Seltsame Eigenheiten und störende Funktionen

Ein Jahr 10.5: Die Macken des Leoparden

28.10.2008 von Patrick Woods
Seit einem Jahr ist 10.5 alias Leopard jetzt auf dem Markt. Zeit für ein Zwischenfazit.

Seit einem Jahr ist 10.5 alias Leopard jetzt auf dem Markt. Zeit für ein Zwischenfazit.

Am 26. Oktober 2007 begann Apple mit der Auslieferung von 10.5. Apple versprach "mehr als 300" neue Funktionen in dem neuen Betriebssystem. So gab es unter anderem Time Machine, Boot Camp und die neue Schnellvorschau "Quick Look". Dennoch sorgte Leopard von Anfang an für viel Kritik. Fehler im System sorgten immer wieder für Ärger, einige liebgewonnene alte Funktionen wurden mit 10.5 gestrichen. Fünf Updates später hat sich einiges verbessert. Einige unverständliche Macken hat Leopard aber immer noch.

1. Das Erscheinungsbild

Statt eindeutiger, farbiger Symbole sind die Funktionsordner heute matt und gräulich

Mit Leopard hat Apple ein neues Design der Benutzeroberfläche eingeführt. Zumindest teilweise. 10.4 Tiger war eine Mischung des "brushed metal"-Looks von 10.3 und eines neuen, einheitlich grauen Aussehens. Zu Leopard sollte eine neue, einheitliches Nutzeroberfläche kommen, in der Praxis gibt es jedoch Mischungen aller Fensterdesigns. Der Finder ist jetzt grau und hat auch an anderen Stellen an Farbe verloren. So sind wichtige Ordnersymbole wie "System" oder "Library" nicht mehr mit farbigen Icons untermalt, stattdessen erscheinen jetzt alle Ordner im tristen grau-blau und sind gegebenenfalls mit dezenten Symbolen gestempelt.

Mit Leopard führt Apple die "Stacks" im Dock ein, die Stapel. Schon zuvor konnte man Ordner im Dock ablegen, mit Stacks soll dies leichter werden. In der Praxis ist der lange Fächer oder das große Fenster - je nach Darstellung - aber nur wenig übersichtlich, wenn viele Dateien in dem entsprechenden Ordner liegen. Einen Umweg hat Apple mit 10.5 abgeschafft: Unter 10.4 konnte man Ordner im Dock platzieren und dort Aliase zu weiteren Ordnern anlegen. So konnte man den Ordner per Rechtsklick aufklappen und direkt per Alias zu dem Unterordner springen.

Aliase in Dock-Ordnern funktionieren nicht mehr

Dies funktioniert jetzt nicht mehr. Zwar können Ordner immer noch im Dock abgelegt werden, Aliase sind jedoch deaktiviert, sie funktionieren im Dock schlicht nicht mehr.

2. Mail

Leopard wird mit Mail 3 ausgeliefert, der Weiterentwicklung von Apples eigenem E-Mailclient. Hier gibt es einige Neuerungen, die sich dem Nutzer nicht immer gleich erschließen. So hat Apple die Notizen, RSS-Feeds und Aufgaben jetzt in Mail untergebracht. Zu erledigende Angelegenheiten finden sich jetzt nicht mehr im Terminplaner iCal, sondern bei den E-Mails. Diese Entscheidung Apples ist nur schwer nachvollziehbar. RSS-Feeds bleiben im Browser besser aufgehoben, Aufgaben hatten in iCal einen guten Platz. Zudem lassen sich die Symbole für diese Funktionen auch optional nicht deaktivieren.

3. iCal

Die neue Detailansicht muss extra aufgeklappt werden und versperrt den Blick

Auch der Kalender iCal ist in Leopard gründlich überarbeitet. Unverständlicherweise hat Apple das Detailfenster aus 10.4 gestrichen. Dort konnte man auf einen Blick die Details eines Termins sehen oder editieren, sobald man ihn angeklickt hat. Diese Darstellung ist gestrichen. Stattdessen muss man über Apfel+I oder Doppelklick ein kleines Popup aufrufen. Dieses überlagert das iCal-Fenster und fügt sich damit weniger harmonisch in die Oberfläche ein als die alte Seitenleiste. Aufgabenplanung ist jetzt Mail vorbehalten.

4. Time Machine

Mit Time Machine hat Apple ein simples und leicht zu bedienendes Backup-Programm in OS X integriert. Leider ist Time Machine ebenso simpel wie eingeschränkt. Der Nutzer kann zwar bestimmte Ordner vom Backup ausschließen, weitere Eingriffsmöglichkeiten gibt es nicht. Zudem ist Time Machine wenig transparent. Wer auch nur annähernd wissen will, was Time Machine macht, muss in der Konsole die Datei "backup.db" beobachten oder Tools wie Time Machine Buddy nutzen.

Time Machine zeigt sich wenig transparent und bisweilen auch wenig intelligent

Aber auch auf diesem Wege erfährt der Nutzer nicht, welche Dateien Time Machine beispielsweise zuletzt gesichert hat. Davon abgesehen: Time Machine hat einige kritische Fehler, die mitunter zu Datenverlusten führen können. So löscht das Programm alte Backups ohne Vorwarnung, wenn der Speicherplatz der Backupfestplatte voll ist - selbst wenn man die Vorwarnung aktiviert hat. Findet die Software die Speicherfestplatte nicht, meldet sie dies erst nach zehn langen Tagen ohne Backup. Zudem ist Time Machine nicht so intelligent wie es auf den ersten Blick erscheint:

Ändert man den Namen eines Ordners oder verschiebt man Dateien an einen anderen Ort, so werden diese von Time Machine noch einmal vollständig neu gesichert. Unter Umständen hat man so nach einigen Monaten etliche Gigabyte doppelter Dateien und Ordner auf der Sicherungsfestplatte, die wertvollen Speicherplatz belegen. Wer das verhindern will, der muss diese doppelten Dateien manuell löschen.

Fazit

Leopard hat einige tolle neue Funktionen in die Mac-Welt gebracht, andere Eigenheiten bleiben nach wie vor unverständlich. Warum veröffentlicht Apple ein Betriebssystem, das zu Beginn massenhaft Kernel Panics verursachte? Warum hat Apple die Bluetooth-Steuerung für Handys im Adressbuch gestrichen? Warum unterbindet die neue Firewall nur eingehende und keine ausgehenden Verbindungen? Derlei Fragen gibt es viele. In naher Zukunft wird Apple bereits 10.5.6 veröffentlichen und wieder Dutzende Bugs beseitigen. Die grundsätzlichen Ungereimtheiten werden aber bleiben.

Dieser Artikel ist eine Anlehnung an "Leopard's year-old annoyances" von Rob Griffiths, Computerworld (Macwelt) (wl)