Exklusivinterview mit Arnd von Wedemeyer

"Fachhandelsvertrieb ist absolut möglich"

29.07.2010
ChannelPartner sprach mit Arnd von Wedemeyer, Geschäftsführer bei Notebooksbilliger.de, über Themen wie den möglichen Vertrieb der kommenden Eigenmarke über den Fachhandel und fragte ihn nach den Geheimnissen eines erfolgreichen Online-Shops.

ChannelPartner sprach mit Arnd von Wedemeyer, Geschäftsführer bei Notebooksbilliger.de, über Themen wie den möglichen Vertrieb der kommenden Eigenmarke über den Fachhandel und fragte ihn nach den Geheimnissen eines erfolgreichen Online-Shops.

Herr von Wedemeyer, notebooksbilliger.de (NBB) hat sich entschieden, den Namen für die geplante PC-Eigenmarke über diverse Community-Kanäle von den Kunden entscheiden zu lassen. Wann wird das Kind seinen Namen bekommen?

Arnd von Wedemeyer, Geschäftsführer bei Notebooksbilliger.de: "Für uns wäre es eine völlig absurde Vorstellung, zehn Jahre immer das Gleiche zu machen."
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Arnd von Wedemeyer: Das wird kurzfristig passieren. Wir werden in den kommenden ein bis zwei Wochen unseren Kunden und Community-Mitgliedern zwischen fünf bis zehn der von der Community präferierten Vorschläge vorstellen. Dann geht es in die Endausscheidung, an der alle Kunden unseres Online-Shops und die NBB Community über Newsletter, Firmenblog, Facebook und Twitter teilnehmen können.

Wenn NBB die Eigenmarken-PCs baut, ist die Möglichkeit von Build-to-order geplant?
von Wedemeyer: Kann sein. Aber ich könnte Ihnen aktuell keine Wahrscheinlichkeitszahl nennen.

Die Geräte sollen über den Online-Shop und stationäre NBB-Shops vertrieben werden. Ist auch ein Verkauf über Ihr Systemhaus geplant?
von Wedemeyer: Das ist eine gute Frage. Ich denke, dass wir mit der Gehäuselinie eher auf B2C-Kunden abzielen. Wir müssten klären, ob diese Linie auch von B2B-Kunden angenommen würde oder ob man in diese Richtung eigene Produkte entwerfen müsste. Aktuell im Fokus steht aber die Auswahl der Gehäuse und der Zulieferanten. Bei den Gehäusen gibt es einige Entwürfe, die mir sehr gut gefallen und die auch einen Wiedererkennungswert haben.

Ein Wiedererkennungswert bei einem Gehäuse? Das NBB Orange?
von Wedemeyer: Um Sie nicht auf die falsche Fährte zu locken: Es wird keine komplett orangefarbenen Gehäuse geben. Aber sie werden sich design- und farbtechnisch von der üblichen Masse klar unterscheiden. Es ist für eine Marke wichtig, dass man sie sofort an ihrem Design erkennt.

Apropos übliche Masse: Wie haben die Hersteller, die ihre PCs über Notebooksbilliger.de verkaufen, auf Ihre Ankündigung der Eigenmarke reagiert? Hat jemand Bedenken geäußert, dass ihm dadurch Stückzahlen wegbrechen könnten?
von Wedemeyer: Bisher kam keine einzige Reaktion von den Hardwareherstellern. Es liegt auch nicht in unserem Interesse, nur noch unsere Eigenmarke zu verkaufen. Es soll ein Zusatzangebot für unsere Kunden sein, die sich mit Standardherstellerware nicht zufriedenstellen lassen.

Was erwarten diese Kunden?
von Wedemeyer: Sprechen wir mal von einem Multidevice-Haushalt mit unterschiedlichen IT- und Multimediaprodukten, die intelligent gesteuert werden. Heute haben zum Beispiel schon viele Familien einen Server oder einen Home-Theatre-PC. Das sind Geräte, die man nicht out-of-the-box sinnvoll einsetzen kann, wenn man etwas höhere Ansprüche hat. Warum werden in diesem Segment zum Beispiel nicht technisch durchdachte Geräte gebaut, die in allen Bereichen wirklich gut sind - auch aus Softwaresicht? Die Geräte sollten im Vorfeld sinnvoll konfiguriert werden, und dem Kunden sollte nicht ein Bauchladen voll mit CDs übergeben werden, die er nicht braucht und will.

Sie liefern dem Kunden ein Rundum-Sorglos-Paket?
von Wedemeyer: Ein Rundum-Sorglos-Paket, nein, aber es gibt gewisse Produkte und Nischenmärkte, in denen die Nachfrage noch gering ist. Und wir glauben, dass die Nachfrage besser wäre, wenn die Produkte besser auf die Bedürfnisse der Kunden abgestimmt wären. Wir prüfen in diesem Zusammenhang derzeit insbesondere die lizenzrechtlichen Fragen. Technisch ist das alles kein Problem. Aber man müsste zum Beispiel bei einer Softwarevorkonfiguration im Auftrag eines Kunden einen Lizenzvertrag, den der Kunde zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht kennt, annehmen.

Lassen Sie uns auf den Vertrieb der Eigenmarke zurückkommen. Wäre es denkbar, dass diese Eigenmarke auch über den Fachhandel vertrieben wird?
von Wedemeyer: Das ist absolut möglich. Zurzeit beschäftigen wir uns allerdings nicht vorrangig mit diesem Thema. Fokus ist derzeit die Thematik, wie wir die Rechner für unsere Kunden interessant machen und wie wir sie dann fertigen. Aber der Vertrieb über den Fachhandel ist grundsätzlich interessant für beide Seiten, und wir werden darüber nachdenken, wie und ob man das realisieren kann. Natürlich muss ich auch offen darüber sprechen, dass wir mit den neuen Produkten ein interessantes, attraktives Pricing anstreben, und das beißt sich in der Regel mit einer hohen Marge.

An diese Tatsache sind die Fachhändler von vielen anderen Herstellern bereits gewöhnt.
von Wedemeyer: Ich persönlich bin der Meinung, dass es mittelfristig einen Handels- und einen Dienstleistungskanal geben wird. Allein durch den Preisverfall ist es objektiv so, dass ein Fachhändler seine Dienstleistung berechnen und davon leben muss. Denn auch wenn die Marge bei traumhaften 20 Prozent läge, würde sich der reine Hardwareverkauf trotzdem nicht lohnen. Wir reden hier von einem Geschäftsmodell, in dem die klugen Fachhändler schon "geswitcht" haben und alle anderen eigentlich nicht davon existieren können.

Hier ein Auszug aus einem Kommentar eines Fachhändlers zu einem Artikel, zur geplanten NBB-Eigenmarke: "Da müsste sich Herr von Wedemeyer schon weit aus dem Fenster lehnen, um den Fachhandel mit ins Boot zu holen. Vorstellbar wäre das vielleicht mit attraktiven Konditionen im Notebook-Bereich. Aber was soll die Diversifizierung bei Notebooksbilliger: erst Store, jetzt Eigenmarken-PCs . . . Für mich sieht das eher nach rückläufigen Margen im Kerngeschäft aus."
von Wedemeyer: Weit aus dem Fenster lehnen würde ich mich nicht, da ich Höhenangst habe. Aber zum Thema: Unser Kerngeschäft sind Notebooks und mobile Endgeräte. Wir leben jedoch vom Experimentieren und agieren schnell am Markt. Für uns wäre es eine völlig absurde Vorstellung, zehn Jahre immer das Gleiche zu machen. Wenn ein Projekt nicht funktioniert, lassen wir es wieder. So arbeiten wir von Anfang an. Der Hauptunterschied ist derzeit jedoch, dass die mediale Aufmerksamkeit zum Thema Eigenmarke sehr viel größer ist als bei den Themen der vergangenen Monate, die sich um Neuerungen in unserem Kerngeschäftsfeld, dem Online-Shop, drehen.

Der Fachhändler hat in seinem Posting auch von möglichen rückläufigen Margen im Kerngeschäft gesprochen. NBB hatte viele Jahre lang regelmäßig positive Quartalsberichte veröffentlicht. Seit längerer Zeit kam dazu keine Meldung mehr.
von Wedemeyer: Ich bin langsam in Erklärungsnot geraten, Geschäftsentwicklungen mit der Kristallkugel begründen zu müssen. Wir veröffentlichen unsere Zahlen im Handelsregister, und jeder kann sie nachlesen. Unsere Umsatzzahlen erreichten 2009 ein schwaches Plus, und in diesem Jahr werden wir deutlich wachsen. Wir hängen auch vom Konsumverhalten und von äußeren konjunkturellen Einflüssen ab, bieten jedoch den Kunden attraktive Produkte zu spannenden Preisen und konnten uns so vom konjunkturell rückgängigen Umfeld im Krisenjahr 2009 mit einem stabilen Umsatzergebnis abheben.

Ihr letztes Projekt war der erste NBB-Store in München. Er hat die magische Testphase von drei Monaten überstanden. Wie zufrieden sind Sie mit der Entwicklung?
von Wedemeyer: Wir hatten in der Fläche nicht die dramatische Steigerung, die wir derzeit online haben, eher eine leichte lineare Steigerung. Allerdings ist der Trend in der Fläche insgesamt nicht so positiv wie online. Zudem haben wir auch bewusst keine Werbung mehr gemacht, sondern uns darauf konzentriert, dass wir das, was wir machen, auch wirklich gut machen.

Viktoria Belinsky leitet den Notebooksbilliger.de-Shop in der Nähe des Münchener Hauptbahnhofs.
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Gibt es bereits eine neue Store-Leitung?
von Wedemeyer: Ja, Viktoria Belinsky.

Frauenpower?
von Wedemeyer: Ja, auch die Geschäftsführung meines Notebook-Journals hat mit Sonja Rajsp eine Frau. Und mit unserer IT-Projektleiterin Nina Schwanzer und Monika Schubert als Leiterin Privatkundenbetreuung haben Frauen einen nicht unerheblichen Anteil an leitenden Positionen in unserem Unternehmen. Ich finde, dass Frauen in Führungspositionen häufig mehr Biss haben. Während Männer sich untereinander nicht auf die Zehen steigen möchten, sind Frauen ein wenig zielorientierter.

Notebooksbilliger.de ist einer der großen E-Tailer in Deutschland. Was ist das Geheimnis hinter einem gut laufenden Online-Shop?
von Wedemeyer: Lagernde Produkte und exklusiver Content.

Also kein Fulfillment der Distribution?
von Wedemeyer: Das bedeutet eine Logistikqualität, die stärker durchwachsen ist. Die Qualität in der Abwicklung muss extrem hoch sein. Und am besten hat man alles selbst in der Hand.

Für einen wirklich guten Online-Shop heißt das Motto: weg von der Distribution und wieder zurück zum eigenen Lager?
von Wedemeyer: Aus meiner Sicht ist es illusorisch, jetzt noch einen erfolgreichen Online-Shop zu starten, außer man hat ein gutes Nischenprodukt. Es ist für den Kunden wichtig, eine riesige Auswahl zu haben, hinterlegt mit Informationen, die ihm seine Entscheidung leicht machen - auch gegen ein Produkt. Der Content muss objektiv und gut sein.
Die Frage sollte lauten: Aus welchem Grund ist es für einen Kunden sinnvoll, bei mir zu kaufen? Im Falle eines neuen Shops, der keine Reputation, keinen besonderen Content und keine besondere Qualität hat, kann es nur der Preis sein. Gleichzeitig braucht man eine Preissuchmaschine, um zu demonstrieren, dass man den besten Preis hat. Das kostet Geld, und auch die Logistik kostet. Derzeit gibt es nur noch Spezialthemen, die meiner Meinung nach noch fehlen und die besetzt werden könnten.

Welche Themen?
von Wedemeyer: Das werde ich Ihnen nicht verraten.