Grundsatz "interne Teilung"

Ehescheidungs-Reform bringt neuen Versorgungsausgleich

27.06.2008
Rechtsanwalt Dr. Johannes Fiala und Sachverständiger Peter A. Schramm über Zusatzkosten und Haftungsrisiken der Reform für Arbeitgeber.

Bisher werden Versorgungsansprüche über "fehleranfällige Prognosen" und oft mit "Wertverzerrungen über die Barwert-Verordnung" berechnet, mit gesetzlichen Rentenversicherungsansprüchen vergleichbar gemacht und dann die Wertdifferenz aller von beiden Eheleuten erworbenen Ansprüche über die gesetzliche Rentenversicherung der Eheleute ausgeglichen.

Künftig findet eine "interne Teilung" statt, so dass der ausgleichsberechtigte Ehegatte einen eigenen Anspruch direkt an der Versorgung des ausgleichspflichtigen Ehegatten erhält. Aus einem Versorgungsanspruch werden bei der Scheidung zwei und bei neuer Ehe und erneuter Scheidung kommt jeweils noch einer hinzu.

Dies wird dazu führen, dass die Ehegatten erfahren können, welchen "Wert" das bisher angesammelte private und betriebliche Vorsorgevermögen wirklich besitzt. Vor allem wenn dann nur "kleinere Werte" (ca. 50 Euro Monatsrente bzw. ca. 6.000 Euro Kapitalwert) vorhanden sind, können diese einseitig durch den Versorgungsträger abgefunden werden, was man "externe Teilung" nennt. Dies gilt entsprechend bei bis zu ca. 63.000 Euro Kapitalwert (größenordnungsmäßig 500 Euro Monatsrente) auch für Pensionszusage/Direktzusage und Unterstützungskassen.

Spätestens dann stellt sich die Frage nach der Rentabilität, den intern verrechneten Kosten, und eventueller Falschberatung beim Abschluss solcher Versorgungen. Wenn nach Jahren der Einzahlungen noch kaum Kapital vorhanden ist, weil diese hauptsächlich gerade einmal ausgereicht haben, die Abschlusskosten der Versorgung zu finanzieren - welcher Ehegatte soll dann zu welchen Teilen die Abschlusskosten tragen müssen? Der Streit um die ohnehin intransparenten Abschlusskosten zwischen den Ehegatten und anschließend mit Arbeitgeber, Vermittler und Versicherer ist vorprogrammiert.

Freiwillige "externe Teilung" erfordert sachverständige Produktprüfung

Die Eheleute können die "externe Teilung" freiwillig auch für höhere Kapitalwerte vereinbaren - dann stellt sich im Einzelfall die Frage, welche zusätzlichen Kosten mit dem Wechsel des Produktgebers oder der Anlageform verbunden sind. Beim "Umschichten" fallen in aller Regel zusätzliche bzw. neue Abschlusskosten bzw. Provisionen an.

Auf einen "Bagatellausgleich" wird verzichtet, wenn es sich um ca. 25 Euro Monatsrente bzw. ca. 3.000 Euro Kapital handelt. Auch bei "kurzer Ehe" von bis zu zwei Jahren findet gar kein Versorgungsausgleich statt. Dies entlastet das gerichtliche Scheidungsverfahren.

Keine Kostenneutralität: Arbeitgeber und Geschiedene werden mit Zusatzkosten belastet

Die Träger privater und betrieblicher Altersversorgung, also Banken und Versicherungen, sowie mit diesen zusammenarbeitende Unterstützungskassen, Pensionsfonds etc., können ihre "Kosten" der internen Teilung auf die Ehegatten umlegen. Faktisch wird damit die Altersversorgung im Scheidungsfall also mit Zusatzkosten belastet sein. Eine versicherungsmathematische Begutachtung kann durchaus je Versorgung 1.500 Euro und mehr kosten, bei mehreren Versorgungen je Ehegatte bei unterschiedlichen Arbeitgebern können also leicht mit Anwalts- und Gerichtskosten zusätzliche Scheidungskosten von 5.000 bis 10.000 Euro entstehen.

Das neue Gesetz sieht hingegen keinen Ausgleich für die Kosten des Arbeitgebers vor: Schließlich ist er der Kunde/Kapitalanleger im Bereich der betrieblichen Altersversorgung. Im Falle der Scheidung mit "interner und externer Teilung" der Versorgung wird der Arbeitgeber zusätzliche Verwaltungskosten haben, für rechtliche Beratung und versicherungsmathematische Begutachtung.

Haftung, Kosten und Komplexität bleiben beim Arbeitgeber

Der gesetzliche Zwang zur Entgeltumwandlung seit 2002 ist nicht bei jedem Arbeitgeber beliebt. Die Haftung für eine "wertgleiche" Anwartschaft bedeutet, dass der Arbeitgeber insbesondere das Risiko schlechter Kapitalanlagen, zu hoher Kosten, zu niedriger Rentabilität, aber auch der Insolvenz des von ihm ausgewählten "Trägers" der betrieblichen Versorgung trägt. Zusatzkosten und Komplexität, aber auch gelegentliche Haftungsurteile führen manche Personalabteilung bis zur Grenze der Belastbarkeit - und darüber hinaus.

Die Einbindung aller Arbeitgeber mit betrieblicher Versorgung in das Versorgungsausgleichsverfahren bedeutet für Mathematiker und Juristen neue Betätigungsfelder und weitere Kosten für Ehegatten und Arbeitgeber, durch

- Ermittlung des ehezeitbezogenen Ausgleichswerts

- Zwangsverpflichtung des Arbeitgebers zur eigenständigen Versorgung des betriebsfremden Geschiedenen (Ausgleichsnehmer statt Arbeitnehmer)

- Erhöhung der Anzahl der Versorgungsanwärter und Rentner

- Mehraufwand, Zusatzkosten (Einrichtung, Organisation, Pflege von zwei Versorgungen)

- Vorzeitiger Kapitalabfluss bei externer Realteilung

- Zunahme der Komplexität in den Versorgungssystemen selbst

- Zusätzliche Haftungsrisiken

- Gesetzliche Verfahrensbeteiligung der Versorgungsträger

Abschlusskosten, Gebühren, Zillmerung, Provisionen und negative Renditen

Im Zuge der Scheidung und Aufteilung der Versorgungsansprüche wird sich mancher Ehegatte fragen, warum von seinen einbezahlten Beiträgen nur ein Bruchteil vorhanden ist. Nachdem mehr als jede dritte Ehe geschieden wird, können Arbeitgeber sicher sein, dass ihnen interessante Fragen gestellt werden.

Ein System, wie bei den Vermögenswirksamen Leistungen, wo der Arbeitgeber nur Geld weiterleitet, und es Sache des Mitarbeiters ist sich gut beraten zu lassen, hat der Gesetzgeber 2002 gerade nicht eingeführt. Vielmehr stehen die Arbeitgeber im Bereich der Entgeltumwandlung seither verstärkt in der Haftung - mit schwer zu überblickenden Risiken.

Ursprünglich waren sie angetreten, eine Entgeltumwandlung z. B. durch private Rentenversicherungen oder kongruent rückgedeckte Unterstützungskassen ohne wesentlichen eigenen Verwaltungsaufwand bei Kostentragung durch aus dem umgewandelten Entgelt des Arbeitnehmers zu bieten. So haben es die Versicherer und Initiatoren dem Arbeitgeber schmackhaft gemacht. Jetzt zeigt sich, dass diese Rechnung nicht aufgeht, weil der Gesetzgeber diese Versorgungen mit zusätzlichen Kosten und Verwaltungsaufwand belastet.

Für den Arbeitnehmer kann eine Scheidung die Rendite seiner Versorgung leicht zunichte machen - der Preis der gerechten Teilung der Versorgung zwischen den Ehegatten ist die Belastung mit erheblichen Teilungskosten bis hin zu Negativrenditen der Versorgung.

Die Autoren: Dr. Johannes Fiala, Rechtsanwalt (München), MBA Finanzdienstleistungen (Univ.), MM (Univ.), Geprüfter Finanz- und Anlageberater (A.F.A.), Bankkaufmann (www.fiala.de)

und Dipl.-Math. Peter A. Schramm, Sachverständiger für Versicherungsmathematik (Diethardt), Aktuar DAV, öffentlich bestellt und vereidigt von der IHK Frankfurt am Main für Versicherungsmathematik in der privaten Krankenversicherung (www.pkv-gutachter.de). (mf)