Nur für Reseller

Der CP-Wahnsinn der Woche - große Ohren, dicke Fische, neue Innovationen & Co.

02.09.2011 von Thomas Hafen
Diese Woche mit Knochen in der Hose, Schmuddelbildern auf dem Schreibtisch und dem kleinsten Gehirn der Welt.

Vermissen Sie auch manchmal den alten Knochen in der Hose? Wir meinen jetzt nicht die Kaffeetrinker unter Ihnen, sondern jene Urgesteine, die sich noch an die Anfangszeiten des Mobilfunks erinnern können, als Motorola-, Nokia- und Siemens-Handys nicht nur führend, sondern auch 20 Zentimeter lang und ein Pfund schwer waren.

Das können Sie nun wiederhaben - mit unserem "Produkt der Woche", dem Moshi-Moshi-Knochen. Bei Tchibo ist er Gott sei Dank schon ausverkauft, so dass der Fachhandel nun bei der zweiten Nachfragewelle gute Chancen hat, Margen von minus 20 Prozent und mehr zu machen. Unser Exemplar wurde uns übrigens von E-Plus zugesandt. Wahrscheinlich hofft man dort, sich so den Netzausbau sparen zu können.

Der Nutzer muss nur sein Mobiltelefon auf der Fensterbank festtackern und kann sich dann mit dem Moshi frei im Raum bewegen - so weit die Füße tragen und das Spiralkabel reicht. Ob das hilft? Wir wissen es wieder einmal nicht, bleiben aber sicherheitshalber bei einem Anbieter, bei dem man auch in mehreren Metern Entfernung vom nächsten Sendemasten noch Empfang hat.

Wer an kalten Wintertagen die kapazitiven Touchscreens von iPhone und Co nutzen will, muss entweder die Handschuhe ausziehen oder auf smartphonefreundliche Spezialmodelle wie den E-Tip-Glove von The North Face, ca. 30 Euro, umsteigen.
Der "GoSmart Clip" (via Amazon.com, 26 Dollar) bringt die Smartphone-Navigation im Auto dorthin, wo sie der Fahrer immer im Blickfeld hat: auf das Lenkrad.
Das US-Start-up Quirky bietet mit seinen "Digits" für 14 Dollar die Lösung. Die Spezial-Anstecknadeln kommen auf die Fingerspitzen eines Handschuhs. Die Nadel hält Hautkontakt, während das leitfähige Material außen den kapazitiven Mechanismus auslöst. Ein Manko hat das aber. Spätestens bei edlen Lederhandschuhen kommt es nicht gut, dass diese mit der Nadel durchstochen werden.
Auf einer Weihnachtsfeier ist kaum etwas peinlicher als ein Jingle-Bells-Klingelton, wenn gerade Stille Nacht auf dem Musikprogramm steht. Mit dem "Phonekerchief" (15 Dollar, auf UncommonGoods.com) der Designerin Ingrid Zweifel lässt sich das vermeiden. Dazu schlägt der User sein Handy einfach in das Taschentuch ein. "Das Material ist 55 Prozent Silber und 45 Prozent Nylon, sodass es als weicher Farady-Käfig fungiert", erklärt die Designerin. Das Handy hat also keinen Empfang und es stört sicher kein Klingeln eine besinnliche Weihnachtsfeier.
Eine gedimmte, kerzentaugliche Weihnachtsbeleuchtung ist der Bildqualität nicht unbedingt zuträglich - vor allem, wenn man wie beim iPhone 3GS und älteren Modellen ohne Blitz auskommen muss. Dafür verspricht Gadgets and Gear mit dem "iFlash" für rund 30 Dollar Abhilfe - ein externes LED-Blitzmodul, das auch auf den iPod Touch passt.
Bei der Suche nach Weihnachtsgeschenken bietet sich originelles Zubehör an - gerade wenn den Beschenkte schon ein iPhone und auch sonst so ziemlich alles hat. In solchen Fällen lohnt ein Blick nach Japan, wo der Zuberhöranbieter Hashy-Topin mit dem Dock "Phone x Phone" (ca. 18 Euro) ein außergewöhnliches Telefonieerlebnis verspricht. Denn dort wird das iPhone quasi zum Tastenblock eines altmodischen Festnetztelefons.

Einen dicken Fisch hat sich Atos im "Deal der Woche" an Land gezogen. Der Dienstleister darf nach eigenen Angaben die IT-Infrastruktur der HSH Nordbank "harmonisieren". Wir wissen nicht, ob Atos weiß, was jeder weiß: Dieser Fisch, beziehungsweise Kunde, stinkt gewaltig, und zwar vor allem vom Kopf her.

Die übelriechende Mischung aus Filz, Unfähigkeit, krimineller Energie, Rücksichtslosigkeit, Gier und Selbstbedienungsmentalität bedarf in der Tat dringend einer Harmonisierung. Wir wünschen Atos dabei viel Glück. Sollte es demnächst allerdings eine Razzia in den Geschäftsräumen des Dienstleisters geben, bei der schmutzige Bildchen gefunden werden, dann möchte die HSH wahrscheinlich den Vertrag nicht mehr fortführen.

Manifest des Missbrauchs

Kaum etwas wird so sehr missbraucht, wie das Wort "Innovation" - von Kindern in katholischen Internaten einmal abgesehen. Den "Innovationsmissbrauch der Woche" hat die Unternehmensberatung Arthur D. Little begangen. Das Unternehmen belästigt uns mit einem "Innovationsmanifest". Dort erklären uns die Consultants "fünf zentrale Innovationskonzepte, auf die sich Unternehmen konzentrieren sollen". Diese wären:

Fehlen eigentlich nur noch die "innovative Innovation", die "neue Innovation", "die echt krass endgeile Innovation", und die "Innovation-Innovation".

"Unternehmen, Organisationen und Regierungen sehen sich derzeit mit bisher unbekannten Herausforderungen konfrontiert. Sie müssen bei den Innovationen neue Wege gehen, um zu überleben. Die Sieger werden im 21. Jahrhundert diejenigen sein, deren Innovationen die ihrer Wettbewerber übertreffen", klärt uns Rick Eagar, Leiter des Beratungsbereichs Technologie und Innovationsmanagement von Arthur D. Little in Großbritannien, auf.

Wie man mit derartig innovativen Allgemeinplätzen und Gehirnschwurbeleien siebenstellige Gehälter im Jahr verdienen kann, entzieht sich unserer Vorstellungskraft. Erst recht nicht vorstellen wollen wir uns, was uns Volker Kirchgeorg, Global Practice Leader des Bereichs Technologie und Innovationsmanagement von Arthur D. Little androht:

"Wir haben uns in den vergangenen 125 Jahren für Innovationen eingesetzt, und wir freuen uns auf die Chancen der nächsten 125 Jahre. Jetzt ist für Großunternehmen und Regierungsbehörden der richtige Zeitpunkt gekommen, in den Führungsriegen nach Entscheidungsträgern zu suchen, die für Innovationen verantwortlich sind und neue Impulse für den Wandel liefern."

Dann doch lieber Accenture. Die können zwar Milliarden nicht von Billionen unterscheiden, sind aber wenigstens nicht innovativ.

Apropos Vorstellungskraft: Auch Manfrotto hat uns ein Manifest zukommen lassen - hatte Karl Marx diese Woche Geburtstag, oder was ist da los? Immerhin hat das manfrottische "Manifest der Vorstellungskraft" etwas, was Arthur D. Little Brain vermissen lässt: Inhalt und Innovation. Zugegeben, manche der Tweets könnten auch von den Herren Eagar oder Kirchgeorg stammen, die Siegerfotos sind aber auf jeden Fall sehenswert.

SAP mit zwei Buchstaben

Wer den Artikel von Al Lewis "So ruinieren Sie HP in 12 Monaten" liest, bekommt den Eindruck, Leo Apotheker möchte den Mischkonzern zu einem Softwareunternehmen à la SAP umbauen. Wahrscheinlich kommt er einfach mit den Margen aus dem Hardware-Geschäft nicht klar. "Da fehlt doch eine Null, mindestens", hören wir ihn sagen. Ob es sich beim "Umbau der Woche" um eine proaktive, eine frugale oder eine integrierte Innovation handelt, wissen wir nicht. Auf jeden Fall wünschen wir HP viel Erfolg - und den Partnern und Kunden viel Glück.

Ein "Produkt der Woche" zu finden, war ein Ding der Unmöglichkeit. Es ist schließlich IFA und die Hersteller hauen Produktinnovationen raus, als ob es kein Morgen und keine Elektroschrottverordnung gäbe. 20:20 Mobile zündet gleich ein "Produkt Feuerwerk" - und dabei sind es bis Silvester noch fast vier Monate. Der Distributor hatte wohl kein Geld für Kalender oder Bindestriche - der IFA-Auftritt war einfach zu teuer.

Was Produkt Innovationen angeht haben übrigens weder Fifty-fifty - äh: 20:20, noch Arthur D. Little Weenie den wütenden Vogel abgeschossen, sondern Sony. Das Unternehmen besaß die Frechheit, unser Postfach an einem einzigen Tag mit 14 IFA-Pressemitteilungen vollzumüllen. Ganz klarer Fall: die "Innovationorrhoe der Woche"!

Von Sony genervt, von LG verwirrt, das Leben eines Redakteurs ist eines der schwersten. Oder können Sie mit folgender Überschrift etwas anfangen:

"Polfilter vs. Shutter: Im 3D Blindtest überzeugt LG die Probanden"

Auch hier hätten wir uns einen Bindestrich gewünscht - oder muss es "Blindenstrich" heißen? Sind die Dinger so teuer, wurden sie alle für den Deppen-Apostrophen aufgebraucht oder warum verwendet sie keiner mehr? Davon unabhängig fragen wir uns, wie so ein 3D-Blindtest aussieht. Laufen die Probanden mit verbunden Augen gegen 3D-Fernseher? Gewinnt die Marke, die am wenigsten blaue Flecken und gequetschte Zehen hinterlässt? Wir wissen es wieder einmal nicht.

Dafür wissen wir, dass die Nachfrage nach 3D-Fernsehern "aktuell noch etwas verhalten" ist. Das hat uns nämlich Kabel Deutschland gesteckt. Viel mehr Sorgen macht uns aber deren Presse Mitteilungs Unter Über Schrift:

"TV-Trend HDTV in den deutschen Wohnzimmern angekommen"

Wenn der, die oder das HDTV bis heute Abend nicht raus ist aus unserem Wohnzimmer, rufen wir die Polizei. Das verspricht,

Ihre

Channel Partner Redaktion.

Wir wünschen ein schönes Wochen Ende - mit oder ohne … HDTV, versteht sich. (haf)