Cloud Computing

Die Top 5 Cloud-Trends 2017

22.11.2016 von René Büst
Nach dem zähen Marsch der vergangenen Jahre nimmt der Cloud-Einsatz in Deutschland immer mehr Fahrt auf. Über 85 Prozent der Unternehmen beschäftigen sich aktiv mit der Cloud. Mehr als ein Viertel nutzt Cloud-Services als festen Bestandteil im Rahmen der IT-Strategie.

Crisp Research geht davon aus, dass sich dieser Trend weiter verstärken wird. Schließlich spielt die Cloud im Rahmen der digitalen Transformation eine wesentliche Rolle und stellt die technologische Basis für den Wandel und die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle sowie die allumfassende Vernetzung eines Unternehmens mit Kunden, Partnern und Lieferanten dar. Unternehmen haben daher keine Ausrede mehr, in Zukunft nicht auf Cloud-Technologien zu setzen.

Über 85 Prozent der deutschen Unternehmen beschäftigen sich aktiv mit der Cloud.
Foto: Crisp Research AG, 2016

Während der Cloud-Einsatzgrad selbst nur die Oberfläche zeigt, entwickelt sich der Cloud-Markt im Inneren stetig weiter und sorgt für neue Themen, die die IT-Strategie von Unternehmen entscheidend beeinflussen. Crisp Research hat die fünf wesentlichen Cloud-Trends identifiziert, die im Jahr 2017 die Agenda von IT-Entscheidern prägen werden.

Cloud-Trend 1: Autonomous IT & Künstliche Intelligenz im Rechenzentrum

Mit der stetig wachsenden Bedeutung von Machine Learning und Künstlicher Intelligenz wird die Entwicklung auch auf infrastruktureller Ebene und in den Rechenzentren weiter voranschreiten. Die zunehmende Automatisierung der IT-Systeme in den vergangenen Jahren ist nur der Vorläufer. Schließlich zeigt die Fähigkeit, einen hohen Automatisierungsgrad zu erreichen, die Güte und den Reifegrad einer "Digital Infrastructure Platform."

Denn darin spiegelt sich das Streben nach Effizienz wider, von der auch die Kunden, seien es interne oder externe, profitieren. So lässt sich mit einem hohen Automationsgrad beispielsweise die Zeit bis zur Bereitstellung von neuen Systemen von Monaten auf Stunden verkürzen und ermöglicht es den Nutzern durch ein vollständig automatisiertes Self-Service-Modell, virtuelle Maschinen, Speicherplatz, Loadbalancer oder andere Ressourcen zu beziehen.

Automatisierung, angereichert mit Machine Learning, Künstlicher Intelligenz (KI) und Cognitive Computing, führt zur Autonomous IT. Genau genommen bedeutet dies nichts anderes, als dass die Künstliche Intelligenz in die Rechenzentren und IT-Infrastrukturen einzieht. Hierbei geht es vor allem um den Aufbau und Betrieb von selbstlernenden bzw. regelbasierten und damit einhergehend selbstheilenden Infrastruktur-Umgebungen. Diese sorgen automatisch und eigenständig dafür, dass nach den jeweiligen Anforderungen der Workloads und Applikationen die notwendigen Ressourcen hoch- und herunterfahren werden.

Weiterhin analysieren sie das sich stetig verändernde Verhalten und den Zustand der einzelnen Infrastruktur-Komponenten und lernen die Infrastruktur damit kennen. Zudem reagieren bzw. agieren sie proaktiv auf Zustände einzelner Infrastruktur-Komponenten, um im Fehlerfall eigenständig die betreffende Komponente und damit die gesamte Infrastruktur wieder in einen fehlerfreien Zustand zu überführen.

Cloud-Trend 2: Infrastructure Orchestration und Serverless Infrastructure

In der digitalen Ära steht die IT direkt mit dem Kunden in Kontakt. So sind bspw. Prozesse, die eine neue Ressource anfordern und diese im besten Fall in ein bis zwei Tagen erhalten, nicht mehr tragbar. In der Interaktion mit dem Kunden zählt jede Sekunde und jedes Feedback muss direkt verarbeitet werden können. Die IT muss daher im Einklang mit den Fachabteilungen direkt am Kunden sein.

Vor diesem Hintergrund werden heute auslieferungsfertige IT Services entwickelt, die sich nahtlos und automatisiert in Prozesse einbeziehen lassen. Container-Technologien helfen in diesem Kontext dabei, eine notwendige Abstraktionsschicht aufzubauen und für mehr Flexibilität zu sorgen, indem die Applikationen von den darunter liegenden Systemen und anderweitigen Anwendungen isoliert betrieben werden. Dies erhöht die Portabilität und verbessert das Infrastruktur- und Lifecycle-Management, indem sich lose gekoppelte Anwendungen und Systeme einfacher austauschen und verschieben lassen.

Auf Basis einer Microservice-Architektur lassen sich weiterhin Applikationsarchitekturen modularisieren und einfacher und schneller um neue Funktionen erweitern und im Laufe des Lebenszyklus damit effizienter warten. Ein Microservice repräsentiert dabei eine abgeschlossene Funktionalität und wird unabhängig (weiter)entwickelt und betrieben. Ein Microservice lässt sich unabhängig bereitstellen und skaliert autonom und selbständig. Es handelt sich dabei um eine kleine, eigenständige Softwarekomponente, die eine Teilfunktion innerhalb einer großen, verteilten Softwareapplikation bereitstellt.

Eine "Serverless Infrastructure" kümmert sich autonom um die Bereitstellung der notwendigen Server und weiterer Ressourcen; sie stellt zu jeder Zeit sicher, dass die Anwendung ausreichend Ressourcen zur Verfügung hat, um performant Anfragen zu beantworten. Der Serverless-Service kümmert sich hierbei unter anderem um die automatische Skalierung der Server-Infrastruktur, des Speichers, Netzwerks und anderer Ressourcen und übernimmt somit eigenständig das Kapazitätsmanagement. Eine "Serverless Infrastructure" vereinfacht somit das Infrastruktur- und das Lifecycle-Management, indem sie die Infrastruktur-nahen Aufgaben teilautonom für den Entwickler übernimmt.

Cloud-Trend 3: Cloud Integration Hubs

Nach 10 Jahren stellt das Thema Integration in der Cloud weiterhin eine zentrale Herausforderung dar und verursacht weiterhin die größten Sorgen. Beratungsmandate mit Anwenderunternehmen spiegeln die harte Realität wieder. Die Hoffnung, dass sich mit dem Einsatz von Cloud-Lösungen der Integrationsaufwand - der früher On-Premise bestand - deutlich einfacher realisieren lässt, da sich die Systeme der jeweiligen Anbieter bereits innerhalb einer zentralisierten Infrastruktur befinden, schwindet.

Ähnliche Rückmeldungen kommen von den Systemintegratoren. APIs und die Integration von anbieterübergreifenden Services aber ebenfalls proprietären Services sorgen in der Cloud für denselben Aufwand wie On-Premise. Dabei handelt es sich um eine nachvollziehbare Erwartungshaltung. Schließlich halten Anbieter die Fäden innerhalb ihrer Cloud-Infrastruktur (insbesondere SaaS-Angebote) in der Hand und wären in der Lage, innerhalb der Cloud eine einfachere Integration zwischen mehreren Systemen zu bieten. Jedoch ist das Gegenteil der Fall. Zwar verfügt nahezu jeder Cloud-Service bzw. jedes SaaS-Angebot über APIs, die sich von außen ansprechen lassen, allerdings ist dies nur eine Voraussetzung für die Integration.

Ein wesentlicher Teil einer Cloud-Strategie besteht darin, Applikations- bzw. Datensilos zu vermeiden und stattdessen für einen nahtlosen Übergang zwischen bestehenden Systemen und Cloud-Services bzw. Cloud-Services untereinander zu sorgen und eine Federation zu schaffen. Dies ist keine leichte Aufgabe, schließlich setzen insbesondere große Unternehmen z.T. über 1000 einzelne Applikationen innerhalb ihrer IT-Umgebung ein, die nach und nach durch Cloud-Lösungen abgelöst bzw. mit diesen integriert werden sollen.

SogenannteCloud Integration Hubs (CIH)helfen Unternehmen dabei, diese Integration sicherzustellen. Hierzu implementieren diese Schnittstellen zu einer Vielzahl von APIs von gängigen Cloud-Services bzw. SaaS-Lösungen, über die Nutzer auf eine einheitliche Datenbasis zugreifen können. Je nach Entwicklungsstand ist ein Cloud Integration Hub ebenfalls in der Lage, das Datenmanagement zu übernehmen, um darüber für die notwendige Kohärenz zu sorgen. Cloud Integration Hubs existieren sowohl alsPublic Cloud sowie als Private Cloud Variante und gehören auf den Zettel eines jeden CIOs bzw. CTOs.

Cloud-Trend 4: IoT- und Industrie-Clouds

Klassische Industrie- und Technologiekonzerne arbeiten derzeit mit Hochdruck daran, ihre Organisationen und Geschäftsmodelle fit für das digitale Zeitalter zu machen. Der Fokus richtet sich hierbei vor allem auf die Themen IoT bzw. Industrial Internet (Industrie 4.0) und neue datenbasierte Services und Geschäftsmodelle rund um Smart Cities, Connected Buildings, Predictive Maintenance und Autonomer Verkehr. Und das aus einem guten Grund. Schließlich birgt die Vernetzung und Automatisierung von Fertigungsanlagen, Infrastrukturen, Verkehrssystemen und Logistikketten enorme Effizienzsteigerungen und Flexibilisierungsmöglichkeiten, die für die digitale Ökonomie notwendig sind.

Im Rahmen dieser Transformationen zeigt sich ein deutlicher Trend hin zu mehr industrie- beziehungsweise branchenfokussierten Cloud-Umgebungen. GE gilt hier mit seiner Predix PaaS-basierten IoT-Platform als Vorreiter im Markt. Aber auch andere Industriegrößen wie Bosch, das 2017 seine Bosch IoT-Cloud veröffentlichen wird, zeigen, in welche Richtung sich der Cloud-Markt bewegen wird. Ähnliches ist von Branchenriesen aus anderen Industrien wie etwa Volkswagen oder Ford (Automotive Clouds) zu erwarten.

Volkswagen ist aktuell dabei, die Infrastruktur auf OpenStack umzurüsten. Ford hingegen hat in Pivotal, dem Unternehmen hinter der PaaS-Lösung Cloud Foundry, investiert. Vor allem die bestehende Kunden- und Partnerbasis bzw. Netzwerke werden branchenfokussierten Clouds helfen, erfolgreich zu sein. Hinzu kommt, dass "One size fits all" Cloud-Umgebungen wie AWS, Azure und Google darauf ausgerichtet sind, jedem eine universelle Plattform zu bieten und dadurch keine speziellen Industrien bzw. deren besondere Herausforderungen oder Anforderungen bedienen können.

Cloud-Trend 5: Hardware Clouds

Typischerweise bauen Nutzer ihre Cloud-Umgebungen auf Basis virtueller Umgebungen (Server, Storage, Network) plus weiteren höherwertigen Services auf. Mit der für die Virtualisierung notwendigen physikalischen Infrastruktur, sprich Hardware in Form von Server und Storage, kommt der Nutzer normalerweise nicht in Berührung. Diese Umgebung dient lediglich als Mittel zum Zweck - zur Bereitstellung der virtuellen Schicht.

IBM Softlayer (nun IBM Bluemix Infrastructure) gilt als Vorreiter sogenannter Hardware Clouds bzw. Bare Metal Server. Für deren Bereitstellung benötigt Softlayer etwa 2 bis 4 Stunden. Im Vergleich zu einer virtuellen Maschine, die je nach Softwarekonfiguration 5-15 Minuten benötigt, ist das relativ langsam. An dieser Stelle sollte jedoch festgehalten werden, dass kein anderer Anbieter weltweit derzeit in der Lage ist, einen fertigen physikalischen Server in dieser Geschwindigkeit zur Verfügung zu stellen. Nach Angaben von IBM ist das aktuelle Nutzungsverhältnis von virtuellen Maschinen zu Bare Metal-Servern etwa 80:20.

Microsoft ist mit seinem "Project Catapult" nun noch einen viel weiteren Weg gegangen, welcher das Thema Hardware Cloudsbzw. Bare Metal Clouds auf eine ganz neue Ebene bringt. Auf Basis programmierbarer Chips, sogenannter FPGAs (Field Programmable Gate Array), erhalten Entwickler innerhalb der Azure Cloud deutlich mehr Freiheiten und können bis auf Hardware bzw. Mikroprozessor-Ebene ihre Anwendungen entwickeln.

Dies macht Microsoft Azure flexibler als andere Public-Cloud-Umgebungen und ermöglicht die Entwicklung einer völlig neuen Art von Workloads (z.B. Machine Learning und Künstliche Intelligenz), die performanter, konfigurierbarer und mächtiger sind als bisherige.