Anwenderverein schlägt Alarm

DOAG fordert - Oracle "muss" in Fachkräfte investieren

07.07.2009
Die DOAG, Oracles 3.500 Mitglieder zählende Anwendervereinigung in Deutschland, schlägt Alarm: Oracle muss weitaus intensiver den Fachkräftemangel bekämpfen als es das bisher tut.
Fried Saacke, Geschäftsführer der DOAG, sieht den Mangel an Oracle-Fachkräften als Hindernis für die Expansionspläne des Datenbankriesens an.
Foto: Jo Wendler

Die DOAG , Oracles 3.500 Mitglieder zählende Anwendervereinigung in Deutschland, schlägt Alarm: Oracle muss weitaus intensiver den Fachkräftemangel bekämpfen als es das bisher tut. Es sei denn, der Softwerker wolle in der Ecke Datenbankanbieter bleiben.

Bei den Mitgliedern der DOAG (Deutsche Oracle-Anwendergruppe e.V) handelt es sich naturgemäß um normale Menschen. Weshalb sie auch mehrheitlich bei der jüngsten Umfrage ihrer Vereinigung auf die aktuelle Frage "Wie hoch sind Ihre Investitionen in Unternehmens-Softwarelösungen (IT ohne Hardware) im Vergleich zum Vorjahr" antworteten wie zu erwarten war: 46 Prozent investieren nicht mehr als im Vorjahr; 30 Prozent weniger.

Und dennoch: Die Anwendervereinigung treibt seit einiger Zeit eine Frage deutlich mehr um, als ihr - und womöglich Oracle auch - lieb sein dürfte: Wie schafft es der Datenbankriese, seine hochgesteckten Ziele als "One Stop shop für Business-Anwendungen" zu erreichen?

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Überhaupt nicht, antworteten die DOAG-Mitglieder ehrlich besorgt in ihrer jüngsten Umfrage " Oracle-Lösungen - Chancen und Risiken für Unternehmen". Es sei denn, Oracle würde endlich erkennen, dass es das massive Defizit an Fachkräften in Sachen Oracle bekämpfen muss. "Oracle ist hier in der Pflicht", sagte Fried Saacke, Vorstand und Geschäftsführer der DOAG, im Gespräch mit ChannelPartner. "Es ist ein zunehmendes, ja ein drängendes Problem."

Saacke, dem man bestimmt nicht nachsagen kann, er hätte je Oracle einer flüchtigen medialen Aufmerksamkeit wegen öffentlich in Pfanne gehauen, verweist auf die sich deutlich abzeichnende Diskrepanz zwischen Oracles wie immer hochfliegenden Plänen mit zentralen Geschäftsapplikationen - etwa ERP, CRM oder Middleware - und ihren Realisationsmöglichkeiten: "Wie will Oracle als Lösungsanbieter Erfolg haben, wenn es bei niemanden als solcher bekannt ist?"

"Oracle muss seine Partner einbinden"

Mit der Middleware Fusion will Oracle Konkurrenten wie IBM und SAP ausboten. Doch ohne Spezialisten bei engagierten Partnern fällt diese Absicht ins Wasser.
Foto: Oracle

Nun ist Oracle als Datenbankanbieter mehr als bekannt; in diesem Segment ist es seit Jahren Marktführer, und das ist wohl niemandem entgangen. "Fragen Sie an der Uni nach Oracle, und Sie bekommen als Antwort: Datenbank", bestätigt Saacke aus eigener Erfahrung.

Doch sobald man Studenten -- vor allem Informatiker, Wirtschaftsinformatiker und Betriebswirtschaftler - nach weiteren Assoziationen zu Oracle befrage, komme regelmäßig "Nichts" als Antwort. "Bei ERP- CRM- oder allgemein Business-Software falle Studenten in Deutschland "SAP und Microsoft" ein. "SAP ist deutlich präsenter", so Saacke.

Keine gute Vorraussetzung für Partner, um sich für jene Applikationen einzusetzen, die das Unternehmen Unternehmenskunden zusätzlich zu Datenbanken verkaufen will. "Bei auf langfristigen Beziehungen angelegten Business-Lösungen sind Lokalisierung und Investitionssicherheit sowie hochwertige Services die Garanten zum Erfolg. Wie soll man Kunden von neuer Software überzeugen, wenn sie kaum einer kennt?" fragt Saacke.

Seiner Meinung nach muss Oracle darauf mit "deutlichem Engagement in allen Fragen der Ausbildung" reagieren, wolle es hierzulande nicht weiterhin von SAP oder IBM und Co. abgehängt werden. Bevorzugte Ausbildungsstätten seien Universitäten und Firmen, die mit Oracle zusammenarbeiten. "Oracles Image an Universitäten muss sich ändern", laute deshalb eine zentrale Forderung der DOAG. Sie hat gerade die "DOAG Hochschul-Community" gegründet. Oracle müsse hier schnell und mit deutlichem Engagement nachziehen

Genauso seien alle Partner, die sich ernsthaft für den zweitgrößten Software-Anbieter der Welt engagieren, "in der Pflicht". Aber diese könnten sie nur dann erfüllen, wenn Oracle seinerseits die Pflicht zu erstklassiger Wissensvermittlung quantitativ ernster als bisher nehme. Das bedeute konkret, so Saacke, dass Oracle seinen Partnern fundierte Trainings zu erschwinglichen Preisen anbieten müsse, des Weiteren, Anwender, also Kunden, und Partner mehr als bisher in seine Strategie "einbindet" und ihnen klar mache, was sie in Zukunft erwarte.

Um ein Beispiel gelungener, eigentlich aber erzwungener Zusammenarbeit zu nennen:

Als Oracle sich weigerte, in seiner E-Business-Suite das Modul "Financials" (Version 12. weiter für Deutschland zu zertifizieren, obwohl dies für Unternehmen ausgesprochen wichtig war, damit sie gegenüber Wirtschaftsprüfern garantieren konnten, die "Grundsatze der ordnungsgemäßen Buchhaltung" zu befolgen, warf sich die DOAG in die Bresche. Solange, bis Oracle wieder bereit war, die relativ teuer Zertifizierung nachzuholen. "Das Fehlen der Zertifizierung war ein echter Hindergrund für Neukunden", berichtet Saacke.

Zwar zeige dieses Beispiel, dass Oracle zu lernen bereit sei und die Wünsche von Kunden ernst nehme, doch geschehe das nicht in wünschenswerter Häufigkeit. "Oracle ist technologiegetrieben", sagt Saacke wie entschuldigend. Dieser Ansatz habe das Softwarehaus zu heutiger Größe gebracht, weshalb seinen Erfahrungen zufolge die amerikanische Oracle sich eigentlich immer sicher sei, " alles richtig zu machen".

Doch zeige das Beispiel ebenso deutlich, dass es der Softwerker immer wieder versäume, kundennah zu agieren.

Zwar falle das in manchen Fällen wenig ins Gewicht. Etwa wenn nur eine Handvoll Kunden auf ein Release-Update warte, Oracle jedoch an den vielen Software-Baustellen, die es sich in Folge der abgeschlossenen Akquisitionen von Siebel, Peoplesoft-, Hyperion und Bea eingehandelt hat, Wichtigeres zu tun habe.

Doch diesmal, angesichts des mit Aplomb vollzogenen Markteintritts der Version 11g der Middleware- und Infrastruktur-Software "Fusion", der damit verbundenen Hoffnungen auf Neukundengeschäft, aber ebenso auch wegen des immer öfter festzustellenden Mangels an IT-Experten für Oracle-Applikationen, müsse das Unternehmen vor allem in Ausbildung, ferner in Bekanntheit und Marktpositionierung investieren.

Der Einfluss der DOAG

Nun ist Saacke nicht nur DOAG-Vorstand, sondern auch Realist. Als solchem sind ihm die "Oracle University" und deren umfassende Ausbildungsprogramme bekannt; er weiß, dass Oracle, wie jeder wichtige Software-Anbieter, viel in Kurse, Programme und Zertifizierungen investiert und von seinen Partnern erwartet, dies ebenso zu tun.

Genauso gut weiß Saacke, wie klein seine Anwendervereinigung sich im Vergleich zu dem Softwareriesen ausnimmt. "Die DOAG kann noch so laut schreien - wenn Oracle sie nicht hören will, ist sie wie stumm."

Insofern macht er sich wenige Illusionen über den Einfluss der DOAG auf Oracle. Doch nachdem er die Anwendervereinigung auch als einen Spiegel der Geschäftstätigkeiten des Softwarehauses sieht, will er eines in diesem Spiegel nicht sehen: Wie sich Partner von Oracle bemühen, den erkennbaren Fachkräftemangel hierzulande dadurch zu kompensieren, dass sie "Fachkräfte aus ganz Europa zusammenziehen".

Nicht nur, weil entweder der Kunde oder aber der Partner für diesen Mehraufwand zahlen muss, sondern auch weil das Oracles Image als Marktführer nicht gerade befördert. National und international. "Das ist ein wirklicher Showstopper", sagt Saacke, "für Kunden, für Partner und für Oracle selbst:"

Weshalb er sich auch nicht vorstellen kann, dass das im Sinne des Oracle -Hauptaktionärs und Lenkers Larry Ellison sein könne.
Oracle Deutschland aber erklärte gegenüber ChannelPartner, bis spätetstens morgen Abend éine Stellungsnahme zur DOAG formuliert zu haben. (wl)