Werbung im Internet

Emotionale Werbung – ein rechtliches Problem?

06.12.2010
Wann gefühlsbetonte Werbung erlaubt und wann sie wettbewerbswidrig ist, sagt Daniel Huber.
Foto: Christian Jung/Fotolia.com

Eine Frau räkelt sich nackt in einer Badewanne, sie schaut sinnlich in die Kamera und massiert ihre Haut mit einer Lotion - nicht nur männliche Zuschauer schauen bei so einem Spot genauer hin. Wenn das Innere im Menschen, die Gefühle, Sinne und Träume angesprochen werden, können wir uns gegen die dadurch aufkommenden Gefühle und Eindrücke kaum wehren. Rechtlich problematisch wird es dann, wenn durch eine solche sog. gefühlsbetonte Werbung die Rationalität einer (Kauf-)Entscheidung eines Verbrauchers in unangemessener Weise beeinflusst wird.

Warum sind Gefühle ein Problem?

Jahrzehntelang war sog. gefühlsbetonte Werbung verpönt und rechtlich höchst problematisch. Dies lag daran, dass man davon ausgegangen ist, dass derjenige, der mit den Gefühlen seiner Kunden spielen muss, um Geschäfte zu machen, wohl Defizite in Qualität und Preis verbergen will. Werbung, die beim Betrachter bestimmte Gefühle hervorrief oder an die Gefühle der Konsumenten appellierte, war lange Zeit nur dann zulässig, wenn die entsprechende Emotionalität (…) in einem unmittelbaren sachlichen Zusammenhang zu dem beworbenen Produkt stand.

Dass sich die Zeiten geändert haben müssen, dürfte klar sein: heute besteht Werbung fast ausschließlich aus der Emotionalisierung von Produkten, Marken und Unternehmen. Man denke an traurige, schockierende oder auch erotische Werbung. Doch auch heute noch bestehen für Werbung bestimmte rechtliche Grenzen, auch heute noch ist nicht alles erlaubt. Aber wo liegen diese Grenzen? Welche Art von sog. gefühlsbetonter Werbung ist im Internet zulässig, welche ist rechtswidrig?

Was genau ist "gefühlsbetonte Werbung"?

Bevor nun weiter über die rechtlichen Voraussetzungen gesprochen wird, soll zunächst geklärt werden, was genau unter "gefühlsbetonter Werbung" zu verstehen ist.

Im Prinzip umfasst der Begriff alle Werbeinhalte, die sich nicht bloß auf die reine Sachinformation über ein Produkt, dessen Funktionalität sowie Qualität und Preis beschränkt. Immer wenn Gefühle wie Liebe, Hass, Wut, Trauer, Freude, Glück Zuneigung, Erotik und Sexualität in der Werbung eine Rolle spielen oder wenn dabei Werte wie Treue, Vertrauen, Zuverlässigkeit, Verantwortung, Mut und Stärke in den Vordergrund gerückt werden, wird an die Gefühlswelt der Werbekonsumenten appelliert. Im Idealfall empfindet der Konsument beim Erleben (Hören, Sehen) der Werbung eine bestimmte Emotion, die er auf Dauer mit der beworbenen Marke, dem Produkt oder dem Unternehmen verbindet, an die er sich länger erinnert, die ihm auffällt. Insoweit spricht man von "gefühlsbetonter Werbung".

Der rechtliche Rahmen

Die insoweit einschlägige Vorschrift ist § 4 Nr. 1 UWG (=Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb).

Danach handelt derjenige unlauter, der "geschäftliche Handlungen vornimmt, die geeignet sind, die Entscheidungsfreiheit der Verbraucher oder sonstiger Marktteilnehmer durch Ausübung von Druck, in menschenverachtender Weise oder durch sonstigen unangemessenen unsachlichen Einfluss zu beeinträchtigen"

Das Gesetz zieht die Grenze gerade noch zulässiger Werbung somit dort, wo die Entscheidungsfreiheit des Verbrauchers durch die Werbung so eingeschränkt wird, dass er (der durchschnittliche Verbraucher) nicht mehr in der Lage ist, eine rationale (Kauf-)Entscheidung zu treffen.

Doch dies ist nicht die einzige Norm, innerhalb derer sich (gefühlsbetonte) Werbung rechtlich bewegt. Denn Werbung als solche ist nach Art 5 I GG verfassungsrechtlich geschützt, da sie eine Form der Meinungsäußerung darstellt - und diese bzw. deren Freiheit ist von Verfassung wegen garantiert.

Ob eine bestimmte Werbung zulässig oder unzulässig ist, bewegt sich somit im Spannungsfeld zwischen Wettbewerbsrecht und Verfassungsrecht.

Wann ist gefühlsbetonte Werbung unzulässig?

Im Grundsatz ist die Werbung mit Gefühlen oder Werbung mit Appell an Gefühle heutzutage als rechtlich zulässig anzusehen. Man geht heute davon aus, dass der Verbraucher ein mündiger Bürger ist, der sich grundsätzlich allein in der Welt zurechtfindet und von der Rechtsordnung nicht stets auf Schritt und Tritt geschützt werden muss. Daher ist man der Ansicht, dass ein Verbraucher nicht bei jeder Werbung, die in irgendeiner Weise seine Gefühlswelt anspricht, die rationale Sicht verliert und allein aus reiner Emotionalität heraus irrationale (Kauf-)Entscheidungen trifft. Vielmehr traut man den Verbrauchern zu, dass sie mit den Gefühlen, denen sie in der Werbung ausgesetzt sind, umgehen können und dennoch eine rationale Entscheidung treffen können.

Während früher die Rechtsprechung forderte, dass gefühlsbetonte Werbung nur dann zulässig sein darf, wenn die erzeugten Emotionen in einem sachlichen Zusammenhang stehen, hat sie dieses Erfordernis mittlerweile ausdrücklich aufgegeben.

Heute muss stets im Einzelfall und unter Berücksichtigung und Abwägung aller gegebenen Umstände geprüft werden, ob aufgrund der gefühlsbetonten Werbung eine unangemessene, unsachliche Einflussnahme des durchschnittlichen (d.h. durchschnittlich intelligenten) Verbrauchers vorliegt, so dass dieser in seiner Entscheidungsfreiheit negativ beeinflusst ist.

Die Grenze der zulässigen Werbung sieht die Rechtsprechung dort erreicht, wo der Leistungswettbewerb gefährdet ist. Dieses abstrakte Merkmal lässt sich nur sehr schwer präzisieren. Man wird hierfür kaum allgemeingültige Regeln aufstellen können, vielmehr wird jeder Einzelfall für sich zu beurteilen sein.

Beispiele

Zwei Beispiele sollen zeigen, was die Rechtsprechung früher mit dem sachlichen Zusammenhang zwischen Produkt und gefühlsbetonter Werbung gemeint hat.

Beispiel 1: Ein sachlicher Zusammenhang besteht, wenn ein Möbelhaus damit wirbt, dass es im Rahmen eines Aufforstungsprojektes für jedes gekaufte Bett einen Baum im Regenwald Südamerikas pflanzen wird. Da die Produktion von Möbeln notwendig zu Lasten des Baumbestandes der Welt geht, steht ein Wiederaufforstungsprojekt in unmittelbarem Zusammenhang mit dem beworbenen Produkt (Bett) bzw. Unternehmen (Möbelhaus).

Beispiel 2: Ein sachlicher Zusammenhang besteht nicht, wenn ein Bierbrauunternehmen damit wirbt, für jeden gekauften Kasten Bier einen Baum im Regenwald zu pflanzen. Zwischen dem Wald auf der einen Seite und einem Bier bzw. einer Bierbrauerei auf der anderen besteht an sich kein sachlicher Zusammenhang. Während eine solche Werbung früher als rechtlich problematisch galt, wahrscheinlich als rechtlich unzulässig angesehen worden wäre, ist dies heute nicht mehr der Fall. Denn auf den sachlichen Zusammenhang kommt es der Rechtsprechung gar nicht mehr an. Es geht nur noch allein darum, ob die Entscheidungsfreiheit der Verbraucher unangemessen eingeschränkt ist. Davon ist im vorliegenden Fall sicherlich nicht auszugehen.

Inwiefern ist das Internet von "gefühlsbetonter Werbung" betroffen?

Das Internet bietet Unternehmen unglaublich vielfältige und kreative Möglichkeiten des Produktmarketings. Es sind zahlreiche unterschiedliche Arten von Werbung im Internet denkbar, so etwa Werbebanner, Videos auf Videoportalen sowie Flash-Animationen. Aufgrund seiner Multimedialität und Interaktivität bietet das World Wide Web darüber hinaus gute Möglichkeiten, dass Unternehmen die Welt der Gefühle und Sinne der Verbraucher ansprechen. Genau hier spielt § 4 Nr. 1 UWG als Grenze der zulässigen Werbung eine wichtige Rolle.

Fazit

Die Verbraucher - und die Werbewelt - haben sich gewandelt. Sie können auch dann rationale Kaufentscheidungen treffen, wenn sie von der Werbung auf unserer Gefühls- oder Sinnesebene angesprochen werden. Daher ist solche Werbung ohne Weiteres rechtlich zulässig. Nur wenn besondere Umstände hinzutreten, kann gefühlsbetonte Werbung gegen § 4 Nr. 1 UWG verstoßen und somit wettbewerbswidrig sein. Wann dies der Fall ist kann nicht allgemein formuliert, sondern nur von Einzelfall zu Einzelfall beurteilt werden.

Der Autor Daniel Huber ist juristischer Mitarbeiter der IT-Recht Kanzlei, München.

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