Technik der Zukunft

Ein "smartes" Haus mit einem intelligenten Stromnetz

27.04.2011
Das intelligente Haus soll künftig viele Entscheidungen selbst treffen – unterstützt von einem intelligenten Energiesystem.

Der Begriff "Smart Home" ist ähnlich schwer zu greifen wie etwa Cloud Computing – im Grunde fasst Smart Home verschiedene Techniken zusammen, mit denen sich Einrichtungsgegenstände und Möbel intelligenter verhalten. Zu dem Begriff gehören beispielsweise auch Themen wie Haus-Automation oder das Smart Grid.

In der Praxis ist die Hausautomation oder "Donomics" (vom englischen "domestic autonomics") am ehesten anzutreffen. Ein alltagtaugliches Beispiel ist etwa eine Heizung oder Klimaanlage, die sich ab einer bestimmten Temperatur selbstständig einschaltet und innerhalb vorgegebener Parameter arbeitet.

In Kombination mit einem Netzwerk und verschiedenen Sensoren lässt sich bereits heute ein Haus oder eine Wohnung mit intelligenten Geräten ausstatten. So melden etwa Lichtsensoren die Stärke der Sonneneinstrahlung, und das System im Haus schließt automatisch die Vorhänge.

Wohl am bekanntesten ist die Automation in Sicherheitssystemen. Sensoren überwachen alle Zugangspunkte und melden eine Störung an das zentrale Verwaltungssystem. Dieses entscheidet dann, ob es einen Alarm auslöst oder ob der Vorfall noch nicht über dem Schwellenwert liegt.

Ein "smartes" Haus nützt aber noch nichts, wenn es an eine "dumme" Stromversorgung angeschlossen ist. Aktuell verfügen die Stromnetze kaum über eigene Intelligenz – sie liefern Strom an die Endverbraucher, egal zu welcher Tageszeit und egal zu welchen Kosten.

Das "Smart Grid" soll diesen Zustand ändern. In Kombination mit einem so genannten "Smart Meter", einem intelligentem Stromzähler, der über einen Netzwerkzugang mit anderen Systemen kommunizieren kann, soll künftig die Nachfrage nach Strom optimiert werden.

Ein praktisches Beispiel sieht so aus: Künftig wird etwa eine Waschmaschine über das Smart Grid den aktuellen Strompreis, die Auslastung des Systems sowie die Preis- und Auslastungsprognose der nächsten Stunden abfragen können. Stellt das System fest, dass das Grid aktuell zu stark ausgelastet ist oder Höchstpreise verlangt werden, kann es mit dem Waschen warten, bis der Preis fällt.

Die Nutzer im jeweiligen Haushalt profitieren zudem von größerer Kostentransparenz. Anstatt einmal im Jahr eine Rechnung zu erhalten, kann man bei aktuellen Geräten teilweise minutengenau den eigenen Verbrauch abfragen – selbst wenn man etwa ein zusätzliches Gerät einschaltet, sollte man kurz darauf die Auswirkungen sehen. Aktuell sind Smart Meter allerdings noch keine Pflicht, lediglich wer ein neues Haus baut oder eine Totalsanierung vornimmt, muss einen intelligenten Zähler kostenneutral einbauen.

Kritikpunkte am Smart Grid

Die zusätzlich anfallenden Daten rufen allerdings auch Datenschützer auf den Plan. Sie fürchten einen massiven Eingriff in die Privatsphäre. Denn nicht nur die Nutzer können sich ein detailliertes Bild über ihren Energieverbrauch machen, auch die Stromversorger haben Zugriff auf diese Daten. So lassen sich unter Umständen genaue Profile erstellen, etwa wann Hausbesitzer morgens duschen und wann sie abends ins Bett gehen.

Ein weiteres Problem ist die zusätzliche Vernetzung. Die meisten Systeme kommunizieren mit Hilfe normaler Netzwerkstandards – das ermöglicht Kompatibilität zwischen den Herstellern, dadurch können allerdings auch Hacker und andere Angreifer die Systeme ins Visier nehmen. Vor allem das Smart Grid, also das intelligente, vernetzte Stromnetz wird von Kritikern immer wieder als anfällig für Hackerattacken beschrieben.

Der dritte Kritikpunkt sind die Kosten. Nicht nur sind die neuen Stromzähler deutlich teurer als die bisherigen Modelle, die Anbieter verlangen pro Jahr wahrscheinlich auch eine Gebühr, welche durch die wahrscheinliche Stromersparnis nicht gedeckt wird. Außerdem benötigen die Systeme einen Rückkanal – das setzt eine Internetverbindung voraus. In den meisten Städten ist das kein Problem, allerdings gibt es in Deutschland noch zahlreiche Gegenden, in denen kein Breitband zur Verfügung steht.

Fakt ist: Smarte Häuser und intelligente Stromnetze lassen sich nicht aufhalten. Die notwendige Hardware ist bereits jetzt erschwinglich, sie wird in den nächsten Jahren also zwangsläufig in immer mehr Gebäuden Einzug halten. Gemeinsame und einheitliche Standards werden zudem dafür sorgen, dass die Geräte nicht nur untereinander, sondern auch mit Diensten im Web kommunizieren können. Was aktuell noch ein Projekt für Bastler und Heimwerker ist, könnte schon bald Standard in unseren vier Wänden werden.

Ein ewiges Beispiel für das Smart Home ist der intelligente Kühlschrank. Per Internet soll das Gerät neue Lebensmittel nachbestellen können, außerdem weiß es, welche Produkte im Inneren stehen und wie lange diese noch haltbar sind. Der intelligente Kühlschrank erleidet dabei ein ähnliches Schicksal wie die Videotelefonie: Er muss jedes Mal herhalten, wenn ein Hersteller oder ein Konsortium eine neue Technologie in diesem Bereich vorstellt.

Am Smart Grid führt allerdings kein Weg mehr vorbei. Die Technik wird sowohl von der Regierung wie auch den Energiekonzernen vorangetrieben. Kein Wunder, die aktuelle Infrastruktur der Energieunternehmen ist für die zunehmende Dezentralisierung nicht geschaffen. Die erneuerbaren Energiequellen werden zunehmen, anders als etwa Kernkraftwerke liefern sie allerdings durchaus schwankende Energiemengen. Diese Schwankungen muss ein modernes Energiesystem ausgleichen können – und das Smart Grid ist der vielversprechendste Ansatz. (PC-Welt/tö)