Freiberufliche Anerkennung: Informatiker im Visier der Behörden

13.12.2007 von Peter Brenner
Finanzämter und die Deutsche Rentenversicherung Bund kontrollieren Selbstständige in der Informatik häufiger als in den vergangenen Jahren. Vor allem Existenzgründer sollten deshalb die zukünftige Selbstständigkeit gut vorbereiten, denn die freiberufliche Anerkennung bringt einige Vorteile mit sich.

Für selbstständige Informatiker existiert weiterhin das gleiche Risiko: Auch wenn sie in der Vergangenheit von ihrem Finanzamt bereits ein Signal für die Anerkennung als Freiberufler erhalten haben, können sie diesen anzustrebende Status jederzeit wieder verlieren, beispielsweise durch eine Betriebsprüfung. Im Falle einer dann diktierten Gewerblichkeit muss der Betroffene häufig hohe Gewerbesteuerzahlungen samt Zinsen für verspätete Nachzahlung leisten. Ähnliche Risiken gelten auch für die Rentenversicherungspflicht. Die Anrechenbarkeit der Gewerbesteuer ändert bei hohen Gewinnen wenig an dieser negativen Ausgangsposition. Der Gewerbetreibende muss zudem andere gravierende Nachteile in Kauf nehmen, wie die Pflichtmitgliedschaft in der IHK, die Bilanzierungspflicht, die doppelte Buchführung und damit verbundene erheblich höhere Honorarkosten seines Steuerberaters.

Finanzämter verlangen Beweise

Wer glaubt das im Jahr 2004 veröffentlichte BFH-Urteil mit dem Tenor "Anwendersoftwareentwicklung kann freiberuflich sein" erleichtere die freiberufliche Anerkennung, der irrt. Im Gegenteil: Die Finanzämter, ebenso wie die Finanzgerichte, verlangen umfangreiche Unterlagensammlungen als Nachweis der Freiberuflichkeit. Dem zu Folge sind unter anderem Selbstdokumentationen, Wissensvergleiche, Tätigkeitsbeschreibungen, Bestätigungen, Referenzen und Arbeitsergebnisse vorzulegen. Dabei kommt es nicht nur auf die Ausbildung, sondern auch auf die Tätigkeitsinhalte und die ingenieurmäßige und ingenieurvergleichbare Vorgehensweise an. Seit 1987 sind durch die Finanzgerichte und den BFH zahlreiche Urteile ergangen, die sich teilweise widersprechen und beim Leser für Verwirrung sorgen. Umso mehr ist eine stringente Beweisführung erforderlich.

Rückwirkende Anerkennung möglich

Doch auch, wenn ein Informatiker seinen Status als Freiberufler bereits verloren hat, kann er durch den Vortrag neuer Tatsachen die rückwirkende Anerkennung und so die Rückzahlung bereits gezahlter Gewerbesteuer erzielen. Versüßt wird dieser Erfolg durch die Zahlung von steuerfreien 6 Prozent Zinsen pro Jahr, also brutto für netto. Doch Vorsicht vor Verjährung: Jeweils zum 31.12. eines Jahres geht ein rückwirkendes Jahr verloren, weil es dann endgültig verjährt. Gerechnet vom Zeitpunkt der Abgabe einer Gewerbesteuererklärung plus 4 Jahre, ist ermittelbar bis zu welchem Jahr eine Rückwirkung erzielbar ist. Beispiel: Für das Jahr 2002, abgegeben in 2003 plus 4 Jahre, das heißt Einspruch möglich bis 31.12.2007. Bei einer überzeugenden Beweisführung ist dies eine der wenigen Möglichkeiten vom Finanzamt Steuern erstattet zu bekommen.

Deutsche Rentenversicherung Bund verstärkt Kontenklärungen

Eine raffinierte Methode wendet aktuell die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRB) an. Statt ausschließlich Betriebsprüfungen durchzuführen, wird schriftlich um Klärung nicht erklärter Zeiten gebeten. Dadurch erfährt die DRB erstmalig von der Selbstständigkeit eines Informatikers und prüft daraufhin eine vorliegende Rentenversicherungspflicht. Erhält der Informatiker mehr als 5/6 seiner Einkünfte von einem Auftraggeber und beschäftigt er keinen Angestellten, befindet er sich in höchster Gefahr maximal bis zu 24.000 Euro Höchstbeiträge für 4 Jahre nachzuzahlen.

Der Einsatz eines Angestellten mit mindestens 401 EUR Monatsverdienst wird, auch vom Finanzamt, nur bei korrekter Einhaltung aller Formalien (Lohnsteuerkarte, eigenes Konto, Vertrag mit Stellenbeschreibung) zur Lösung des Problems führen. Eine optimale Alternative bietet der Einsatz eines Büroservices. Die Freistellung für drei Jahre ist nicht empfehlenswert. Sie führt zu gravierenden Nachteilen.

Gutachtenerstellung im Vorfeld

In vielen Fällen ist es sinnvoll, die Anerkennung als Freiberufler mit Hilfe eines durch einen fachkundigen Sachverständigen erstellten Gutachtens zu erlangen. Bei dieser Vorgehensweise müssen allerdings einige Voraussetzungen erfüllt sein. Zum einen ist mit dem zuständigen Finanzamt zu vereinbaren, dass ein Gutachten vorgelegt wird. Zum anderen ist wichtig im Vorfeld einen Beweisbeschluss zu definieren, auf Grund dessen der Sachverständige ein Gutachten erstellt. Mit Hilfe einer Synopse wird der Gutachter anschließend die Ausbildung des Klienten akribisch untersuchen und vergleichend darstellen. Genauso detailliert sind die Tätigkeitsfelder zu analysieren und zu bewerten, sowie die Ingenieurvergleichbarkeit zu verdeutlichen. Durch ein fundiertes und nachvollziehbares Gutachten ist die Anerkennung als Freiberufler innerhalb weniger Wochen erreichbar.

Staatlich gefördertes Coaching für Existenzgründer

Vor Beginn und in den ersten drei Jahren der Selbstständigkeit ist eine zu 50 Prozent staatlich geförderte Existenzgründungsberatung sinnvoll, um beim Start in die Selbstständigkeit fehlerlos zu agieren. Im Rahmen dieses Coachings werden Strategien für die Akquisition und das Marketing im Informatikbereich definiert. Außerdem sind Geschäftsfelder für zukünftige Aufgabengebiete zu finden, Netzwerke aufzubauen, Versicherungsfragen einschließlich der Altersversorgung zu klären, vertragliche Gestaltungen der Haftungsproblematiken und des Kundenschutzes vorzunehmen und eine optimale steuerliche Gestaltung zu erreichen. Die Betriebsanmeldung beim Finanzamt, die vertragliche Gestaltung, die Rechnungsschreibung, das Firmenlogo, die Homepage und der erste Jahresabschluss sind für die Anerkennung als Freiberufler von existentieller Bedeutung. Innerhalb des Coachings erstellte gutachterliche Testate verhindern die Gewerblichkeit und die Rentenversicherungspflicht. Zudem könnte die Mitgliedschaft in einem Berufsverband, zum Beispiel im Berufsverband der Selbständigen in der Informatik (BVSI e.V, www.bvsi.de) von Vorteil sein.

Gefahren bei einer Betriebsprüfung

Die Wahrscheinlichkeit einer Betriebsprüfung wird auch für den häufig als Einzelunternehmer agierenden Informatiker immer größer. Es ist sicher, dass Informatiker zukünftig viel häufiger als in der Vergangenheit einer Betriebsprüfung ausgesetzt sind. Diese hat das Ziel steuerliche Mehreinnahmen zu erzielen. In der Regel prüft das Finanzamt drei Geschäftsjahre. Kommt neben nachzuzahlender Einkommensteuer noch Gewerbesteuer hinzu, geht es bei dem Berater schnell um einen nachzuzahlenden fünfstelligen Steuerbetrag. Eine gewaltige Summe, die hier auf dem Spiel steht. Deshalb ist empfehlenswert sich auf eine Betriebsprüfung vorbereiten zu lassen. Eine kritische Überprüfung der Buchhaltung zu häufig strittigen Prüfungsfeldern wie Telefonkosten, Reisekosten, Ehegattenarbeitsverträgen, Auslandsgeschäften, Fahrtenbuch, Firmen-Pkw oder Privatkonten ist erforderlich.

Zum Autor: Peter Brenner ist seit 1978 Informatiker und als Existenzgründungsberater/Coach sowie Sachverständiger im Bereich der Informatik tätig. Email: peterbrenner@t-online.de, Telefon: 0172/5470892, Internet: www.svkanzlei.de (gn)