Flucht aus der lästigen Sozialversicherungspflicht

02.02.2006 von Prühls 
Als selbstständig agierender Geschäftsführer einer GmbH den umsatzsteuerlichen Status eines "freien" Unternehmers zu haben bzw. zu bekommen, ist nach einer in 2005 erfolgten Trendwende der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs durchaus möglich. Wie es funktioniert, erklärt Dr. Hagen Prühs.

Als selbstständig agierender Geschäftsführer einer GmbH den umsatzsteuerlichen Status eines "freien" Unternehmers zu haben bzw. zu bekommen, ist nach einer in 2005 erfolgten Trendwende der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs durchaus möglich bzw. gestaltbar. Noch interessanter wird es für GmbH-Chefs, wenn auch sozialversicherungsrechtlich keine Einstufung mehr als Arbeitnehmer erfolgt.

Der besondere Vorteil eines steuerlich anerkannten Unternehmerstatus ist, dass der Geschäftsführer zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Das heißt, er bekommt damit (nach derzeitigem Umsatzsteuersatz) 16 Prozent der Kosten z.B. für Bau- oder Handwerkerrechnungen vom Finanzamt zurück, ohne eine andere unternehmerische Tätigkeit ausüben zu müssen. Dabei kann er vom Vorsteuerabzug auch in ganz erheblichem Umfang in seinem Privatbereich profitieren, so etwa, wenn er seine sonst selbstgenutzte oder zu Wohnzwecken vermietete Immobilie zu mindestens 10 Prozent für seine unternehmerische Geschäftsführertätigkeit nutzt. Dann darf er sie (wahlweise) bis zu 100 Prozent seinem sog. Unternehmervermögen zuordnen, wie sich aus der neueren EuGH- und BFH-Rechtsprechung ergibt.

Ein weiterer Vorteil ist möglich, wenn man davon ausgeht, dass diese Rechtsprechungs-Entwicklung sich auch auf die lästige Sozialversicherungspflicht von GmbH-Geschäftsführern auswirkt. Doch rein formal-juristisch gilt: Das Steuer- und Sozialversicherungsrecht sind zwei verschiedene Paar Schuhe, so dass es die Sozialversicherungsträger grundsätzlich nicht kümmert, wie die Finanzverwaltung Dinge einordnet - und das, obwohl das Lohnsteuer- und Sozialversicherungsrecht auf Grund vielfältiger Überschneidungen mittlerweile so eng miteinander verzahnt ist, dass eine uneinheitliche Beurteilung systemwidrig erscheint. Vor diesem Hintergrund ist folgendes Szenario durchaus denkbar: Der Geschäftsführer gilt steuerlich zwar als Unternehmer, sozialversicherungsrechtlich wird dies aber in Zweifel gezogen.

Allerdings dürfte ein solches Ergebnis kaum vertretbar sein, da der Wandel in der höchstrichterlichen Rechtsprechung zum Unternehmerstatus eines GmbH-Geschäftsführers unter anderem auf die neuere Umsatzsteuer-Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zurückzuführen ist. Dies wird auch vom Bundesfinanzhof besonders betont. Einen Geschäftsführer steuerlich als Unternehmer zu behandeln, ihn gleichzeitig aber sozialversicherungsrechtlich als Arbeitnehmer einzustufen, ist also nicht nur ein Widerspruch in sich, sondern außerdem noch EU-rechtswidrig.

Hat das Finanzamt z.B. im Rahmen einer Betriebsprüfung den Status als Geschäftsführer ausgiebig geprüft und ist zu dem Ergebnis "kein Arbeitnehmer" gekommen, sollte man dies dem Sozialversicherungsträger entgegenhalten und auf einer einheitlichen Handhabung bestehen. Um ihm gegenüber Ihren Standpunkt besser vertreten zu können, kann man sich die Negativ-Einschätzung, dass keine Arbeitnehmertätigkeit vorliegt, durch eine Lohnsteuer-Anrufungsauskunft bestätigen lassen.