Vorsicht Vorstellungsgespräch

Die fiesesten Fangfragen für Bewerber

05.10.2016 von Alexandra Mesmer
Wer zum Vorstellungsgespräch eingeladen wird, hat die erste Hürde geschafft. Doch hier lauern viele Fettnäpfchen, in die geschulte Personaler Bewerber locken. In einem Ratgeber verrät das Autorenduo Lüdemann, wie man Fangfragen souverän meistert.

Für Carolin und Heiko Lüdemann gleicht das Vorstellungsgespräch mitunter einem Judokampf: Schwierige Fragen bringen Bewerber in die Klemme, aus der sie sich am besten auf sympathische und charmante Weise befreien sollten. Die Lüdemanns arbeiten alsKarriereexperten und Trainer und geben ihre Erfahrungen aus zahlreichen Coachings in ihrem Buch "Fangfragen in Vorstellungsgespräch souverän meistern" weiter.

Foto: Redline Wirtschaftsverlag

Ihr Tenor: Bewerber sollen sich vorher auf das Gespräch nicht nur gut vorbereiten, sondern dann auch den Mut für außergewöhnliche Antworten aufbringen und so punkten. Hier acht typische (Fang-) Fragen und Tipps für die besseren Antworten.

Warum wollen Sie das Unternehmen, für das Sie arbeiten, verlassen?

Sie sollten nie schlecht über ihren bisherigen Arbeitgeber sprechen. Erwecken Sie nicht den Eindruck, dass Sie wechseln müssen. Wenn Sie etwa zugeben, dass Sie mit dem Führungsstil bei ihrem bisherigen Arbeitgeber unzufrieden sind, könnte ihr Gesprächspartner denken, dass Sie mit Vorgesetzten Probleme haben oder Fehler bei anderen suchen.

Vorsicht vor Ausrutschern im Vorstellungsgespräch...
Foto: Klaus Rein - Fotolia.com

Außergewöhnliche Antwort: "Ich schätze meinen Arbeitgeber und bin dankbar für die vertrauensvolle Zusammenarbeit. In den vergangenen Monaten hat sich aber herausgestellt, dass meine internen Entwicklungsmöglichkeiten begrenzt sind, und deshalb möchte ich mich neu orientieren. Das ist zwar schade, aber ich lasse deshalb meinen Kopf nicht hängen. Ich möchte meine Stärken und mein Können in einem anderen Umfeld einsetzen."

Wie stehen Sie zu Überstunden?

Sagen Sie nicht, dass Sie daran gewöhnt sind und dass Sie auch in ihrem letzten Job immer wieder Überstunden gemacht haben. Das könnte heißen, dass sie entweder mit ihrer Zeit nicht zu recht kommen oder für ihren Job auf Privatleben verzichten können. Beides wäre schlecht und letzteres auch unglaubwürdig.

Außergewöhnliche Antwort: "Grundsätzlich bin ich bestrebt, meine Aufgaben in der vorgegebenen Zeit zu erledigen. Das Prozedere im Vorfeld sauber zu planen und Prioritäten zu erkennen sind dafür wichtige Voraussetzungen. (Pause) Wissen Sie, ich suche eine Herausforderung, bei der ich mich einbringen und entwickeln kann, und so, wie es sich anhört, bieten Sie mir hier eine sehr interessante Aufgabe an. Ich weiß aber auch, dass man nicht jeden Arbeitstag von neun bis 17 Uhr im Voraus planen kann und deshalb flexibel sein muss. Ich habe mich im Vorfeld mit meiner Frau (Mann, Freund, etc) über diese Aufgabe unterhalten und uns ist beiden klar, dass eine wirkliche Herausforderung im Beruf genauso wichtig ist wie gute Beziehungen und sinnvoll gestaltete Freizeit."

Warum haben Sie so lange studiert?

Wer ohne erkennbaren und nachvollziehbaren Grund lange studiert hat, wird oft als wenig zielstrebig und zu wenig motiviert angesehen. Prüfen Sie, ob Sie der überdurchschnittlich langen Studiendauer nicht etwas Positives abgewinnen können. Ein gutes Argument ist es, wenn man sich den Unterhalt für das Studium selbst finanzieren musste.

Warum waren Sie in den letzten zehn Jahren in der gleichen Position im gleichen Unternehmen beschäftigt?

Hintergrund dieser Frage ist, ob es keine Entwicklungsmöglichkeiten für den Bewerber gab und warum er bei Beförderungen vielleicht übergangen worden ist. Der Bewerber sollte seine Entwicklungsfähigkeit aufzeigen und mit Beispielen belegen, wie sich seine Aufgabengebiet im Laufe der Jahre verändert beziehungsweise erweitert hat.

Warum haben Sie Ihre letzte Stelle verloren?

Der Grund, warum man arbeitslos wurde, spielt immer noch eine Rolle. Akzeptiert sind Wirtschaftliche Gründe wie Konkurs, Umstrukturierung und Rationalisierung. Gab es Probleme mit dem früheren Arbeitgeber oder Kollegen beziehungsweise hatte die Kündigung einen verhaltensbedingten Grund, sieht die Sache anders aus. Der Tipp der Karrierecoaches lautet: "Bleiben Sie bei der Wahrheit. Halten Sie Ihre Schilderungen kurz und sachlich. Und sprechen Sie keinesfalls schlecht über Ihren alten Arbeitgeber und Kollegen."

Lügen im Bewerbungsgespräch oder im Lebenslauf sollten übrigens tunlichst vermieden werden, denn einem gewieften Personalprofi entgeht selten etwas.

Wie verbringen Sie Ihre Freizeit?

Diese Frage ist offiziell nicht zulässig, aber wird häufig gestellt. Geben Sie ein, zwei Aktivitäten an und wählen Sie diese sorgfältig aus. Also keine unfallträchtigen Sportarten oder Aktivitäten wie Motorradfahren. Die Hobbys sollten nicht im Widerspruch zum Job stehen und auch nicht so zeitaufwändig sein, dass Sie etwa keinerlei Überstunden oder Geschäftsreisen machen könnten. Pluspunkte kann man mit Freizeitbeschäftigungen sammeln, die der Regeneration und der Pflege sozialer Kontakte dienen.

Wie gehen Sie mit Kritik um?

Wer hier antwortet, dass er sich über Kritik freut und Sie gern annimmt, stellt sich als Musterschüler dar und ist wenig glaubwürdig.

Außergewöhnliche Antwort: "Grundsätzlich freut mich Kritik nicht besonders, schließlich bedeutet sie ja, dass etwas besser hätte laufen können. Ich habe aber gelernt, dass Kritik sehr hilfreich und lehrreich ist und dadurch künftige Fehler vermieden werden können. (Pause) Vielleicht sollte man das Wort Kritik gegen Feedback tauschen. Jeder braucht die Information, ob die Dinge in Ordnung sind und ob in Zukunft etwas anders getan werden muss."

Kritikfähigkeit gehört übrigens mit zu den wichtigsten Soft Skills, auf die Personaler achten. Weitere wichtige weiche Fähigkeiten sind:

Erzählen Sie mal von Ihren Schwächen.

Die Frage nach den Schwächen ist in Wirklichkeit eine Frage nach dem Umgang mit den Schwächen. Wie nehmen Sie sie wahr? Wie wirken sie sich auf das Tagesgeschäft aus?

Außergewöhnliche Antwort: "Ich stecke mir selbst gern hohe Ziele und erwarte das auch von anderen. Ich weiß aber auch, dass es Situationen geben kann, in denen diese Eigenschaft zu einer Schwäche wird und Misserfolg oder unnötiges Warten mich dann enttäuschen. Heute gewinne ich erst einmal etwas Abstand und erledige eine andere kleine Aufgabe. Gestärkt durch das Erfolgsgefühl kann ich mich dann wieder dem aktuellen Projekt widmen. Mit dieser Strategie erledige ich in der zeit, in der ich früher nicht so produktiv gewesen wäre, eine ganz andere Aufgabe nebenbei."

Was wollen Sie verdienen?

Carolin Lüdemann rät davon ab, eine zu breite Geahltsspanne zu nennen.
Foto: Carolin Lüdemann

Stellen Sie nicht nur ein paar Zahlen in den Raum und warten dann auf die Reaktion des Personalers. Carolin und Heiko Lüdemann empfehlen, statt einen groben Gehaltsrahmen eine konkrete Gehaltsforderung zu nennen. Bei einem groben Rahmen kann sich der Personaler nämlich auch an der niedrigsten Zahl orientieren, und der Bewerber hat keine Verhandlungsmöglichkeit mehr. Wichtig ist, nicht gleich im ersten Antwortsatz die Summe anzugeben, sondern auf die Anforderungen der Stelle einzugehen und deutlich zu machen, dass man sich an diesen Anforderungen gern messen lassen will.

Außergewöhnliche Antwort: "Ich habe im Vorfeld viel über die Anforderungen der Stelle nachgedacht. Jetzt, da wir über die Aufgaben gesprochen haben, habe ich ein noch klareres Bild gewonnen und bin sicher, dass ich den Anforderungen gewachsen bin. Meine Gehaltsvorstellung liegt zwischen 52.000 und 56.000 Euro im Jahr, Ich weiß, dass das viel Geld ist. Ich bin aber auch bereit, mich daran messen zu lassen."

Haben Sie zum Abschluss noch Fragen?

Hier zeigt sich, wie gut der Kandidat vorbereitet ist und ob ihm die Stelle interessiert. Nutzen Sie die Frage als Chance, ganz nach dem Motto: Der erste Eindruck ist entscheidend, der letzte Eindruck bleibt. Wie soll Sie Ihr gesprächspartner in Erinnerung behalten? Als jemand, der seinen Urlaubsanspruch klärt? Besser ist es, etwa nach der konkreten Einarbeitung zu fragen.

Unzulässige Fragen im Vorstellungsgespräch

Prinzipiell sind alle Fragen, die den Privatbereich des Bewerbers betreffen und nichts mit seiner beruflichen Aufgabe zu tun haben, unzulässig. Dazu gehören Fragen nach

Laut dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) darf auch niemand aufgrund seiner ethnischen Herkunft, seiner Religion, des Geschlechts, einer Behinderung oder seines Alters benachteiligt werden.

In der Praxis werden viele dieser Fragen allerdings gestellt. Bewerber dürften in dem Fall lügen oder schweigen. Allerdings sollten sie genau abwägen, ob sie so reagieren, schreiben die Coaches Carolin und Heiko Lüdemann, denn: "Unzulässige Fragen sind meist nicht das Ergebnis mangelnder Sensibilität, sondern zeugen von Interesse an Ihrer Person." Die Personaler wollen mehr über den Bewerber wissen. Darum empfehlen die Bewerbungsexperten, auch hier souverän und freundlich zu antworten - wobei aber der Bewerber selbst entscheidet, wie viel er verrät und was er lieber für sich behält.

Das Buch zum Thema

Carolin und Heiko Lüdemann: Fangfragen im Vorstellungsgespräch souverän meistern, München 2008, Redline Wirtschaft, ISBN 978-3-636-01578-5, 17,90 Euro.