Nur für Reseller

Der CP-Wahnsinn der Woche - Feiertage, Weltuntergänge, Frauenfeinde & Co.

24.06.2011 von Thomas Hafen
Diese Woche mit faulen Bayern, depressiven Dealern und berührungslosem Frauenfußball.
Symbolfoto
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Wir wissen nicht, ob Sie’s gemerkt haben, aber wir waren am Donnerstag nicht erreichbar. Wir hatten nämlich in Bayern einen Feiertag. Nun hat Frau Merkel ja schon angekündigt, dass bald Schluss sein soll mit dieser Faulenzerei im Süden. Alle müssten sich auch ein wenig anstrengen, ließ sie im Mai gegenüber der Nachrichtenagentur dpa verlauten: "Wir können nicht eine Währung haben und der eine kriegt ganz viel Urlaub und der andere ganz wenig." Das gehe auf Dauer nicht zusammen, so Merkel weiter.

Das war’s dann also wohl mit unserem "Feiertag der Woche". Dabei sind wir nach wie vor überzeugt: "Lieber Fronleichnam in Bayern als tot überm Zaun hängen in Niedersachsen!"

Das Komponentengeschäft ist kaputt, die Hardware auch. Distis sind doof und E-Tailer ekelhaft. Die Softwarehersteller nehmen dem Reseller die Marge oder klauen ihm dank Registrierungszwang die Folgegeschäfte. Die Provider lassen ihn monatelang auf die Provisionen warten und die Kundschaft geht nach und nach pleite.

Kein Wunder also, das der ITK-Fachhandel depressiv macht. Wie schlimm es um die Psyche der Reseller wirklich steht, erfuhren wir jedoch erst aus der "Telecom Handel". Dort schreibt Leser und "depressivster Fachhändler der Woche" "Apokalypse":

" […] Dieser Sonnensturm kürzlich war nichts gegen das, was uns in ein bis zwei Jahren bevorsteht. Viele elektronische Schaltkreise werden zerstört werden, die Stromversorgung bricht zusammen, AKWs können nicht mehr gekühlt werden. Ich bin übrigens weder Untergangsprophet noch Pessimist. Wenn dies passiert, wars das mit der Menschheit."

Besonders gefallen hat uns der Hinweis, dass der Verfasser "weder Untergangsprophet noch Pessimist" sei. Wahrscheinlich ist er einer jener gut gelaunten Verkäufer, die man häufig in Handy-Shops und Media-Märkten antrifft. Genau genommen ist seine Prognose ja auch optimistisch - zumindest für die Erde. Dem Planeten könnte schließlich nichts Besseres passieren, als uns los zu werden.










































Frauenfeind Bitkom

Die Frauenfußball-WM ist ja vor allem eine hervorragende Gelegenheit, frauenfeindliche Witze zum Besten zu geben. Leider hat sich das Satiremagazin "Titanic" vorsorglich bereits alle Kalauer rund um die WM gesichert. Bonmots wie "Ein Spiel dauert 90-60-90 Minuten" oder "Schiri, wir wissen, wo dein Schuhregal steht!" sind deshalb ab sofort lizenzpflichtig und ziehen bei unautorisiertem Gebrauch Schadensersatzforderungen in zehnstelliger Millionenhöhe nach sich. Restbestände wie "Sommermädchen" oder "Fußball-Barbie" hat sich der gebührenfinanzierte NDR geschnappt. Dem Normalbürger bleiben also nur noch Versatzstücke wie "Schöner Pass - für eine Frau" oder "Das hab ich in der Kreisliga schon besser gesehen" übrig. Zur Vorbereitung empfehlen wir außerdem dieses Video.

Frauenfeinde finden sich aber nicht nur unter Satiremagazinen, Öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten und Fußball-Fans. Auch der Hightech-Verband Bitkom gönnt sich einen starken Wortwitz auf dem Rücken des schwachen Geschlechts (oder war es umgekehrt?) und titelt:

"Gespaltene Meinung zur Frauenquote"

Eine derart "frauenfeindliche Pressemitteilung der Woche" hätte Ex-Präsident August-Wilhelm Scheer sicher nicht mit sich durchgehen lassen, aber der hat ja - hört, hört! - den Stab übergeben. Und so setzt der neue Präsi, Prof. Dieter Kempf, gleich noch einen drauf:

"Der typische Internetjunkie ist jung und männlich"

Braucht keine Frauenquote: HPs neue Druckerchefin Jaimi Cyrus.

Alte, weibliche Internetjunkies werden also wieder einmal unter den Tisch gekehrt, wo sie wahrscheinlich auf Fachhändler Apokalypse stoßen, der dort Schutz vor dem nächsten Sonnensturm sucht. Selbst beim Thema Online-Handel kann es sich der Verband nicht verkneifen, Frauen zu diskriminieren: "Insgesamt liegen Männer mit 22 Prozent vor den Frauen mit 16 Prozent", heißt es da. Uns fehlt eigentlich nur noch diese Schlagzeile:

"Frauenfußball-WM: BITKOM kritisiert Männerdiskriminierung"

Vom Gehirn in den Warenkorb

Bei manchen Menschen ist das Gehirn ein Sieb, bei anderen ein Warenkorb.

Gute Werbung soll ja bekanntlich aufs Herz zielen und den Geldbeutel treffen. Neuromarketing dagegen zielt aufs Gehirn und trifft den Warenkorb. Das behauptet zumindest der Veranstalter "Bussiness-trifft-Bildung", der am 27. Juni einen Online-Kongress zu diesem Thema veranstaltet.

"8 Top Experten" (ein Bindestrich war wohl nicht mehr drin) referieren über "psychologische und neuro-psychologische Erkenntnisse für das Marketing und auch Verkaufshandlungen". Lernen Sie an diesem Abend, "wie bislang unsichtbare und nicht nachvollziehbare Zustände und Prozesse Entscheidungen von Kunden vereinfachen." Deutsch lernen Sie besser woanders, möchten wir hinzufügen - und vergeben den "Quatsch der Woche" an "Business trifft Bildung".

"Distributor der Woche" ist - nein nicht Amazon - sondern COS. CEO Mascha Speier macht ihrem Name alle Ehre und spuckt große Töne: "Unser Ziel ist es, durch aktive Unterstützung, IT-Distribution neu zu erfinden". Die Devil-Tochter wirbt mit der Kampagne "Just heißt einfach" für "vereinfachte Abläufe, kostenlose Warenlieferungen und einfache Retouren". Just heißt laut LEO allerdings auch, "ausgerechnet", "gerade noch" und "nur". "Just COS" könnte man also auch mit "Ausgerechnet die haben mir gerade noch gefehlt" übersetzen.

IDS Scheer Consulting (September 2014)
Das IT-Beratungshaus IDS Scheer Consulting, das erst im Juni von der Software AG an die Scheer Group verkauft wurde, steht vor der Insolvenz. Jeder vierte Mitarbeiter muss gehen.
Printer Care (Juli 2014)
Einer der wichtigsten Online-Händler für Drucker und Zubehör hat Insolvenz angemeldet. Geschäftsführer Claus Grünig glaubt aber fest an eine Zukunft von Printer Care.
mStore (Juli 2014)
Gegen den Apple-Händler mStore wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Die zunächst angestrebte Sanierung in Eigenverantwortung ist damit gescheitert. Noch in dieser Woche sollen die meisten Filialen der Kette geschlossen werden.
Vitec (Juli 2014)
Der britische AV-Distributor Imago will alle Mitarbeiter des insolventen Multimediaspezialisten Vitec übernehmen. Die Geschäfte sollen unter Vitec-Gründer Dr. Wilhelm Mettner am Standort Mainz weitergeführt werden.
ACI Supplies (März 2014)
Die Telefone stehen still bei ACI Supplies in Ratingen. Grund: Die Unternehmensmutter ACI Adam BV mit Sitz in Maastricht, hat Insolvenz angemeldet. Der Distributor ist in Zahlungsschwierigkeiten geraten.
DiTech (März 2014)
Mit weit über 100 Millionen Euro Umsatz ist der österreichische Multichannel-Händler DiTech alles andere als ein Leichtgewicht. Im März 2014 musste das Unternehmen ein Sanierungsverfahren zur Abwendung einer Insolvenz einleiten.
Getgoods (November 2013)
Nachdem sich die Hinweise auf eine bevorstehende Insolvenz des Elektronikversender Getgoods gehäuft hatten, hat das Unternehmen Mitte November seine Zahlungsunfähigkeit offiziell bestätigt. Der Geschäftsbetrieb soll allerdings aufrechterhalten werden.<br>
BHS Binkert (November 2013)
Der auf das Imaging-Segment spezialisierte Distributor BHS Binkert hat einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt. Wie es weitergeht, ist derzeit noch ungewiss.<br>
Loewe (Juli 2013)
Nur wenige Wochen vor der IFA in Berlin ist Aushängeschild der deutschen Fernsehproduktion, Loewe, in ernsthaften finanziellen Schwierigkeiten geraten: Um einer Insolvenz vorzubeugen, hat sich das Unternehmen nun für ein Schutzschirmverfahren entschlossen.<br>
Chips and More (Juli 2013)
Der Freiburger Distributor Chips and More musste im Sommer 2013 Insolvenz anmelden. Der Grossist war unter anderem durch seine Eigenmarke CnMemory bekannt.
Niedermeyer (Mai 2013)
Sanierungskosten von bis zu 10 Millionen Euro – so viel war auch dem deutschen Onlinehändler Cyberport sein österreichischer Partner im stationären Handel nicht wert: Die Investorensuche für die Elektronikkette Niedermeyer blieb erfolglos, die verbleibenden 45 Filialen des einst 98 Standorte starken Filialnetzes mussten schließen.
Devil und COS (April 2013)
Nachdem die Kreditversicherer sowohl für Devil als auch für COS die Limits gekürzt hatten, mussten die beiden Distributoren im April 2013 Insolvenz anmelden.<br> Sechs Wochen später war die Zukunft von COS in Pohlheim gesichert: Der Api-Konzern wird das Unternehmen unter dem Namen COS Computerhandels GmbH weiterführen. Und im Juli 2013 wurde bekannt, dass der polnische Distributor Action S.A. den Braunschweiger Grossisten Devil übernehmen wird.<br>
b.com (März 2013)
Der Kölner Distributor B.com musste beim Amtsgericht Köln einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens stellen. Ein bereits erarbeiteter Sanierungs- und Restrukturierungsplan sollte an die neue Situation angepasst werden.<br> Kurz Zeit später wurde mit der Wortmann AG ein Retter gefunden.<br>
Jet Computer (März 2013)
Auch der Spezialdistributor Jet Computer Products war in finanzielle Schieflage geraten und musste beim Amtsgericht Hannover einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellen. Vertrieb und Support sollten zusammen mit den Herstellern aufrechterhalten werden.<br>
BT Kopier (Dezember 2012)
Nachdem Büroring angekündigt hat, sich aus dem übernahmegeschäft mit BT Kopier zurück zu ziehen, musste der Büromaschinenspezialist beim Amtsgericht Duisburg Insolvenz anmelden.<br>
H&S (Oktober 2012)
Im Oktober 2012 hatte die H & S Entwicklungsgesellschaft Nettetal GmbH vor dem Amtsgericht Krefeld Insolvenz angemeldet. Besser bekannt war die Firma allerdings unter dem vormaligen Namen Terratec. <br>
Neckermann (Juli 2012)
Während die Rettung von Neckermann scheiterte, gab es zumindest für einen durch die Insolvenz in Bedrängnis geratenen Partner-Shop eine neue Zukunft: Der zum Distributor Wave gehörende Elektronikversender Alternate wollte den Onlinehändler Styleon.de weiterführen.<br>
ADA – Das Systemhaus (März 2012)
Das zu diesem Zeitpunkt siebtgrößte Systemhaus Deutschlands musste im März 2012 Insolvenz anmelden. Zum 1. Juli 2012 übernahm Ricoh das operative Geschäft und machte ADA zu einer Business Unit.<br>
PC live (Januar 2012)
Das Peripherie-Label Typhoon schien dem kein Glück zu bringen: Mit PC live wurde schon die dritte Eigentümerfirma insolvent. <br>
Asdis Software (Juni 2010)
Auch Thomas Benz, Geschäftsführer des Systemhauses Asdis Software, musste im Juni 2010 den Gang zum Insolvenzverwalter antreten.<br>
RZNet (August 2009)
Mit Lothar Papenberg, Vorstand der RZNet AG, musste ein weiterer Systemhaus-Chef im August 2009 den Gang zum Insolvenzgericht antreten.<br>
TDMi (Juli 2009)
Deutschlands drittgrößtes Systemhaus, die TDMi-Gruppe, musste im Juli 2009 Insolvenz anmelden. Betroffen waren die TDMi-Tochter Comparex, die Muttergesellschaften TDMi Deutschland Holding GmbH und die TDMi AG.<br>
COS (Juli 2009)
Besonders wild ging es bei der COS-Pleite im Juli 2009 zu: Erst verkaufte Firmenmutter Tiscon den Distributor an den russischen Investor Green Gold, der COS wohl entgegen den getroffenen Absprachen in die Insolvenz schickte. Als rettender Engel für die COS erwies sich ausgerechnet der Braunschweiger Wettbewerber Devil.<br>
Trekstor (Juli 2009)
Im Juli 2009 mussten auch die Trekstor-Geschäftsführer Daniel und Shimon Szmigiel (Foto) Insolvenz anmelden.<br>
Tandberg Data (April 2009)
Weil der Speicherspezialist Tandberg Data Kredite an den Investor Cyrus Capital nicht zurückzahlen konnte, musste das Unternehmen im April 2009 Insolvenz anmelden. Im Zuge der Restrukturierung verließen Deutschland-Chef Frank Roszyk und eine ganze Reihe führender Manager das Unternehmen und gründeten den direkten Wettbewerber Actidata.<br>
Finanzielle Schieflage
Auf den nächsten Seiten gibt es eine Auflistung der wichtigsten ITK-Distributoren, -Systemhäuser, -Hersteller, und -Händler die in letzter Zeit Insolvenz anmelden mussten oder pleite gingen.<br>
Netsquare (Juli 2015)
Distributor und PC-Fertiger Netsquare ist zahlungsunfähig. Ob der Geschäftsbetrieb weitergehen kann, ist laut Insolvenzverwalter noch nicht absehbar.
Weltbild (Juli 2015)
Also will die aus der Insolvenzmasse der Weltbild erworbenen Logistikaktivität nicht mehr finanziell unterstützen. Damit droht in Augsburg die Insolvenz.
Atelco (Juli 2015)
Das Sparprogramm, das die Atelco-Gruppe nach anhaltenden Umsatzrückgängen und Verlusten eingeleitet hatte, ist gescheitert. Nachdem Investorengespräche nicht schnell genug abgeschlossen werden konnten, beantragte das Unternehmen im Juli 2015 die Insolvenz.

An das "Experiment der Woche" haben sich der Sicherheitsexperte Gemalto und die Orange Group gewagt. Wie uns die Unternehmen per Pressemitteilung wissen lassen, ermöglichen sie "sicheres kontaktloses Bezahlen per Handy in Polen". Moment, sagen wir, muss es nicht "Handy-loses Bezahlen" heißen? Und seit wann wird in Polen überhaupt irgendetwas bezahlt? Wir sind wie immer ratlos, wünschen aber dennoch allen Fachhändlern just ein schönes, kontaktloses Wochenende - möge der Sonnensturm mit Ihnen sein! (haf)