Ratgeber Open-Source-Umstieg

Fahrplan für die Migration von Unix auf Linux

29.08.2013 von Aram  Kananov
Nicht nur aus Kostengründen wechseln auch kleine und mittelständische Unternehmen häufiger von proprietären Unix-Lösungen auf x86-Server mit Linux. Damit die Migration von Betriebssystem und Anwendungen reibungslos abläuft, sollten IT-Verantwortliche die Einsatzszenarien genau prüfen. So erkennen sie Hürden und senken die Risiken.

Lange Zeit waren proprietäre Unix-Plattformen in den Rechenzentren im Vergleich zu Großrechnern eine kosteneffiziente und zuverlässige Alternative. Doch mittlerweile müssen sich die klassischen RISC-Unix-Systeme immer mehr gegen Standard-Server mit x86-Prozessoren behaupten. Schließlich bieten aktuelle Standard-x86-Server eine stetig wachsende Prozessorleistung bei geringerem Energiebedarf. Sie punkten darüber hinaus mit umfangreichen RAS-Features (Reliability, Availability, Serviceability) für höhere Ausfallsicherheit, geringeren Anschaffungs- und Betriebskosten sowie einer höheren Flexibilität.

Dieser Trend spiegelt sich auch in der Entwicklung der weltweiten Umsätze mit Server-Betriebssystemen wider. Den Marktforschern von Gartner zufolge ging die Anzahl der weltweit verkauften Server im ersten Quartal 2013 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 0,7 Prozent zurück. Die Umsätze im weltweiten Servermarkt fielen sogar um fünf Prozent gegenüber dem ersten Quartal 2012. Interessant: Die Stückzahlen von x86-Servern blieben gleich, während sie 1,8 Prozent mehr Einnahmen generierten. RISC/Itanium-Unix-Systeme hingegen büßten 38,8 Prozent bei den Stückzahlen und 35,8 Prozent bei den Umsätzen ein. Dies sind untrügliche Zeichen dafür, dass immer mehr Unternehmen eine Migration von Unix-Systemen wie HP-UX, IBM-AIX oder Sun Solaris (jetzt Oracle) auf x86-Server mit dem quelloffenen Betriebssystem Linux planen.

Gängiges Szenario:
Die Migration einer externen Infrastruktur-Applikation, etwa zum Netzwerk-Backup, von UNIX auf eine vergleichbare Anwendung unter Linux.
Funktionale Anwendungen:
Die Migration einer funktionalen Business-Anwendung eines externen Anbieters kann einfach sein, wenn sie für Linux verfügbar und zertifiziert ist. Komplexer wird es bei proprietären funktionalen Anwendungen, die ein Unternehmen selbst entwickelt hat.
Konsolidierung:
Rechenvorgänge und Workloads, die bisher auf einer größeren Anzahl nicht komplett ausgelasteter UNIX-Systeme liefen, werden auf weniger x86-Systeme mit virtuellen Servern konsolidiert. Dieses Einsatzszenario ist typisch für Umgebungen, in denen Virtualisierung als strategisch wichtig angesehen wird.
Verteilung:
Workloads, die vorher auf einem großen UNIX-System liefen, werden auf mehrere kleinere x86-Systeme mit Linux verteilt. Damit lassen sich Hardware-Ressourcen auf kleinere Einheiten über mehrere Rechenzentren verteilen und skalieren. In diesem Szenario spielen Blades eine wichtige Rolle.
Ab in die Cloud:
Die Arbeitslast der bestehenden UNIX-Systeme wird auf Linux-Systeme übertragen, die in einer Cloud-Umgebung laufen. Das kann eine interne Private Cloud oder eine Public Cloud sein.

Vielfältige Gründe für die Migration

Die Gründe für eine Migration sind vielschichtig. An erster Stelle steht „Kosten sparen“. Dabei haben Unternehmen nicht nur die Ausgaben für den Hardware-Kauf (CAPEX, CAPital EXpenditure) im Auge, sondern auch Lizenz-, Administrations- und Wartungskosten sowie die Ausgaben für Strom und Kühlung (OPEX, OPerational EXpenditure). Der Einsatz proprietärer Systeme bindet Ressourcen und erfordert einen vergleichsweise hohen administrativen Aufwand. Zudem besteht die Gefahr, sich mit einem proprietären System zu sehr von einem Anbieter abhängig zu machen. Weitere mögliche Motive für die Migration von Unix auf Linux sind das Auslaufen der Server-Mietverträge, erweiterte Business-Anforderungen bei gleichzeitigen Budget-Beschränkungen, Fusionen oder Zukäufe von Unternehmen oder der Ersatz von nicht mehr zeitgemäßer Software. Sehr häufig ist auch eine Server-, Anwendungs- und Rechenzentrums-Konsolidierung das Ziel, um die vorhandenen Ressourcen effizienter zu nutzen, etwa mit Hilfe von Virtualisierung.

Andererseits will eine Migration von Unix auf Linux gut geplant sein. Am Anfang steht zunächst die genaue Analyse der Migrations-Umgebung, inklusive der fünf möglichen Migrationsszenarien. Überlegungen zu künftigen Einsatzszenarios helfen, Hürden bereits im Vorfeld zu erkennen und künftige Anforderungen zu antizipieren. Der Linux-Distributor Red Hat hat dazu einen Migrationsplan auf Basis von bewährten Prozessen entwickelt, der in fünf Phasen unterteilt ist. Er zeigt nicht nur das Potenzial einer Migration auf, sondern behandelt auch die Risiken, die mit verschiedenen Migrationsszenarien verbunden sind.

Fünf Migrationsszenarien

Bei jeder Betriebssystem-Migration gibt es fünf typische Szenarien, die es zu prüfen gilt:

Einsatzszenarien für Linux-Server prüfen

Zudem sollten die Unternehmen, die eine Migration von UNIX auf Linux beabsichtigen, überlegen, in welcher Form sie zukünftig die Linux-Server nutzen wollen. Abhängig vom Einsatz-Szenario können sie dann die optimale IT-Infrastruktur aufbauen und Kosten sparen. Grundsätzlich gibt es vier Einsatz-/Betriebsszenarien:

Strategischer Migrations-Plan mit fünf Phasen

Die folgende Tabelle zeigt idealtypisch einen strategischen Plan für die Migration von Unix auf Linux mit fünf Phasen:

Phase

Beschreibung

Ergebnisse

Typische Dauer

I: Analyse der Infrastruktur-Anwendungen und Aufbau einer Standard-Architektur

Analyse der bestehenden Solaris/AIX/HP-UX Infrastruktur, Anwendungen und Administrationsfunktionen (Ist-Zustand); daraus entstehen Vorschläge für ähnliche Funktionen in einer Enterprise Linux-Umgebung. Aufbau einer Standard-Architektur (SOE, Standard Operating Environment) auf Basis von Enterprise Linux (Soll-Zustand)

Report mit Empfehlungen zu Infrastruktur-Anwendungen

Aufbau einer Standard-Architektur

High-Level Infrastruktur

3 - 5 Wochen

II: Analyse der funktionalen Anwendungen

Analyse weiterer technischer und geschäftlicher Details wie Server-Größe, Service Level Agreements (SLAs), Zyklen der Server-Erneuerung, Qualifikations-Lücken, Training, IT-Prozesse, IT-Governance etc., um die Voraussetzungen in der Organisationsstruktur und die Migrationsrisiken zu prüfen

Report über die Risiken der Migration

Report über die bestehenden Voraussetzungen für die Migration in der Organisation

2 – 8 Wochen (sehr variabel, abhängig von der individuellen Situation und Komplexität der Anwendungen)

III: Analyse der Voraussetzungen und der Risiken

Analyse weiterer technischer und geschäftlicher Details wie Server-Größe, Service Level Agreements (SLAs), Zyklen der Server-Erneuerung, Qualifikations-Lücken, Training, IT-Prozesse, IT-Governance etc., um die Voraussetzungen in der Organisationsstruktur und die Migrationsrisiken zu prüfen

Report über die Risiken der Migration

Report über die bestehenden Voraussetzungen für die Migration in der Organisation

3 – 5 Wochen

IV: Strategische Planung der Migration

Kombination der Ergebnisse der Phasen I bis III und Erstellung einer detaillierten Roadmap für die Migration mit Übersicht der erforderlichen Tätigkeiten und Kostenschätzung für das gesamte Migrations-Projekt

Kostenschätzung für das gesamte Migrations-Projekt

Strategischer Fahrplan für die Migration

3 – 5 Wochen

V: Umsetzung der Migration

Externe Dienstleister können mit Workshops, Trainings und Services bei der Migration helfen

Migration der Server

TBD