Individual-Software bremst Cloud aus

Der ERP-Markt in Deutschland

13.08.2012
Wie entwickelt sich der ICT-Markt in Deutschland? Wo ist das höchste Budget insgesamt zu erwarten, und mit welchem Budget-Wachstum kann in den einzelnen Segmenten gerechnet werden? Diese - und viele andere - Fragen beantwortet der Experton Group Navigator.
Ausgaben für ERP-Software in Deutschland. Quelle: Experton Group Market Navigator, 2012.
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Wie entwickelt sich der ICT-Markt in Deutschland? Wo ist das höchste Budget insgesamt zu erwarten, und mit welchem Budget-Wachstum kann in den einzelnen Segmenten gerechnet werden? Diese - und viele andere - Fragen beantwortet der Experton Group Navigator.
Von Frank Schmeiler (Experton Group)
Der Experton Group Navigator stellt eine äußerst umfassende und modulare Datenbank für den gesamten ICT-Markt in Deutschland, Österreich und der Schweiz dar. Die Ergebnisse sind nach 135 Produkten und Services, 87 Branchen sowie vier mal zwölf Unternehmens-Größenklassen und für die Jahre 2009 bis 2016 darstellbar.

Ausgaben für ERP-Software stellen mit einem Volumen von zirka 2,56 Milliarden Euro im Jahr 2013 knapp elf Prozent der gesamten Software-Ausgaben von Unternehmen und Öffentlichen Diensten in Deutschland dar. Die Investitionen sind dabei über die Jahre 2012 bis 2016 insgesamt relativ konstant.
Hierbei sind bei mittelständischen Unternehmen noch leicht ansteigende Investitionen zu verzeichnen, währenddessen die Ausgaben der Großunternehmen eher rückläufige Tendenzen aufweisen.

Individualisierung hemmt SaaS-Ausbreitung

Obwohl sich auch nahezu alle führenden ERP-Anbieter mit dem Thema Cloud Computing beschäftigen und viele Cloud-Anbieter mittlerweile auch spezifische Services für den Betrieb unternehmenskritischer Anwendungen in der Cloud bieten, fallen, im Vergleich zum ERP-on-Premise-Markt, die Investitionen in SaaS-ERP (Software as a Service) noch relativ gering aus und stellen in 2012 mit 83 Millionen Euro gerade einmal drei Prozent der ERP-Software-Investitionen dar.

Dieses Verhältnis wird bis 2016 auf rund 18 Prozent anwachsen (467 Millionen Euro), was einem durchschnittlichen jährlichen Wachstum von zirka 54 Prozent entspricht.

Cloud Markt
Cloud-Markt in Deutschland 2012 bis 2017: Investitionen und Ausgaben nach Segmenten (B2B) in Millionen Euro
Quelle: Experton Group 01/2013
Cloud-Technologien: Marktanteile in Deutschland 2013 (1,55 Milliarden Euro)
Quelle: Experton Group 01/2013
Das treibt Unternehmen in die Cloud:
mangelnde eigene IT-Ressourcen, Wunsch, vorhandene Ressourcen effizienter zu nutzen Wunsch nach Kostensenkung; schnellere Bereitstellungs- und Evaluierungszeiten (Druck aus Fachabteilungen); mehr Flexibilität; bessere Arbeitsabläufe; Verantwortung für IT-Betrieb stärker auf den Anbieter verschieben

ERP-Lösungen bilden das prozessuale Rückgrat eines Unternehmens. Auch wenn diesbezüglich oft von Standard-Software gesprochen wird, so ist doch eher das Gegenteil die Realität in deutschen Unternehmen. Der Individualisierungsgrad ist nach wie vor extrem hoch, sehen doch die meisten Unternehmen gerade diese individuelle Abbildung ihrer Prozesse als einen entscheidenden Wettbewerbsfaktor an.

Cloud-Rolle der Partner
Was alle Rollen eint
Die Hauptaufgabe der Partner wird im Cloud-Geschäft sein, Kunden strategisch zu beraten, die künftigen Prozesse zu definieren und bei der Auswahl passender Cloud-Dienste zu unterstützen. Wo beispielsweise könnten sich für den Anwender Standardapplikationen lohnen? Wo zusätzliche Ressourcen aus der Cloud bezogen werden? Was sollte der Kunde auf keinen Fall auslagern?
Cloud Consultant
System- und Beratungshäuser müssen dazu Cloud-spezifisches Technologie-Know-how aufbauen, Demo-Kapazitäten bereitstellen und gegebenenfalls eigene Betriebsumgebungen aufbauen.
Cloud-ISV (Independent Software Vendor)
Bietet seine Applikationen als Web-basierte Services an (SaaS). Vermarkten lassen sich die Anwendungen auch über B2B-Marktplätze (Appstores), die zunehmend von Herstellern, beispielsweise von IBM, Fujitsu, HP, SAP, aber auch seit kurzem von der Telekom angeboten werden.
Cloud-Dienstleister
Anbieter von Dienstleistungen rund um die Cloud, mit Schwerpunkt auf Orchestrierung und Integrierung von Cloud-Leistungen für und beim Kunden. Hier geht es darum, den Mix aus traditionellen On-Premise-Applikationen (betrifft vor allem ERP-Software) mit Cloud-basierten Services und Applikationen zu verknüpfen und dafür ein einheitliches Management zu schaffen.
Cloud Provider
Anbieter oder Hoster von Platform as a Services (PaaS). PaaS umfasst zusätzlich zur Infrastruktur auch Entwicklungsumgebungen, Vereinbarungen über die Laufzeiten, Monitoring, Skalierung, Service Level Agreements (SLA), Abrechnungssysteme, etc.
Cloud Builder
Partner, die Kunden dabei unterstützen, Rechenzentren und Applikationen so umzurüsten, dass sie Cloud-fähig werden

Dies spiegelt sich dann auch entsprechend in der Anbieterlandschaft wider. Zahllose, auf einzelne Sub-Verticals spezialisierte Anbieter buhlen dort um die Gunst der meist mittelständisch geprägten Kundenklientel.

Outsourcing dominiert noch

Vor diesem Hintergrund ist es auch wenig verwunderlich, dass das Angebot im ERP-Umfeld hinsichtlich SaaS noch sehr überschaubar ist. Zwar ist das Thema ERP und Cloud Computing in aller Munde, es muss aber festgestellt werden, dass es sich hierbei meist nicht um wirkliche SaaS-Lösungen handelt, sondern um Hosting-Angebote. In diesem Szenario handelt es sich im engeren Sinne dann auch mehr um ein Outsourcing mit Cloud-Computing-Elementen.

Wichtigste Channel-Hersteller
Martin Berchtenbreiter, Microsoft
Oliver Gürtler, Microsoft
Hardy Köhler, Adobe
Harald Oettl, Autodesk Central Europe
Michael Ganser, Cisco
Jens Lübben, Citrix
Doris Albiez, IBM
Jürgen Müller, Novell
Alexander Neff, Quest Software
Andreas Zeitler, Symantec
Thomas Kühlewein, VMware

Im Modell ERP-SaaS zahlt der Anwender einen Preis pro Anwender und Monat. Hierin enthalten sind dann aber alle Kosten, auch die der Lizenzen. Dies bedeutet für den Anwender dann ein Höchstmaß an Flexibilität auf der Kostenseite.

Einschränkungen muss er dann dafür bei der Individualisierung hinnehmen. Und genau da liegt auch das Problem. So sind die meisten mittelständischen Unternehmen heute noch nicht bereit, oder vielleicht sogar in der Lage, sich diesem Standard zu unterwerfen. Und so beschränken sich das Angebot und auch die Nachfrage - Stand heute - zunächst einmal vorwiegend auf den Bereich der sehr kleinen Unternehmen.

(rb)