Fachkräftemangel: Unternehmen fahnden in Hochschulen nach IT-Einsteigern

24.07.2007
Der Markt für Jobsuchende mit einem Studienabschluss in Informatik ist so gut wie seit dem Boomjahr 2000 nicht mehr.

Der Markt für Jobsuchende mit einem Studienabschluss in Informatik ist so gut wie seit dem Boomjahr 2000 nicht mehr. Berufserfahrene werden knapp. Deshalb halten rund 60 Prozent der Großunternehmen verstärkt Ausschau nach IT-Einsteigern.

Dies gilt vor allem für das SAP-Umfeld: 40 Prozent der IT-Firmen suchen nach Absolventen mit Spezialkenntnissen in SAP. In einigen Betrieben besteht die Zahl der SAP-Kräfte bereits zu 30 Prozent aus Junioren. Das sind die Ergebnisse der Studie "IT-Jobscout 2007" des Consulting- und Softwarehauses PPI AG, für die 624 Stellenanzeigen der 100 größten deutschen IT-Unternehmen im Mai 2007 ausgewertet wurden.

Haupteinsatzgebiet für Absolventen ist die IT-Beratung. Rund 40 Prozent der Stellenbeschreibungen richten sich an Bewerber mit entsprechenden Zielen und Qualifikationen. Anwendungsentwickler sind ähnlich begehrt: Knapp 30 Prozent der untersuchten Jobangebote sprechen gezielt IT-Personal mit Wissen im Software Engeneering an.

In Einsatzfeldern wie Qualitäts- oder Projektmanagement sowie im IT-Vertrieb haben es Einsteiger dagegen schwerer, unterzukommen. Hier spüren sie noch stärker die Konkurrenz durch Bewerber mit langjähriger Berufserfahrung.

Allerdings steht für die Mehrheit der Unternehmen außer Frage, dass weder die Kenntnisse aus den Hochschulstudiengängen ausreichen noch das Gelernte dauerhaften Wert hat. Vor allem IT-Nachwuchs, der in Prozessen denkt und ganzheitliche IT-Strategien entwickeln kann, ist gefragt. Prozesswissen und neue Technologien, unter anderem in Bezug auf Service Orientierte Architekturen (SOA) werden aber noch zu wenig in Hochschulen vermittelt. Die Bewerber müssen häufig zusätzlich lernen, um sich lukrative Jobangebote zu sichern.

Arbeitsabläufe und Geschäftsprozesse zu verstehen, ist heute essentielles Know-how für IT-Fachkräfte und die wichtigste Veränderung der Anforderungen.

In diesem Zusammenhang bekommen auch Quereinsteiger ihre Chance. Zwar richten sich 62,4 Prozent der Stellenausschreibungen an Bewerber mit Informatikabschluss, dies ist aber kein Muss. 36,3 Prozent der Unternehmen suchen Ingenieure, ein Drittel Wirtschaftswissenschaftler. In 12,1 Prozent der untersuchten

Stellenangebote lassen die Unternehmen die Studienrichtung bewusst offen. Selbst IT-Anfänger ohne Universitäts- oder Fachhochschulabschluss stellen mit einer vergleichbaren Berufsausbildung für die Akademiker eine Konkurrenz dar. Vor allem Berufseinsteiger mit einem hohen Verständnis für wirtschaftliche Zusammenhänge aus der Praxis haben gute Karten. Knapp 70 Prozent der IT-Firmen setzen bei ihrem IT-Nachwuchs betriebswirtschaftliche Kenntnisse voraus - egal was die Bewerber vorher studiert oder gelernt haben. Dies gilt auch für die Mehrheit der Jobpositionen.

Selbst bei der Hälfte der Jobangebote für Programmierer erwarten die Firmen BWL-Kenntnisse. Im Projektmanagement und für IT-Berater sind sie sowieso Pflicht.

Neben dem technischen und wirtschaftlichen Know-how geht es den Unternehmen vor allem um den Servicegedanken. Dies betrifft in erster Linie Stellenausschreibungen, die sich an künftige IT-Berater richten. Deshalb ist die Persönlichkeit der jungen IT-Fachkräfte ein entscheidender Faktor bei der Auswahl neuer Mitarbeiter. Ohne den Nachweis sozialer Kompetenzen haben Bewerber bei deutschen IT-Unternehmen schlechte Aussichten auf die Wunschposition. Mehr als drei von vier Personalchefs erwarten von den künftigen IT-Kräften vor allem Teamgeist. Zwar gibt es auch heute noch vereinzelt Anwendungsentwickler, die relativ abgeschottet programmieren. Bei der großen Mehrzahl der IT-Jobs handelt es sich dagegen um Teampositionen. Darüber hinaus gehören in mehr als 50 Prozent der zu vergebenen Jobs Kommunikationsstärke sowie Eigeninitiative zum Anforderungsprofil der IT-Mitarbeiter. Das zeigt, dass das Klischee vom kontaktscheuen, passiven Computerfreak schon längst der Vergangenheit angehört.

Ebenfalls überholt ist die These, nur Bayern und Baden-Württemberg seien die Hochburgen für IT-Jobs. Zwar stammen 45 Prozent der untersuchten Stellenangebote aus diesen beiden Bundesländern. Allerdings entstehen gerade im Westen der Republik reihenweise neue Arbeitsplätze für IT-Spezialisten. Vor allem der stetige Wandel der dort ansässigen Industrie zu modernen Technologiekonzernen sorgt für diesen Aufwind. 43 Prozent der IT-Stellen werden von Firmen aus dem Saarland, aus Nordrhein-Westfalen, Hessen oder Rheinland-Pfalz gesucht. Absolventen aus Nord- oder Ostdeutschland haben es dagegen schwer, eine Einstiegsposition in der Nähe ihrer Heimat zu finden. Nur 11,8 Prozent der IT-Jobs werden in Hamburg, Schleswig-Holstein, Bremen Niedersachsen oder einem der fünf östlichen Bundesländer vergeben. (mf)