Studie von techconsult

Die Problemfelder des Handels

02.06.2015
Eine Untersuchung von techconsult macht deutlich, wo derzeit die größten Schwierigkeiten des Groß- und Einzelhandels liegen. Im Vergleich mit anderen Branchen kommen Elektronikhändler dabei noch ganz gut weg.

Mit der Fachbereichsstudie "Verkauf im Handel" legt das Analystenhaus techconsult den dritten Bericht zur neuen Reihe der Fachbereichsstudien zum "Business Performance Index Mittelstand D/A/CH vor". Ziel dieser Berichte ist, Fachbereichsverantwortlichen in komprimierter Form die aktuell im Zusammenhang mit den Fachbereichsprozessen stehenden Umsetzungsdefizite und dringendsten Handlungsfelder in ihrer Branche aufzuzeigen.

Sehr deutlich wird, wo die Handelsunternehmen im Bereich Verkauf ihre Probleme haben. Dabei können zum einen Umsetzungsdefizite festgestellt werden, das heißt, dass die bisherige Umsetzung noch nicht das als wünschenswert erachtete Niveau erreicht hat, zum anderen wird auch sichtbar, bei welchen Teilprozessen am häufigsten Unzufriedenheit mit der Umsetzung besteht.

Jede Branche hat ihre eigenen Sorgen. Vielen Einzelhandelsunternehmen gemein sind jedoch die deutlichen Umsetzungsprobleme in der Außenhandelsabwicklung.
Foto: techconsult

Elektronikgroß- und -einzelhändler mit bester Performance

Allgemein unterscheiden sich Großhandel und Einzelhandel im Verkauf nur unwesentlich voneinander. Viel deutlicher setzen sich die Elektronikhändler von den anderen Subbranchen ab. Dies gilt nicht nur für den BPI, sondern vor allem auch für den wichtigen IT-Unterstützungsgrad, der bei den Elektronikhändlern durch den starken und langjährigen Online-Handel erwartungsgemäß erheblich besser ausgeprägt ist.

Problematisch präsentiert sich die Multi-Channel-Unterstützung mit der schlechtesten Durchschnittsperformance unter allen Teilprozessen des Verkaufs. Vor allem der Lebensmitteleinzelhandel erkennt hier deutliche Defizite. Nach und nach haben zwar die großen Lebensmitteleinzelhandelsketten erfolgreich Online-Shops für den Lebensmitteleinkauf etabliert und können diese aufgrund ihrer ausgereiften Logistik und IT-Unterstützung auch effizient betreiben, kleinere Lebensmitteleinzelhändler sind jedoch zumeist noch nicht soweit. Sie müssen Investitionen tätigen und Anstrengungen unternehmen, um einen integrativen und lukrativen Multi-Channel-Vertrieb aufzubauen.

Problemfelder des Großhandels

Im Einkauf hatte sich bereits die Eigenmarkenentwicklung als eindeutiges Problem herausgestellt. Im Verkauf offenbart sich ein direktes Folgeproblem: Auch die Positionierung von Eigenmarken gestaltet sich für jedes dritte Unternehmen problematisch. Diese Probleme rund um Eigenmarken sollten von Beginn an, schon ab der Entwicklung, zusammen behandelt werden. Nur prozessübergreifend kann ein Eigenmarkenkonzept systematisch und erfolgversprechend umgesetzt werden.

Hinzu kommen ebenso große Umsetzungsprobleme bei der Preisauszeichnung. Diesem Prozess wird häufig eine geringe Relevanz beigemessen, was mit darauf zurückzuführen ist, dass die Preisangabenverordnung (PAngV) für den Großhandel nicht explizit gilt. Trotzdem benötigen auch die Abnehmer des Großhandels bequem Informationen über die Waren, die sie für ihre Geschäfte einkaufen (z.B. Textilien).

Auch Großhändler sollten dies als Service verstehen, der mit zur Kundenbindung beiträgt. Die – wahrscheinlich meistens noch manuelle – Umsetzung erfüllt offensichtlich noch ihren Zweck, ist aber weit davon entfernt auch effizient zu sein.

Tipps für Fachhändler und Dienstleister: Experten antworten auf konkrete Fragen
Gute neue Ideen entwickeln
Frage: "Für mein Computergeschäft möchte ich ein neues Konzept entwerfen. Erste Ideen habe ich bereits. Mir fehlen zu deren Ausarbeitung im Tagesgeschäft aber die nötige Ruhe und Zeit. Deshalb schiebe ich mein Vorhaben seit Monaten vor mir her. Was soll ich tun?"<br><br> Antwort von Klaus Kissel: "Wenn Sie etwas wirklich Neues entwickeln möchten, dann sollten Sie sich aus dem Alltagsgeschäft zurückziehen. Am besten begeben Sie sich an einen ruhigen Ort, fernab der täglichen Routine und dem täglichen Stress. Mieten Sie sich zum Beispiel in eine Ferienwohnung ein. Denn "unter Strom", kann man keine gute Ideen und Problemlösungen entwickeln. Man reproduziert nur das Alte. (...)"<br>
Beratung ist nur ein Mittel, um zu verkaufen
Frage: "Immer wieder registriere ich: Es kommen zwar sehr viele Kunden in mein Elektronikgeschäft und lassen sich beraten. Kaufen tun sie aber nichts. Wie kann ich eine höhere Abschlussquote erzielen?"<br><br> Antwort von Walter Kaltenbach: "Ihr Problem ist, dass Sie zwar viele Schau- aber zu wenig Kaufkunden haben. Das kann zwei Ursachen haben. <br> Möglichkeit 1: Der Kunde findet bei Ihnen nicht das richtige Produkt oder Ihre Preise sind zu hoch. Dann sollten Sie Ihr Sortiment oder Ihre Preisstruktur ändern. Zum Beispiel, indem Sie gezielt Produkte für Schnäppchenjäger in Ihr Programm aufnehmen. (...)"<br>
Der Umgang mit Beschwerden
Frage: "Gestern hat mich ein Kunde angerufen und sich beschwert, dass ich auf seinem PC ein falsches E-Mail-Programm installiert habe, da jetzt eine wichtige Funktion fehle. Ich solle dies kostenlos ersetzen. Dabei installierte ich genau das Programm, das er wollte. Wegen seiner massiven Beschwerde habe ich dem zugestimmt. Hätte ich anders reagieren sollen?"<br><br> Antwort von Christian Herlan: ""Eine schwierige Frage! Denn Kunden erwarten von Ihnen als ihrem IT-Dienstleister auch, dass Sie sie angemessen beraten. Deshalb kann es durchaus ein Fehler sein, wenn Sie ihnen zwar die Programme installieren, die diese wünschen, aber zuvor nicht ausreichend gecheckt haben: Was braucht der Kunde wirklich? Inwieweit dies der Fall war, müssen Sie selbst entscheiden. (...)"<br>
Die eigenen Mitarbeiter schulen
Frage: "Für mein IT-Fachgeschäft arbeiten auch einige Teilzeitkräfte. Eigentlich müsste ich sie dringend im Verkauf schulen. Doch zu mehrtägigen Seminaren kann ich sie nicht schicken – dafür ist mein Personaldecke zu dünn. Zudem wäre dies zu teuer. Wie kann ich meine Mitarbeiter dennoch schulen?"<br><br> Antwort von Ralph Guttenberger: "Erstellen Sie zunächst eine Themenliste – gemäß dem Motto: Was liegt, wenn es um das Verkaufen geht, bei meinen Mitarbeitern im Argen? Überlegen Sie sich dann, welche konkreten Inhalte Sie Ihren Mitarbeitern vermitteln möchten. (...)"<br>
Das Auftreten gegenüber Kunden
Frage: "Ich habe gehört, dass in einem Verkaufsgespräch die ersten Sekunden weitgehend über den Erfolg entscheiden. Stimmt das? Und wenn ja, wie sollte ich mich als Verkäufer in den ersten Sekunden verhalten?"<br><br> Antwort von Ingo Vogel: "Die "Liebe auf den ersten Blick", aber auch die "Ablehnung auf den ersten Blick" gibt es auch bei Verkaufsgesprächen. Denn wenn wir einer fremden Person begegnen, strömt eine Fülle von Signalen auf uns ein. (...)"<br>
Ordnung im Laden schaffen
Frage: "Ich sage meinen Mitarbeitern immer wieder: Wichtig dafür, ob ein Kunde kauft, ist auch, welchen Eindruck er von unserem Laden hat. Dazu zählen auch, dass er ordentlich, aufgeräumt und gut sortiert wirkt. Doch kaum bin ich einige Zeit weg, bricht in meinem Geschäft das Chaos aus. Wie kann ich dies vermeiden?"<br><br> Antwortvon Christian Herlan: "Etwas sagen – das reicht häufig nicht. Nehmen Sie sich einmal Zeit, und notieren Sie genau, was für Sie Ordnung bedeutet. Legen Sie also zum Beispiel konkret fest, wie die Gänge oder der Kassenbereich in Ihrem Geschäft auszusehen haben. (...)"<br>
Gegen die Konkurrenz behaupten
Frage: "Vor drei Monaten eröffnete in meiner Nachbarschaft ein Elektronik-Markt, der sehr stark für sich wirbt und frequentiert wird. Seitdem kommen in mein PC-Geschäft weniger Kunden. Wie komme ich jetzt an neue Kunden?"<br><br> Antwort von Klaus Kissel: "Jammern bringt nichts! Freuen Sie sich doch über Ihren Wettbewerber. Denn durch dessen massive Werbung kommen mehr Personen an Ihrem Geschäft vorbei – sei es zu Fuß oder mit dem Auto. Versuchen Sie einen Teil dieser potenziellen Kunden abzufangen, indem Sie Ihren Außenauftritt verstärken - zum Beispiel, indem Sie mehr Transparente aufhängen und mehr Verkaufsaktionen fahren. (...)"<br>
Kunden zu Stammkunden machen
Frage: "Vor sechs Monaten eröffnete ich einen Computerladen in einer Kleinstadt. Mein Problem ist: Ich habe noch wenig Stammkunden. Es kommen zwar immer wieder neue Kunden, doch viele sehe ich einmal und nie wieder."<br><br> Antwort von Christian Herlan: "Ich sehe zwei mögliche Ursachen für Ihr Problem: Entweder Ihre Leistung stimmt nicht. Dann stehen Sie – in einer Kleinstadt, wo sich alles schnell herumspricht – auf verlorenem Posten. Die zweite, wahrscheinlichere Möglichkeit ist: Es gelingt Ihnen nicht, eine Beziehung zu Ihren Kunden aufzubauen. (...)"<br>

Einzelhändler mit Problemen in der Außenhandelsabwicklung

Mehr als jedes dritte Einzelhandelsunternehmen hat deutliche Umsetzungsprobleme in der Außenhandelsabwicklung. Weil ein großer Teil der zu verkaufenden Waren aus dem außer-europäischen Ausland – vor allem Asien – kommt, haben Einzelhändler, die nicht von deutschen Großhändlern, sondern direkt vom ausländischen Hersteller oder dortigen Großhändler beziehen, deutlich mehr Aufwand, der offensichtlich nicht gut genug bewältigt wird.

Verkauf ist trotz alldem stärkster Unternehmensbereich

Insgesamt zählt der Verkauf aber nach dem Personalwesen und der IT-Organisation trotzdem zu den deutlichen Performancegewinnern und erreicht den stärksten Performancewert unter den Unternehmensbereichen. Durch den etwas stärkeren Performancezuwachs der Großhändler liegen diese nun in etwa gleichauf mit den Einzelhändlern; der Elektronikgroßhandel führt im Subbranchenvergleich das Feld an, dicht gefolgt vom Elektronikeinzelhandel.

Welche Teilprozesse des Bereichs Verkauf in den Subbranchen des Handels besonders gut oder schlecht laufen, analysiert die nun vorliegende Fachbereichsstudie, die ab sofort auf der Projektseite www.business-performance-index.de zum Download bereit steht und zudem jedem Fachbereichsentscheider die Möglichkeit bietet, seinen Bereich mit vergleichbar aufgestellten Handelsunternehmen zu vergleichen.

An der repräsentativen Studie BPI Mittelstand Handel 2014/2015 beteiligten sich über 300 mittelständische Unternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. (tö)

(mit Material von techconsult)