6 Vorgesetzte, die keiner will

Diese IT-Manager sind einfach schlecht

04.02.2020 von Florian Maier
Vom "Allwissenden" zum "Überforderten" und zurück: Um einen schlechten IT-Manager zu "zähmen", braucht es strategische Finesse. Wir sagen Ihnen, wie’s geht.

Nicht einmal Gratis-Getränke (nein, auch kein Freibier) sind im Stande, den fahlen Nachgeschmack eines schlechten Führungsstils zu neutralisieren. Wenn Ihr Traum-Entwicklungsprojekt sich gerade jetzt in einen nicht endenwollenden Albtraum verwandelt, unter dem ganz allgemein nur noch gelitten wird - dann könnte es Zeit sein, Ihren Boss zu managen. Bevor er Sie (und ihre Karriere) mit in den Abgrund reißt.

Nicht jeder eignet sich als Führungskraft ...
Foto: Lane V. Erickson - shutterstock.com

Management-Guru und Autor Peter Drucker drückt es so aus: "Es gibt nur drei Dinge, die in Unternehmen auf natürliche Weise auftreten: Spannungen, Verwirrung und Performance-Mangel. Alles andere braucht eine starke Führung."

Und es gibt jede Menge IT-Spezialisten, die ihre Führungsaufgaben hervorragend erfüllen. Aber es gibt eben auch andere. Und leider kann man sich immer noch nicht aussuchen, unter welcher Führungskraft man gerne arbeiten würde. Verzagen ist allerdings trotzdem der falsche Weg, schließlich sind Sie Ihres eigenen Glückes Schmied und können jederzeit neue Karrierewege einschlagen. Wir werfen einen Blick auf sechs furchtbare Typen von IT-Managern, die Ihnen in ihrem Berufsleben vielleicht schon das ein oder andere Mal begegnet sind. Doch damit nicht genug: Wir sagen Ihnen auch, wie Sie am besten mit diesen Nicht-Führungskräften umgehen sollten.

Der Allwissende

Es gibt Vorgesetzte, die wissen einfach über alles Bescheid. Zu jeder Zeit. Überall. Egal, um was es sich handelt. Abgerundet wird dieses IT-Führungskraft-Paket durch überbordende Sturheit.

"Diese Art von IT-Managern geht immer davon aus, dass sie mehr wissen als ihre Programmierer", sagt Bill Treasurer, CEO von Giant Leap Consulting und Autor von illustren Werken wie "A Leadership Kick in the Ass". "Diese Vorgesetzten sind vermessen und überdominant. Alles muss genau nach ihren Vorstellungen ablaufen, selbst wenn das ein Fehler ist. Es ist zwar nicht unmöglich, auf diese Art von Führungskraft einzuwirken, aber definitiv schwierig. Denn Vernunft liegt diesen Menschen oft fern."

Wenn Sie unter dem Allwissenden arbeiten müssen, werden alle Entscheidungen nach dem Top-Down-Muster getroffen. Weil Sie und Ihr Entwicklerteam mit Vernunft und Argumenten nicht weiterkommen, leiden Ihre Projekte. Noch schlimmer ist unter Umständen aber, dass agile Methoden - also sich selbst managende Teams - in grundlegendem Gegensatz zu diesem Manager-Typen stehen. Wie geht man also am besten mit so einem Sturbeutel um?

Nach Ansicht von Treasurer ist die Sache klar: "Die Softwareentwickler müssten in so einem Fall für sich selbst einstehen, dabei aber eine positive Message transportieren. "Sie müssen seiner Dreistigkeit Ihre eigene entgegensetzen. Solche Chef-Typen respektieren Menschen, die sich genauso aggressiv durchzusetzen wissen wie sie selbst."

Der Schwächliche

In Kontrast dazu kann sich der Schwächliche einfach nicht entscheiden. Kein neues Feature ist unbedeutend genug, um nicht Gegenstand einer ausufernden Debatte zu werden. Und kein Projekt startet ohne eine langwierige aufreibende Diskussion über die nötigen Voraussetzungen. Was wiederum eine Endlos-Schleife von Freigabeprozessen in Gang setzt.

"Das Resultat ist," so Treasurer, "dass Sie auf keine Entscheidung mehr vertrauen können. Insbesondere, wenn der Schwächliche die Meinungen anderer (etwas selbstsicherer auftretender) Führungskräfte hört, können Entscheidungen zurückgenommen oder untergraben werden."

Sich mit dem Schwächlichen auseinanderzusetzen, erfordert allerdings schon etwas mehr Raffinesse, als noch beim Allwissenden. Zwar hilft laut Treasurer auch bei dieser Art von Manager eine ähnliche Vorgehensweise wie bei Allwissenden - allerdings mit einem kleinen, aber feinen Unterschied: "In der Praxis brauchen Sie wahrscheinlich die Unterstützung einer anderen Führungskraft mit mehr Rückgrat. Das wiederum erfordert ein gerüttelt Maß an Diplomatie. Schließlich müssen Sie auch begründen können, warum Sie eine weitere Führungskraft zur Ideenfindung hinzuziehen wollen."

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Der Mikromanager

Dieser Typ von IT-Manager verteilt Arbeitsaufträge wie ein Tausendsassa und untergräbt damit nicht nur die Kreativität im Team, sondern auch dessen Zusammenhalt. Wie andere schlechte Chefs dürfte auch der Mikromanager gegen die Prinzipien des agilen Managements Sturm laufen.

"Weil diese Menschen die Kontrolle über jede Kleinigkeit haben wollen, ruinieren sie die Eigenständigkeit eines jeden Teams", meint Patric Palm, CEO von Hansoft. "Wenn diese Vorgesetzten dann auch noch keinerlei Fachwissen mitbringen oder auf irgendwelche Erfolge zurückblicken können, wird alles noch schlimmer. Ein beschädigtes Vertrauensverhältnis zwischen Führungskraft und Team lässt sich zwar reparieren, aber unglücklicherweise gilt das nicht für die Persönlichkeit des Mikromanagers. Er mag das Gefühl, Kontrolle auszuüben und das Sagen zu haben."

Palm ist Verfechter des "Servant Leadership"-Konzepts. Hierbei wird das traditionelle Top-Down-Management auf den Kopf gestellt. Dieser Führungsstil setzt nicht auf Kontrolle und Macht, sondern stellt die Dienstleistung in den Vordergrund und soll das Team ermutigen, eigene Interessen zum Wohle der Gemeinschaft zurückzustellen. Dass ein Mikromanager kein Fan dieses Konzepts ist, dürfte klar sein.

"Wenn dieses Prinzip nicht anwendbar ist, haben Sie ein Problem", so Palm. Und was rät er Betroffenen? "Die beste Option könnte ein neuer Job sein. Wenn Sie ohnehin bereit sind, Ihre Arbeitsstelle aufs Spiel zu setzen, sollten Sie es auf eine direkte Konfrontation mit dem Mikromanager ankommen lassen. Wenn das Team hinter Ihnen steht, und der Vorgesetzte des Vorgesetzten Verständnis hat, gewinnen Sie. Dabei sollten Sie allerdings Wert auf Eleganz legen: Kritisieren Sie präzise und konkret und zeigen Sie sich der Unternehmensvision gegenüber loyal."

Greg Law ist CEO und Mitbegründer des Softwareherstellers Undo. Seiner Ansicht nach brauchen Vorgesetzte - genau wie ihre Mitarbeiter - klar definierte Verantwortlichkeiten. Denn wenn eine Führungskraft ihre eigene Rolle nicht im Griff habe, wirke sich das negativ auf ihr Team aus. "Wenn die Entwickler das brauchen, gibt der IT-Manager die Richtung vor. Aber die besten Vorgesetzten werden ihre Leute dazu ermutigen, sich selbst zu managen. Der Job des Managers besteht dann darin, dafür zu sorgen, dass alle notwendigen Ressourcen bereitstehen und Hindernisse aus dem Weg geräumt werden, damit die Entwickler ihrer Arbeit ungestört und möglichst erfolgreich nachgehen können."

Der Überraschungskandidat

Wenn ein Entwickler aus Ihrem Team ins Management berufen wird, könnten Sie unter Umständen mit steigender Aggression zu kämpfen haben. Schließlich mangelt es dem frischgebackenen Boss - überraschenderweise - an Erfahrung und Praxiswissen.

Nach Ansicht von Taylor McCaslin, Produktmanager bei WP Engine, ist es trotzdem angebracht, Ihrem Ex-Kollegen zuallererst auf die Schulter zu klopfen: "Es ist generell ein gutes Zeichen, wenn eines Ihrer Teammitglieder befördert wird. Das spricht schließlich für den Erfolg Ihrer gemeinsamen Arbeit. Es könnte natürlich sein, dass Sie weder Details noch den Kontext kennen, weswegen diese Beförderung stattgefunden hat. In der Regel gibt es für solche Handlungen aber gute Gründe. Vielleicht waren Sie nur nicht privilegiert genug, um eingeweiht zu werden. Aber das ist schon okay. Wenn man mal etwas Abstand gewonnen hat, sieht man in aller Regel auch ein, dass ein IT-Manager nicht dieselben Fähigkeiten wie ein guter Programmierer braucht."

Und der Überraschungskandidat kann immer noch ein besserer Manager werden. Möglicherweise. Zur Führungskraft geboren werden eben nur die wenigsten Menschen und Leadership-Skills fallen auch nicht vom Himmel, wie Law mit einem Beispiel verdeutlicht: "Egal ob beim Tennis oder der Mitarbeiterführung - jeder stößt irgendwann an die natürlichen Grenzen seiner Fähigkeiten. Aber: Training und Coaching hilft in beiden Fällen weiter."

Wenn ein "neuer" Chef sich in seine Rolle verbeißt und nur noch das tut, was er glaubt, als Manager tun zu müssen, kann das ein Problem werden, fügt Patric Palm hinzu: "Das sind keine bösen Absichten, sondern einfach nur ein Mangel an Erfahrung. Geben Sie Ihrem Vorgesetzten Feedback und helfen Sie ihm dabei, besser zu werden. Bauen Sie Vertrauen auf. Wenn das klappt, werden Sie eine starke Verbindung haben. Wenn nicht, sollten Sie vielleicht an seiner Stelle stehen."

Der Überforderte

Wie seine ineffizienten Führungsgenossen operiert auch der Überforderte in erster Linie aufgrund von Sorgen und Stress. Seine Angst kann schnell in Herablassung, gesteigerte Aggression oder übertriebene Schroffheit umschlagen. "Versuchen Sie herauszufinden, worin diese Boshaftigkeit begründet ist", rät Greg Law. "In vielen Fällen - speziell bei frischgebackenen Managern - mangelt es einfach an Selbstvertrauen."

Sie sollten also Ihren natürlichen Instinkt (Rückzug) bekämpfen und auf den chaotischen, dauer-brüskierten Zankapfel zugehen, der Ihr Vorgesetzter ist. Das sieht auch Taylor McCaslin so: "Wenn Ihr Boss wegen eines Projekts in Panik ausbricht, ist das Beste, was Sie tun können, zu kommunizieren. Und zwar nicht über unbedeutende Details, sondern die Meilensteine des Projekts und deren Erreichung. Geben Sie Ihrem Vorgesetzten die Antworten auf die Fragen seiner Vorgesetzten. Kommunikation beseitigt Angst, schafft Vertrauen und stärkt den Zusammenhalt."

Es ist dabei gar nicht nötig, dass Ihr Vorgesetzter ein Programmierer-Rockstar ist oder alle Details eines Projekts besser kennt als Sie selbst. Eine klare Kommunikation kann seine Angst vermindern und eventuell verhindern, dass er zum Mikromanager mutiert. "Ein guter Manager", weiß McCaslin, "wird Ihnen und Ihrem Team den Raum geben, um Probleme zu lösen. Schließlich sind seine Aufgaben den Erfolg sicherzustellen, Ablenkungen abzuwenden, Ressourcen zur Verfügung zu stellen und die Kommunikation mit anderen Abteilungen, Stakeholdern und der Unternehmensleitung zu übernehmen."

Wenn Sie jetzt immer noch verzweifelt sind, sind vielleicht genau Sie die Person, die Ihr Vorgesetzter braucht, wie Law sagt: "Ich weiß von mehreren Beispielen, wo ein Senior Developer zur rechten Hand des IT-Managers wurde und das bestens funktioniert hat. Das hilft der Führungskraft dabei, sich auf ihre Aufgaben konzentrieren zu können."

Der Forderer

Nach Meinung von Experten kann Code - genau wie Nahrungsmittel - schnell, billig oder gut sein. Der Forderer will alle Eigenschaften. Und zwar gestern. Dieser Vorgesetzte kann nicht priorisieren, schenkt dringenden Anfragen keine gesteigerte Aufmerksamkeit und stellt nur in den seltensten Fällen das Budget zur Verfügung, dass es bräuchte, um Software zu schreiben, die ihren Zweck erfüllt.

Mit einem Forderer leben zu lernen, heißt, einen Weg zu finden, ehrliches Feedback zu geben, dass Ihre Projekte in der Spur hält. Damit das funktioniert, müssen Sie dieser Art von Manager Grenzen setzen. Und das dürfte nicht immer willkommen sein. "Sagen Sie diesem Boss nicht, dass er zu viel einfordert", rät Patric Palm. "Sagen Sie stattdessen: 'Wenn Sie das tun, sorgt das bei mir und meinem Team für bestimmte Gefühle. Es wäre besser, wenn Sie…' - das funktioniert jedes Mal."

Einige agile Methoden wie Scrum oder die Verschlankung von Zielen, um Deadlines halten zu können, sind dazu gedacht, den Workload auf einem erträglichen Level zu halten. Nach Ansicht von Palm könnte das den Manager dazu zwingen, Prioritäten zu setzen. "Machen Sie einen Backlog zur Diskussionsgrundlage. Fragen Sie: ‚Ich weiß, Sie wollen das alles in dieser Woche umgesetzt haben, aber was sind für Sie die wichtigsten Punkte?‘ So muss der Vorgesetzte keine Kontrolle abgeben und kann priorisieren. Sie können dann auf der anderen Seite die Dinge mit der höchsten Priorität an die Spitze ihres Workflows stellen. So erstellen Sie Ihren eigenen Arbeitsrhythmus und sind in der Lage, dem ewigen Stresskreislauf zu entfliehen."

Nach Meinung von Bill Treasurer sollten Softwareentwickler - wenn Sie Erfolg haben wollen - in der Lage sein, ehrliches Feedback zu geben. Insbesondere dann, wenn der Chef dem Team zu viel Stress zumutet. "Der Trick ist dabei, das Feedback mit den Zielen des Vorgesetzten zu verknüpfen. Wenn Ihr Vorgesetzter Sie beispielsweise ständig mit neuen Dringlichkeiten überhäuft, sagen Sie ihm, dass es Ihnen schwer fällt Prioritäten zu setzen, weil scheinbar alles dringend und wichtig ist. Darüber hinaus sollten Sie dem Manager klar machen, dass es dem Erfolg zuträglich ist, wenn Sie und ihr Team sich auf eine kleinere Zahl von wichtigen Dingen konzentrieren kann."

Fazit: Was wollen Sie?

Der beste Weg ist natürlich, sich von vorneherein von schlechten Managern, Vorgesetzten und Führungskräften fernzuhalten. Und obwohl das eher selten in Ihrer Hand liegen dürfte: In der Regel gibt es erste Warnzeichen, bevor Sie Ihren Job antreten. Ein kurzer Blick auf Karriere- und Bewertungs-Plattformen wie Glassdoor oder Kununu kann dabei genauso hilfreich sein, wie die Nutzung des eigenen Netzwerks. Darüber hinaus sollten Sie auch im Bewerbungsgespräch auf bestimmte Warnzeichen achten.

"Fragen Sie beim Job-Interview, was dem Unternehmen wichtig ist", rät Law. "Denken Sie daran: Sie möchten bei einem Bewerbungsgespräch genauso viel über Ihren künftigen Arbeitgeber erfahren, wie er über Sie. Wenn Ihr Gegenüber mit blumigen Sätzen punkten will wie ‚Das Team trifft seine eigenen Entscheidungen‘, dann fragen Sie nach einem konkreten Beispiel. Wenn der Personaler eines nennen kann, fragen Sie nach einem weiteren. So sollten Sie ein gutes Gefühl dafür bekommen, ob die warmen Worte Substanz haben."

Wenn es schon zu spät ist und Sie bereits unter einem furchtbaren (IT-)Manager leiden, versuchen Sie sich in dessen Rolle hineinzuversetzen und betreiben Sie Recherche: "Machen Sie sich mit den Grundlagen der Psychologie vertraut, um erkennen zu können, wann Ihr Vorgesetzter sich emotional verhält und wann rational. Dann sollten Sie sich nur auf ihn einlassen, wenn er rational agiert", empfiehlt Law.

Sie wollen Ihrem Team und Ihrem Unternehmen gegenüber loyal sein. Aber wenn Ihre Bedürfnisse nicht erfüllt werden, müssen Sie wissen, was Sie wollen und das auch kommunizieren.

"‘Was wollen Sie?‘ ist die vielleicht wichtigste Frage, die die menschliche Sprache je hervorgebracht hat", meint Bill Treasurer. "Und diese Frage müssen Sie mit einem hohen Level an Prägnanz beantworten können, wenn Sie nach einer erfüllten Karriere und einem erfüllten Leben streben."

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag unserer US-Schwesterpublikation infoworld.com.