Der Euphorie folgt die Unsicherheit

14.02.2005
Der Rücktritt von HP-Chefin Carly Fiorina wurde von Mitarbeitern und Öffentlichkeit bejubelt. Doch ein frischer Wind ist nicht in Sicht, denn die HP-Führung verliert sich auch ohne die ungeliebte Managerin in Strategie-Debatten.

Von Marzena Fiok

"Das HP-Board verkündet, dass Carly Fiorina als Chairman und CEO zurückgetreten ist - mit sofortiger Wirkung." Mit einer knappen Mitteilung fand am vergangenen Dienstag die sechsjährige HP-Karriere der "mächtigsten Frau der US-Wirtschaft" (Fortune) ein jähes Ende. Man habe sich nicht über die weitere Umsetzung der Konzernstrategie einigen können, ließ die Ex-Chefin verkünden und tauchte erst mal unter.

Besonderheiten der Länder ignoriert

In den USA war die Überraschung über den Rücktritt wohl größer als im Ausland. "Sie war ein Idol der US-Wirtschaft", so ein Mitarbeiter aus der Böblinger HP-Zentrale. "In den einzelnen Ländergesellschaften hatte man an ihren Entscheidungen jedoch schwer zu schlucken." Die mäßig erfolgreiche Compaq-Übernahme, von den meisten Analysten als Grund für den Rücktritt identifiziert, war nicht die einzige Entscheidung der Managerin, die kontrovers diskutiert wurde. So stieß beispielsweise auch die "One Face to the Customer"-Strategie, mit der Fiorina weltweit einen einheitlichen Auftritt des Konzerns vorgeschrieben hatte, auf wenig Gegenliebe: "Die Besonderheiten der einzelnen Märkte wurden dabei einfach ignoriert. Das konnte nicht funktionieren - und tat es auch nicht", so ein Insider.

Und so wurde der Rücktritt der Managerin, die den Ruf genoss, ihre einsamen Entscheidungen auch gegen den Willen des Boards durchzupeitschen, zunächst als positives Sig-nal gewertet. Die Börse honorierte ihn gar mit einem Kurssprung der HP-Aktien. Doch der ersten Euphorie folgt erneute Unsicherheit: Denn eine Antwort auf die Frage, wie es mit HP weitergehen soll, ist nicht in Sicht. Für erste Irritationen sorgten Übergangs-Chef Robert Wayman und Board-Mitglied Patricia Dunn: Beide beeilten sich zu versichern, dass sich an der eingeschlagenen Strategie nichts ändern wird. Angesichts dessen stellt sich nun so mancher die Frage, warum Fiorina dann eigentlich gehen musste.

Offenbar waren sich die HP-Vorstände nicht nur mit Fiorina, sondern sind sich auch untereinander nicht einig: Wie ein Konzernsprecher gegenüber US-Medien bestätigte, wird im Vorstand schon wieder über eine Neugliederung der sechs Geschäftsbereiche - Imaging, Personal Systems, Technology Solutions Group, Enterprise Storage and Servers, Financial Services und HP Services - diskutiert. Nur eine Ausgliederung des Druckersegmentes in ein eigenes Unternehmen - wie von den Analysten gefordert - stehe nicht zur Debatte, heißt es.

Der Mangel an Fakten seitens der HP-Führung gibt wilden Gerüchten neue Nahrung: Beobachter halten die zunächst dementierte Ausgliederung der Druckersparte durchaus für möglich. Auch, dass HP dem Beispiel von IBM folgen und das unprofitable PC-Geschäft verkaufen wird, soll eine Option sein. Sogar über eine weitere große Akquisition wird spekuliert: Eastman Kodak und Xerox gelten als mögliche Übernahmekandidaten, mit denen HP sein Druckergeschäft stärken würde.

Was mit dem Konzern passiert, wird sich wohl erst klären, wenn ein Nachfolger für Fiorina gefunden ist. Bis dahin läuft HP Gefahr, einen alten Fehler zu wiederholen: Nach der Compaq-Übernahme war der Konzern monatelang vor allem mit sich selbst beschäftigt und verärgerte damit Kunden und Partner. Vor allem die Fachhändler befürchten nun einen "Rückfall" in diese Zeit.