CP-Serie "Finanzierung von IT-Firmen", Teil 5

Eigenkapital stärken mit "Alternativen"

16.09.2011
Über das Pro und Contra von stillen und atypisch stillen Beteiligungen und Genussscheinen. Von Dr. Bernhard Schmid

Alternative Finanzierungsformen sind zunehmend gefragt, verspricht doch schon allein der Name eine "Alternative" zur Basel II / III und Bankenfinanzierung. Interessanterweise sind es aber gerade die mittleren und großen Banken, die zum Beispiel Mezzanine-Kapital als Finanzierungsmodell für den Mittelstand zu einer ersten Blüte geholfen haben.

Der Name "alternativ" rührt daher, dass es sich um eine Alternative zu klassischem Fremdkapital (Bankfinanzierung) und klassischem Eigenkapital (Einzahlung durch Gesellschafter beziehungsweise Gewinnthesaurierung) handelt.

Die sogenannten "Alternativen Finanzierungsinstrumente" lassen sich nach einer Klassifikation der Universität Oldenburg dabei in drei Cluster unterteilen: Eigenkapitalverbessernde Finanzierungsinstrumente (eigenkapitalerhöhend wie zum Beispiel Mezzanine bei geeigneter Ausgestaltung beziehungsweise fremdkapitalersetzende wie etwa Leasing oder Factoring), Formen, die die Eigenkapitalstruktur unverändert lassen wie Rückstellungen oder Lieferantenkredite und Formen, die die Eigenkapitalquote verschlechtern, wie Asset-backed Securities (ABS) oder Mitarbeiterdarlehen.

Im Folgenden werden die gängigsten Varianten dargestellt und die wesentlichen Vor- und Nachteile erläutert. Varianten wie etwa Asset-backed Securities, also forderungsbesicherte Wertpapiere, werden nicht erläutert, da sie aufgrund der komplizierten Konstruktion hohe Emittierungskosten verursachen und daher eher für große Unternehmen als Einzelinstrument geeignet sind.

Altarnative Finanzierung/Mezzanine - gut konzipiert zu "hartem" Eigenkapital

Der Begriff Mezzanine kommt aus dem Italienischen und steht für das Zwischengeschoß in Häusern. Damit soll ausgedrückt werden, dass es sich um eine Mischform zwischen Fremd- und Eigenkapital handelt.

War dieses Finanzinstrument früher eher Großunternehmen vorbehalten, so trat vor einigen Jahren ein starker Boom ein, als Basel II Anfang des Jahrtausends seine Schatten vorauswarf und zahlreiche Banken dreistellige Millionenbeträge an Mezzanine für den Mittelstand bereitgestellt haben. Durch diesen plötzlichen Boom wurde das sogenannte Programm-Mezzanine seit etwa 2006 zum Bumerang: Das Mezzanine-Volumen stieg von 865 Millionen Euro auf 4.663 Millionen Euro (PWC) - nun kommt es zur Rückzahlung, wobei nur gut der Hälfte der Forderungen als erstrangig geratet wird. PWC schätzt, dass das Insolvenzrisiko der Mezzanin-Nehmer bei 5 bis 15 Prozent liegt. Aufgrund der aktuellen Marktlage benötigen die meisten der 110 Befragten Fremdkapital zur Mezzanin-Refinanzierung. Dies hängt wie ein Damokles-Schwert über den Unternehmen: Bis 2014 werden in Deutschland circa 4,7 Milliarden Euro fällig.

Nach dem Motto "Mezzanine ist tot, es lebe Mezzanine!" lebt dieses Instrument nun als individualisierte Variante wieder auf. Die Kosten dafür sind nun relativ hoch, können sich aber in Summe auszahlen, wenn durch die verbesserte Eigenkapitalsituation eine Vergünstigung bei Bankkrediten erfolgt, wie nachfolgend beschrieben.

Zu einer festen Verzinsung von etwa 10 bis14 Prozent kommt oft eine einmalige Strukturierungsgebühr von drei bis für Prozent, gegebenenfalls ergänzt um einen Equity-Kicker auf den Unternehmenswert entsprechend der positiven Entwicklung.

Geeignet ist Mezzanine insbesondere für etablierte IT-Unternehmen: Ein Unternehmen sollte einen signifikanten positiven Cashflow und einen entsprechenden Track-Record nachweisen können. Diese Voraussetzung ist notwendig, da viele Mezzanine-Geber ein entsprechendes Rating verlangen, sei es ein bankinternes Rating, wie dies bei den deutschen Großbanken der Fall ist, sei es ein externes Rating von Hermes oder Moody’s.

Rating-Kriterien

Die wesentlichen Rating-Kriterien sind nachfolgend gelistet.

- Qualität der Geschäftsführung

-- Unternehmereigenschaften und -qualifikation

- Betriebliche Verhältnisse

-- Betriebliche Verhältnisse

-- u. a. Unternehmensrisiken und -gefährdung

- Branchen, Markt- und Wettbewerbssituation

-- Absatzmarkt und Branchensituation

-- Konkurrenzintensität

-- Wettbewerbsposition

- Wirtschaftliche Verhältnisse

-- Jahresabschluss: Ertrags-, Vermögens- und Finanzlage

-- Gegenwärtige wirtschaftliche Situation

-- Künftige erwartete Unternehmensentwicklung

-- Private Vermögensverhältnisse

- Bisherige Geschäftsbeziehung und Zahlungsverhalten

-- Bisherige Geschäftsbeziehungen

-- Kundentransparenz und Informationsverhalten

-- Kontoführung und Zahlungsverhalten

Bei externen Ratings ist wichtig anzumerken, dass diese oft mit Kosten von mehr als 50.000 Euro verbunden sind, sodass sich der Aufwand der Initiierung erst ab einem signifikanten Betrag lohnt. Das Volumen reicht dabei als äußerste Untergrenze von einigen hunderttausend Euro bis zu höheren zweistelligen Millionenbeträgen. Allerdings hat ein Moody’s-Rating von Baa3 oder besser auch eine Signalwirkung für andere Investoren oder für Bankkredite.

Dies kann dann wie ein Liquiditäts-Turbo wirken: Bei geeigneter Ausgestaltung beinhaltet Mezzanine eigenkapitalähnlichen Charakter (siehe stille Beteiligungen beziehungsweise Genussscheine) und sorgt damit für einen finanziellen Hebel. Und genau hier liegt die Herausforderung, Mezzanine-Kapital so zu konzipieren, dass es nicht nur wirtschaftliches Eigenkapital darstellt, sondern bilanzielles Eigenkapital im Sinne des HGB. Zudem werden Varianten bevorzugt, bei denen die Verzinsung Betriebsausgaben nach § 8a Körperschaftssteuergesetz ist.

"Hartes Eigenkapital"

Daher ist bei der Ausgestaltung der Varianten die Hinzuziehung von praxiserfahrenen Wirtschaftsprüfern/Steuerberatern und Rechtsanwälten mehr als angeraten: Wichtiges Ziel ist die Anerkennung von Mezzanine als "hartes" Eigenkapital. Denn dadurch entsteht ein sogenannter Leverage-Effekt. Dieser "Hebel" besteht darin, dass für die Vergabe von Fremdkapital die Eigenkapitalbasis von entscheidender Bedeutung ist. Wenn folglich durch Mezzanine die Eigenkapitalbasis gestärkt wird, kann leichter ein weiterer Mittelzufluss durch Bankkredite für Betriebsmittel etc. gewonnen werden.

Um als Eigenkapital anerkannt zu werden, muss die Mittelzufuhr Kriterien wie Nachrangigkeit, Verlustbeteiligung, erfolgsabhängige Vergütung und Langfristigkeit genügen.

Mezzanine kann vom Grundsatz her frei gestaltet werden: Die Varianten reichen von Nachrangdarlehen über typische beziehungsweise atypische stille Beteiligungen bis hin zu Genussscheinkapital. Einige der wesentlichen Varianten werden nachfolgend skizziert.

Stille Beteiligung - "Nomen est omen" stimmt nur teilweise

Im Gegensatz zur offenen Beteiligung verfügen stille Gesellschafter bewusst über eingeschränkte Rechte. Dies sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass die vertraglich geregelten Einflussmöglichkeiten oft erheblich sind - insbesondere bei atypischen stillen Beteiligungen.

Bei stillen Beteiligungen handelt es sich um eine registrierte Gesellschaftsbeteiligung, die in der Regel mit einer Mindestverzinsung ausgestattet ist. Verlustübernahmen können per Vertrag ausgeschlossen werden.

Man unterscheidet im Wesentlichen zwischen einer atypisch stillen und einer stillen Beteiligung. Bei der atypisch stillen Beteiligung verfügt der stille Gesellschafter über entsprechende Vermögens- und Kontrollrechte, wodurch er zum Mitunternehmer im Sinne von § 15 EStG wird. Dies hat zur Folge, dass er nicht nur am Gewinn und Verlust, sondern auch am Vermögen der Gesellschaft Anteilseigner ist.

Stille Beteiligungen werden zum Beispiel von Banken mit Strukturauftrag im Zuge der Fördermittelgewährung eingesetzt und verfügen damit über eine mittlerweile starke Verbreitung im IT-Mittelstand.

Genussscheinkapital - nicht immer ein reiner Genuss

Genussscheine sind eine Sonderform, die es so nur im deutschsprachigen Raum gibt - Genussscheine sind rein schuldrechtlicher Natur (keine Stimmrechte), sind allerdings mit Vermögensrechten ausgestattet.

Aufgrund eines weit gefassten gesetzlichen Rahmens sind kurze, lange und unendliche lange Laufzeiten (wie bei Aktien) möglich, mit einer relativ freien vertraglichen Regelung bei der Konzeption von Gewinn und Verlust. Es gibt Genusskapital als reines Zinspapier, reines Dividendenpapier oder als Mischform. Die Ertragskomponente beinhaltet oft eine Mischung aus Zinsertrag und Gewinnbeteiligung, wobei die Zinszahlung in Verlustjahren ausgesetzt werden.

Genussrechte können so ausgestaltet werden, dass die Ausschüttungen als Betriebsausgaben gelten, wodurch sich eine Eigenkapitaleigenschaft generieren lässt

Das Genussrecht kann wertpapierlos als reine schuldrechtliche Genussrechtsbeteiligung ausgestaltet, aber auch als Wertpapier mit den entsprechend damit verbundenen hohen Kosten verbrieft werden. Letzteres ermöglicht anonyme Tafelgeschäfte und führt zur Börsenfähigkeit.

Fazit

Mit der richtigen Wahl Alternativer Finanzierungsformen lässt sich ein Liquiditäts-Turbo einschalten: Bei einer eigenkapitalmäßigen Gestaltung erhöht sich das Eigenkapital und somit das Rating, was wiederum zu einem leichterem Zugang zu Fremdkapital mit niedrigeren Zinsen führt. Dies kann die höheren Kosten von alternativen Finanzierungsinstrumenten überkompensieren. Entscheidend ist dabei die sichere Ausgestaltung unter Einbeziehung von entsprechend erfahrenen Steuerberatern und Rechtsanwälten. (oe)

Der Autor Dr. Bernhard Schmid war knapp 20 Jahren in der IT-Branche tätig und hat in seiner Zeit als Geschäftsführer, Vorstand und Berater über 20 Corporate -inance -Transaktionen im IT-Channel realisiert. Er ist Geschäftsführender Gesellschafter der Global Value Management GmbH (GVM).

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