Komponentendistributoren

Die Broker unter den Distis

06.07.2012 von Beate Wöhe
Nicht nur Schnelligkeit, sondern auch das Beobachten des Dollarkurses gehört zum Handwerkszeug der Komponentendistribution. Auch sonst unterscheidet diese Marktteilnehmer vieles von anderen Distributoren.
Grafikkarten verschiedener Hersteller

Nicht nur Schnelligkeit, sondern auch das Beobachten des Dollarkurses gehört zum Handwerkszeug der Komponentendistribution. Auch sonst unterscheidet diese Marktteilnehmer vieles von anderen Distributoren.

Eine Vielzahl von Komponenten gelangt aus ausländischen Märkten in die Lager deutscher Komponentendistributoren. Daher sind Schwankungen ausländischer Währungen enorm wichtig, um eine positive Margenkalkulation in der Handelskette zu gewährleisten. "Wir sind stark mit dem 'Schluckauf' des US-Dollars konfrontiert. Der doch sehr stark schwankende Wechselkurs des Dollars zum Euro macht bestimmte Kalkulationen und Preisabbildungen für die Fachhandelsdistribution sehr schwierig. Jedoch gelingt es uns, durch ein sehr gutes Devisenmanagement diese Schwankungen für den Fachhändler möglichst ausgewogen zu gestalten", sagt Gernot Sonnek, Geschäftsführer der ActionIT GmbH.

"Wir beobachten nicht erst seit heute teilweise schwer nachvollziehbare Preisbildungen im Channel." Ralf Klar, Gesamtvertriebsleiter bei der Devil AG
Foto: Devil AG

Eine ausgewogene Preisgestaltung gelingt aber nicht immer und auch nicht jedem Beteiligten in der Handelskette, wovon Ralf Klar, Gesamtvertriebsleiter bei der Devil AG, berichten kann: "Wir beobachten nicht erst seit heute teilweise schwer nachvollziehbare Preisbildungen im Channel. Dass Händler inzwischen im Consumer-Channel bessere Preispunkte finden als in der Distribution, sehen wir durchaus kritisch. Die Transparenz von Verfügbarkeiten und Preisen im Markt ist enorm groß geworden, sodass der Qualitätsdruck der Distributionsleistungen weiter zunimmt. Diese Herausforderungen nehmen wir an."

Direkt-Shops der Hersteller sind "kalter Kaffee"

Schwankende Devisenkurse und hohe Flexibilität in der Preiskalkulation sind jedoch nicht die einzigen Probleme, mit denen Komponentendistributoren zu kämpfen haben. "Es sind Dinge, die entweder technisch oder logistisch oder kaufmännisch überhaupt nicht nachvollziehbar sind. In vielen Fällen dreht es sich um extreme Preisreduzierungen, um die Margensituation, um Verfügbarkeit und RMA-Abwicklung - oder um Produktankündigungen, die unverhältnismäßig lang verschoben werden. Aber die Distribution ist nun mal ein Puffer und zugleich ein Katalysator zwischen Handel und Herstellern. Da bleiben Hiebe von der einen oder anderen Seite nicht aus", weiß Yves Plaire, Vertriebsdirektor bei der Siewert & Kau Computertechnik GmbH.

Der erste Hieb kann darin bestehen, dass sich ein Hersteller entschließt, Direktkundengeschäft zum Beispiel über einen eigenen Shop aufzubauen. Sowohl der Fachhandel als auch die Distribution sind dann, je nach Lager- und Logistikkapazitäten des Herstellers, außen vor. "Kalter Kaffee oder alter Hut, vermutlich beides", wiegelt Sonnek ab. "Seit wir den Markt beobachten, wurden immer wieder von Herstellern und/oder Distributoren Versuche unternommen, ganze Handelsstufen zu umgehen oder regelrecht auszuschalten, nur um sich die Handelsmarge selbst in die Tasche zu wirtschaften, aber ohne die Funktion am Markt nur im Geringsten erfüllen zu können. Bis dato sehen wir alle derartigen Versuche als gescheitert an und bemerken aktuell eine stark ausgeprägte Wiederkehr zu klaren und transparenten Vertriebswegen."

"Direktgeschäft von Herstellern ist ein alter Hut." Gernot Sonnek, Geschäftsführer der ActionIT GmbH
Foto:

Auch Siewert & Kau-Vertriebsdirektor Plaire sieht das Ganze entspannt und ergänzt selbstsicher: "Das hat es leider schon immer gegeben. Und dies wird auch immer wieder vorkommen. Aber letztendlich kommt kein Industrieunternehmen an einem Logistiker vorbei. Auf unsere Branchen bezogen bedeutet dies: Ohne Distribution geht es nicht."

Aber die Seitenhiebe können nicht nur von Hersteller- oder Handelsseite kommen. Die Broadliner bauen zunehmend ihr Engagement in vertikalen Märkten aus, was auch den einen oder anderen kleineren Distributor treffen kann. ActionIT-Geschäftsführer Sonnek blickt dieser Entwicklung jedoch entspannt entgegen: "Broadliner sind weder personell noch infrastrukturell darauf ausgerichtet, vertikale Märkte zu bedienen - somit schließen wir Konkurrenzszenarien gedanklich aus und werten das als fruchtloses Bestreben nach Marktausdehnung. Deswegen sehen wir in diesem Versuch eher eine Kannibalisierung der vorhandenen Kundenstämme, was schlussendlich die Broadliner wieder an ihren angestammten Platz zurückdrängen wird."

Wunschzettel der Komponentendistributoren

Welche Unterstützung sich die Komponentendistributoren von ihren Lieferanten wünschen, sind unterschiedlich. Aber wünschen wird man ja noch dürfen. Siewert & Kau-Vertriebsleiter Plaire ist allerdings nahezu wunschlos glücklich: "Insgesamt können wir uns über die Unterstützung unserer Lieferanten nicht beschweren. Natürlich gibt es das eine oder andere Detail, das verbessert werden kann. Aber auch hier zeigt sich wieder der Vorteil eines fokussierten Distributors, dass wir bei einer überschaubaren Anzahl von Herstellern sehr schnell und flexibel agieren können."

Dass nicht immer alles rund läuft und die Hersteller sich in Schnelligkeit und Struktur ein Beispiel an den Komponentendistributoren nehmen könnten, spiegelt die Meinung von ActionIT-Chef Sonnek wider: "Wir wünschen uns schnelleres und flexibleres Handeln sowie strukturelles Denken in den jeweiligen Märkten und Ländern. Das Prinzip der "Einfachheit" sollte sich ausschließlich nach den Bedürfnissen des Handels und somit nach den Bedürfnissen des Marktes richten."

"Die Distribution ist nun mal ein Puffer und zugleich auch ein Katalysator zwischen Handel und Herstellern. Da bleiben Hiebe von der einen oder anderen Seite nicht aus." Yves Plaire, Vertriebsdirektor bei der Siewert & Kau Computertechnik GmbH
Foto: Siewert&Kau

Ähnlich unstrukturiertes Arbeiten der Hersteller sieht auch der Siewert & Kau-Vertriebsleiter Klar: "Wir wünschen uns allgemein eine schlüssige Differenzierung und Unterstützung der Partner entsprechend der Handelsstufen und Kompetenzen. Der Aufwand des stationären Fachhandels ist anders zu betrachten als der des Online-Handels oder des Dienstleisters beim Geschäftskunden. Wenn mittels Umsatzvolumen an Endkunden zugleich Einkaufsquellen für den Handel entstehen, dann geraten die Handelsstufen und die gewachsene Partnerlandschaft in eine unübersichtliche Situation." (bw)