug nach § 263 StGB und Subventionsbetrug nach § 264 StGB, soweit sich die Straftat gegen öffentliche Haushalte richtet.

  3. Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelten nach § 266a StGB.

  4. Steuerhinterziehung nach § 370 AO.

  5. Wettbewerbsbeschränkende Absprachen bei Ausschreibungen nach § 298 StGB.

Des Weiteren sind auch rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilungen und Strafbefehle sowie bestimmte bestandskräftige Bußgeldentscheidungen gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz, das SGB III (rechtswidrige Beschäftigung von Ausländern), das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, das Mindestlohngesetz und das Arbeitnehmer-Entsendegesetz einzutragen. Schließlich sind auch bestandskräftige Bußgeldentscheidungen wegen der Verwirklichung der genannten Straftaten oder Ord-nungswidrigkeiten einzutragen. Dazu gehören auch Verstöße gegen die Verletzung der Aufsichtspflichten in Betrieben und Unternehmen nach § 130 OWiG.

Die Eintragung von strafgerichtlichen Entscheidungen und Bußgeldentscheidungen gegen eine natür-liche Person erfolgt nur, wenn das Verhalten dieser Person einem Unternehmen zuzurechnen ist. Das ist der Fall, wenn die natürliche Person als für die Leitung des Unternehmens Verantwortlicher gehan-delt hat, wozu auch die Überwachung der Geschäftsführung oder die sonstige Ausübung von Kontrollen und Befugnissen in leitender Stellung gehört (vgl. § 2 Abs. 3 WRegG). In der Begründung zum WRegG wird bezüglich Konzernen ausgeführt, dass die Obergesellschaft eines Konzerns nur dann eingetragen werden muss, wenn der Rechtsverstoß von einem Leitungsverantwortlichen des Konzerns begangen wurde. Hat hingegen nur ein Verantwortlicher eines rechtlich selbstständigen Konzernteils, z.B. eines Tochterunternehmens, gehandelt, ist nur dieser Konzernteil einzutragen.

Liste der zu speichernden Daten

§ 3 WRegG enthält eine Liste der zu speichernden Daten. Die Strafverfolgungsbehörden und die Ordnungswidrigkeitsbehörden teilen bei Entscheidungen nach § 2 Abs. 1 und 2 WRegG dem Bundeskartellamt diese Daten unverzüglich mit. Das Bundeskartellamt prüft die übermittelten Daten und sieht von einer Eintragung ab, wenn diese offensichtlich fehlerhaft sind. Auch wenn sich die Fehlerhaftigkeit erst nach der Eintragung herausstellt, berichtigt oder löscht das Bundeskartellamt die betroffenen Daten von Amts wegen. Die im Wettbewerbsregister gespeicherten Daten sind vertraulich (§ 3 Abs. 3 WRegG).

Vor der Eintragung in das Wettbewerbsregister erhält das betroffene Unternehmen vom Bundeskartellamt die Möglichkeit, zum Inhalt der geplanten Eintragung Stellung zu nehmen (§ 5 WRegG). Weist das Unternehmen nach, dass die übermittelten Daten fehlerhaft sind, sieht das Bundeskartellamt von einer Eintragung ab oder korrigiert die Fehler. Die sehr kurze zweiwöchige Stellungnahmefrist kann vom Bundeskartellamt verlängert werden. Dies dürfte in streitigen Fällen in der Regel erforderlich werden.

Nach § 6 WRegG sind alle öffentlichen Auftraggeber nach § 99 GWB verpflichtet, in Vergabeverfahren mit einem geschätzten Auftragswert ab EUR 30.000 netto vor Erteilung des Zuschlags abzufragen, ob im Wettbewerbsregister Eintragungen zu dem Bieter gespeichert sind, dem der Auftrag erteilt werden soll. Sektorenauftraggeber nach § 100 Abs. 1 Nr. 1 GWB sowie Konzessionsgeber nach § 101 Abs. 1 Nr. 1 und 2 GWB sind - soweit sie nicht auch öffentliche Auftraggeber nach § 99 GWB sind - erst ab Erreichen der Schwellenwerte für die Durchführung europaweiter Vergabeverfahren zur Abfrage ver-pflichtet. Diese Abfragepflicht ersetzt die bisherige Pflicht zur Einholung einer Auskunft aus dem Bun-deszentralregister; etwaige landesrechtliche Pflichten bleiben allerdings unberührt. Neben der Abfragepflicht besteht auch unterhalb der genannten Wertgrenzen sowie im Rahmen von Teilnahmewettbewerben ein Abfragerecht des Auftraggebers. § 6 Abs. 7 WRegG enthält das Vertraulichkeitsgebot.

Der anfragende Auftraggeber entscheidet sodann nach Maßgabe der vergaberechtlichen Vorschriften, also insbesondere §§ 123 bis 126 GWB, in eigener Verantwortung über den Ausschluss eines Unter-nehmens von der Teilnahme am Vergabeverfahren. Eine Entscheidungskompetenz des Bundeskartellamts besteht nicht.

Löschung von Eintragungen über Straftaten

Eintragungen über Straftaten nach § 2 Abs. 1 a) bis d) WRegG werden spätestens nach Ablauf von fünf Jahren ab dem Tag der Rechts- oder Bestandskraft der Entscheidung gelöscht. Eintragungen von Bußgeldentscheidungen nach § 2 Abs. 2 WRegG werden spätestens nach Ablauf von drei Jahren ab dem Erlass der Bußgeldentscheidung gelöscht. Im Übrigen werden Eintragungen spätestens nach Ablauf von drei Jahren ab dem Tag gelöscht, an dem die Entscheidung unanfechtbar geworden ist. Vor Ablauf dieser Frist kann ein betroffenes Unternehmen eine vorzeitige Löschung der Eintragung wegen Selbstreinigung beantragen. Die Frage, ob die Selbstreinigung erfolgreich war, ist anhand der §§ 123 Abs. 4 Satz 2 und 125 GWB zu entscheiden.

Gegen Entscheidungen des Bundeskartellamts als Registerbehörde ist die Beschwerde zum OLG Düsseldorf zulässig. Ursprünglich war insoweit die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte vorgesehen. Mit der nunmehr vorgesehenen Zuständigkeit des OLG Düsseldorf soll die besondere Expertise dieses Gerichts auf dem Gebiet des Vergaberechts genutzt werden. Die Zuständigkeit der Vergabekam-mern zur Überprüfung der Entscheidungen der Auftraggeber gemäß § 6 Abs. 5 WRegG bleibt davon unberührt.

Mit dem Wettbewerbsregistergesetz ist dem Gesetzgeber ein für alle Seiten tragbarer Kompromiss zur Regelung der schwierigen Materie gelungen. Dennoch muss man kein Hellseher sein um vorherzusagen, dass viele Fragen noch durch die Rechtsprechung geklärt werden müssen. Insofern ist die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Düsseldorf zur Überprüfung der Entscheidungen des Bundeskartellamts als Registerbehörde zu begrüßen. (oe)