Entwurf vorgelegt

EU will Kampf gegen Internetzensur aufnehmen

06.08.2008 von Armin Weiler
Eine Gruppe von acht Abgeordneten der vier großen Fraktionen im EU-Parlament hat gemeinsam einen Entwurf für einen "EU Global Online Freedom Act" veröffentlicht. Mit der geplanten Richtlinie wollen die Abgeordneten den Kampf gegen die weltweite Internetzensur aufnehmen. So soll etwa jährlich eine schwarze Liste mit jenen Ländern erstellt werden, die das Web zensieren. Als Konsequenz sieht der Vorschlag vor, dass die EU den Handel zu den gelisteten Nationen einschränkt. Zudem sollen 20 Mio. Euro pro Jahr aufgewendet werden, um Anti-Zensurwerkzeuge zu entwickeln und zu verbreiten. Wesentliche Neuerung des Entwurfs ist weiters die Aufnahme eines zusätzlichen Teils in den EU-Jahresbericht zur weltweiten Menschenrechtssituation. Dieser soll eine Einschätzung der Online-Freiheit in den verschiedenen Ländern darstellen und dabei Faktoren wie allgemeine Verfügbarkeit von Netzzugängen und Zensur von Internetinhalten durch die Regierung beinhalten.

Eine Gruppe von acht Abgeordneten der vier großen Fraktionen im EU-Parlament hat gemeinsam einen Entwurf für einen "EU Global Online Freedom Act" veröffentlicht. Mit der geplanten Richtlinie wollen die Abgeordneten den Kampf gegen die weltweite Internetzensur aufnehmen. So soll etwa jährlich eine schwarze Liste mit jenen Ländern erstellt werden, die das Web zensieren. Als Konsequenz sieht der Vorschlag vor, dass die EU den Handel zu den gelisteten Nationen einschränkt. Zudem sollen 20 Mio. Euro pro Jahr aufgewendet werden, um Anti-Zensurwerkzeuge zu entwickeln und zu verbreiten. Wesentliche Neuerung des Entwurfs ist weiters die Aufnahme eines zusätzlichen Teils in den EU-Jahresbericht zur weltweiten Menschenrechtssituation. Dieser soll eine Einschätzung der Online-Freiheit in den verschiedenen Ländern darstellen und dabei Faktoren wie allgemeine Verfügbarkeit von Netzzugängen und Zensur von Internetinhalten durch die Regierung beinhalten.

Der aktuell vorgelegte Entwurf, für den sich mit Eva Lichtenberger und Frithjof Schmidt unter anderem auch zwei Grünen-Abgeordnete aus dem deutschsprachigen Raum verantwortlich zeichnen, ist in 19 Paragraphen untergliedert. Über die bereits oben genannten Punkte hinaus, setzen sich die EU-Parlamentarier dabei konkret für die Errichtung eines eigenen Büros für globale Internetfreiheit im Bereich der Außenbeziehungen der Europäischen Union ein. Dieses soll eine weltweite Strategie zur Bekämpfung der Internetzugangsbeschränkungen der einzelnen Staaten erarbeiten und dem EU-Rat sowie dem Parlament bei der Erstellung der Liste mit den größten Zensurnationen behilflich sein. Als derzeitige Anwärter auf eine Nennung gelten laut dem Entwurf Länder wie Ägypten, Burma, Iran, Kuba, Saudi-Arabien, Syrien, Tunesien oder Usbekistan.

Natürlich findet sich auch das derzeit in der öffentlichen Diskussion stehende China unter den kritisierten Nationen. "Ein Nutzer, der sich in einem chinesischen Internetcafe ins Netz einloggt, erhält im Schnitt alle 30 Minuten eine Einblendung, die ihn darauf aufmerksam macht, dass er überwacht wird", beschreibt Clothilde Le Coz, Asien-Expertin von der Organisation Reporter ohne Grenzen (ROG), die gegenwärtige Situation in China. Im Umgang mit dem Medium während der Olympischen Spiele habe die chinesische Führung deutlich ihre Strategie gezeigt. "Übergeordnetes Ziel der chinesischen Führung sei es, eine objektive Berichterstattung zu verhindern", so Le Coz.

Auf die Zensurpraxis der in der Auflistung angeführten Länder sollte dem präsentierten Entwurf zufolge in Form von Exportbeschränkungen durch die EU reagiert werden. Weitere Vorschläge: Betreiber von Suchmaschinen oder Anbieter von Inhalten aus der EU dürfen keine Hardware in Zensurländer ansiedeln, auf der für ihre Dienste wichtige Daten aufbewahrt werden. Persönliche Nutzerdaten sollen zudem ausschließlich zu legitimen Strafverfolgungszwecken an derartige Staaten übermittelt werden dürfen. In keinem Fall dürfe dadurch ein Vorgehen gegen Nutzer unterstützt werden, die von ihrer Meinungsfreiheit Gebrauch machen. Ein Verstoß gegen diese Auflagen könnten sowohl zivil- als auch strafrechtliche Sanktionen nach sich ziehen, heißt es in dem Entwurf.

Die chinesische Internet-Zensur, mit der sich anlässlich der Olympischen Spiele in Peking auch ausländische Journalisten konfrontiert sehen, bleibt ein heißes Thema im Vorfeld der Spiele. Organisationen wie der Chaos Computer Club (CCC) und das Global Internet Freedom Consortium (GIFC) bieten Journalisten inzwischen Untersützung bei der Umgehung der "Großen Firewall" an. Dabei gibt es nicht nur Tipps, sondern auch geeignete Software-Tools, um die Internet-Zensur auszutricksen. Das GIFC hält entsprechende Werkzeuge zum Download bereit, während der CCC mit dem "Freedom Stick" sogar einen USB-Stick als einfache Lösung für Betroffene anbietet.

Zwar hat die chinesische Regierung auf internationalen Druck hin die Internet-Zensur für Journalisten bereits gelockert, doch sperrt die chinesische Große Firewall nach wie vor so manches Webangebot. "Die Zensur in China ist ein Symptom eines Überwachungsstaates, der von westlichen Konzernen seit Jahren technisch unterstützt wird", kommentiert Björn Pahls vom CCC die Situation. Mit welchen Tricks die moderne Mauer in China und auch in anderen Ländern mit Internet-Zensur umgangen werden kann, beschreibt der CCC auf einer speziellen Webseite .

Eine Möglichkeit ist eine VPN-Verbindung (Virtual Private Network), bei der ein Computer eine verschlüsselte Verbindung zu einem Endpunkt aufbaut. Diese Methode wird häufig genutzt, um Mitarbeitern von daheim oder unterwegs aus den sicheren Zugriff auf Firmennetzwerke zu ermöglichen - kann aber auch Zensoren aussperren. Viele Redaktionen böten VPN-Verbindungen bereits an, so der CCC. Journalisten sollten sich bei der jeweiligen IT-Abteilung erkundigen. Auch die Nutzung von Proxy-Servern außerhalb Chinas hilft, der Zensur zu entgehen. Dabei wird eine - möglichst SSL-verschlüsselte - Verbindung zu dem Server aufgebaut und alle Anfragen zunächst an ihn geleitet. Der Proxy vermittelt diese weiter und hat dabei freien Zugriff aufs Internet. Da Proxies aber entsprechend beliebte Ziele bei den Zensoren sind, rät der CCC eine größere Liste an Proxy-Servern und somit Ausweichmöglichkeiten zu kennen.

Ebenfalls möglich ist die Nutzung eines Anonymisierungsdienstes, bei dem Datenströme über mehrere Server umgeleitet werden, um so vor einer Analyse der Verbindungsdaten zu schützen. Das macht beispielsweise das Netzwerk des TOR-Projekts , auf dessen Software der Freedom Stick des CCC setzt. Er dient dazu, einfach eine Verbindung zum TOR-Netzwerk aufzubauen. Das Problem dabei ist laut CCC, dass nach dem deutschen Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung der Betrieb von TOR-Knoten in die Illegalität gedrängt wird. "Wir rufen die deutschen Behörden dazu auf, Anonymisierungsserver des TOR-Netzwerkes nicht mehr zu kriminalisieren, denn das schadet vor allem denjenigen, deren Leben in repressiven Staaten auf dem Spiel steht", sagt daher Pahls.

Die Große Firewall einreißen will auch die GIFC. Sie verweist anlässlich der Olympischen Spiele auf ihre Sammlung von Tools gegen die Internet-Zensur, die der Organisation zufolge bereits von einer Mio. Nutzern weltweit verwendet würden. Zu den Werkzeugen zählen unter anderem FreeGate und UltraSurf, die jeweils auf die Nutzung von Proxy-Servern setzen, sowie FirePhoenix, das mit VPN-Verbindungen zu Servern jenseits der Großen Firewall arbeitet. "Wir werden während der Olympischen Spiele laufend neue Releases veröffentlichen", verspricht Tao Wang, GIFC Director of Operations. Nutzer sollten regelmäßig Updates von der GIFC-Webseite beziehen, um über die Dauer der Veranstaltung unbeschränkt online bleiben zu können. (pte/rw)