Was Führungskräfte vermitteln müssen

Erfolgserlebnisse und Anerkennung – unverzichtbar

18.12.2009
Mitarbeiter brauchen eine klare Orientierung, klare Ziele und Sicherheit, meint Karl Heinz Lorenz.

Täglich wird mit Hingabe über die negativen Folgen der Krise berichtet, über negative Auswirkungen diskutiert, Ängste und trübe Aussichten ausführlich dargelegt. Mit deutlich weniger Überzeugungskraft erreichen uns Nachrichten über Fortschritte und Erreichtes. Beinahe, als wäre es unanständig, das Banner des Erfolgs mit Freude hochzuhalten, während drum herum so Manches in die Brüche geht. Doch genau das ist notwendig. Nichts nährt den Erfolg so sehr wie er sich selbst.

Gipfelstürmer

Eine Seilschaft beschließt: Diesen Berg erklimmen wir! Man bereitet sich vor und macht sich auf den Weg. Trotz Schweiß und Mühe scheitert der Aufstieg auf halbem Weg. Resigniert aufgeben? Keineswegs. Das Team erkennt, welche Fehler gemacht wurden, was noch nicht professionell vorbereitet und nicht trainiert war, und geht erneut an das Vorhaben. Beim zweiten Versuch wird der Gipfel fast erreicht, aber kurz vorher schlägt das Wetter um, und auch dieser Weg führt ohne den Sieg über den Berg wieder nach unten. Erst beim dritten Anlauf passt dann alles. Die Tour ist nun klasse vorbereitet, die Seilschaft hält zusammen, gibt wirklich alles und steht endlich, mit müden und trotzdem von innen heraus strahlenden Gesichtern auf dem Gipfel. Obwohl erschöpft und strapaziert, mit müden Gliedern und zerschundenen Händen - jetzt scheint alles möglich.

Dieses wunderbare Gefühl, ganz man selbst sein zu können, die eigene Leistungsfähigkeit komplett ausgekostet und die Erfahrung, bisherige Grenzen überwunden zu haben, ist einer der stärksten Impulse für erfolgreiche Menschen. Und genau diese braucht die Wirtschaft in der aktuellen, grässlichsten Krise seit Jahrzehnten.

Führungsangelegenheiten

Unternehmenslenker und Teamleiter sollten sich trotz dunkler Zeiten und erhöhtem Stresspegel der Erkenntnisse von Frederick Herzberg erinnern: Die beiden stärksten Motivatoren in der Arbeit sind Erfolgserlebnisse und Anerkennung. Darüber hinaus suchen Menschen, besonders in Krisensituationen, eine klare Orientierung, klare Ziele und Sicherheit. All dies sollte und muss in der Krise von Führungskräften aktiv geleistet werden. Unternehmen und Mitarbeiter, so meine ganz persönliche Meinung, haben sogar ein Anrecht auf ein gutes Geleit durch die Unbillen einer Krise hindurch. Die Priorität liegt dabei klar auf dem Erhalt der gemeinsamen Sache, des Unternehmens als solchem. Mehrheitsinteressen liegen dabei vor Einzelinteressen.

Doch zurück zur praktischen Umsetzung. Wenn Erfolgserlebnisse Leistung fördern, dann sind die Umstände so zu gestalten, dass Erfolg möglich ist. Die Krise selbst, die Umwelt kann ein Einzelunternehmen kaum beeinflussen. Doch haben wir Einfluss beispielsweise auf Zielvorgaben, Arbeitsverteilung und den zeitlichen Rahmen. Erfolgserlebnisse schaffen wir, in dem wir Ziele für kurzfristigere Etappen setzen und die Messlatte anspruchsvoll (immer in Relation zum Markt gesehen) jedoch für die Mitarbeiter überschreitbar legen.

Wenn Leistung fließt: Flow

Unter den positiven Gemütszuständen findet sich ein besonderer Begriff, der Flow. Das Besondere daran: im Flow sind wir in der Lage unsere individuell höchste Leistung abzurufen, ohne dabei in Gefahr zu geraten, uns, anderen oder der Sache, mit der wir beschäftigt sind, aus Stress heraus zu schaden. Die Kennzeichen von Flow bilden zugleich den Weg hinein in diesen besonders erstrebenswerten Gemütszustand. Hier einige wichtige: Wir sind ganz eins mit der Sache, an der wir arbeiten. Wir fühlen uns nicht gestört oder abgelenkt. Wir fühlen uns herausgefordert und strengen uns an. Für Führungskräfte bedeutet dies, ihren Mitarbeitern, Einzelpersonen wie auch Teams, die Rahmenbedingungen für Flow so oft es nur geht, zu schaffen.

Doch Mitarbeiter sind auch selbst gefragt, etwas für den eigenen Flow beizutragen. Insbesondere die Konzentration auf das Wesentliche immer wieder beherzigen, Ablenkungen (auch private) nicht noch selbst herbei zu führen und sich wirklich anstrengen. Anstrengung ist gut! Denken wir dabei an die Gipfelstürmer unserer Seilschaft aus dem Eingangsabsatz. Nur unter echter Anstrengung erfahren wir unsere tatsächliche Leistungsfähigkeit, können Grenzen antasten und sogar sprengen.

Erfolg darf gezeigt werden

Was wäre die schönste Leistung, ohne dass sie bemerkt würde? Und warum verstecken, was noch mehr anspornt, wenn es gesehen und geteilt wird? Während schlechter Zeiten wird mindestens doppelt soviel gejammert, wie in anderen. Dabei wäre bereits die Hälfte davon mehr als verträglich fürs Gemüt. Also raus aus dieser Opferhaltung! Leistung darf gezeigt werden und gute Ergebnisse doch erst recht.

Damit die positive, motivierende Wirkung nicht nur auf den ausstrahlt, der sich im Licht der Anerkennung befindet, sollten Führungskräfte darauf achten, dass Erreichtes, auch in Etappenzielen, sichtbar wird. Wenn Sie klar definierte (und realistisch erreichbare) Geschäftsziele mit Ihren Mitarbeitern anstreben, so visualisieren Sie jederzeit den Stand der Dinge. Geben Sie den Beteiligten die Möglichkeit, sich jederzeit daran zu orientieren. So ist immer deutlich, was wurde schon erreicht und was fehlt noch, um die Ziellinie gemeinsam zu überschreiten.

Definieren Sie Etappenziele auf dem Weg zum Finale, damit jeder Teilzielerfolg zur Motivation und weiteren Leistungsstimulation genutzt werden kann. Hohe Leistung und hohes Engagement darf stolz machen, stets ohne andere auszugrenzen, die trotz Anstrengung noch zurückliegen. Spornen Sie dagegen Leistungsträger an, Kolleginnen und Kollegen mitzuziehen, um gemeinsam noch mehr zu erreichen. Arbeiten Sie dabei beispielsweise mit dem Vergleich zur Seilschaft: Alleine und ohne Hilfe mögen wir vielleicht noch gut den Donnersberg erklimmen, doch gemeinsam und in gegenseitigem Vertrauen schaffen Menschen auch die allerhöchsten Gipfel.

Souveräne, uneitle Führungskräfte achten darüber hinaus darauf, von Mitarbeitern persönlich gezeigte Leistungen auch ganz persönlich rückzumelden. Versachlichen und distanzieren Sie Leistung nicht. Nur halb richtig: "Das Unternehmen dankt Ihnen." Ganz richtig: "Ich danke Ihnen."

Immer fair bleiben ...

Ein für zurückhaltende, etwas distanzierte Manager vielleicht skurril anmutendes Beispiel aus der Praxis. Während eines Arbeitsbesuchs bei einem Managementkollegen in einer englischen Schwesterfirma des Unternehmens, für das ich zu diesem Zeitpunkt arbeitete, erlebte ich folgende Szene: Der Vertriebsleiter, mit dem ich verabredet war, wusch auf dem Firmenhof im Blaumann das Auto eines Mitarbeiters seines Teams. Ich staunte ein wenig und wurde auf Nachfrage dazu aufgeklärt. Der Vertriebsleiter hatte folgenden Deal mit seinem Team: Am Ende jeder Arbeitswoche des Aktionszeitraumes wusch er ganz persönlich dem Erfolgreichsten im Team das Auto. Und das Auto des Vertriebsleiters? Das wusch der am wenigsten Erfolgreiche einer Woche. Fair ist Fair, das sehen Engländer ganz sportlich und das ist gut so!

Undenkbar für Sie? Dann denken Sie doch bitte über folgende Frage nach: Wenn wir immer nur tun, was wir immer getan haben, können wir dann ernsthaft mehr erwarten, als üblich? Besondere Leistungen und höchste Motivation? Jederzeit möglich. (oe)

Der Autor Karl Heinz Lorenz ist Diplom Betriebswirt (DH) Trainer, Dozent und Inhaber von LORENZ-SEMINARE Weidenthal/Pfalz.

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