Regeln beachten

Führen mit Zielen – aber richtig

08.03.2013
Wenn Mitarbeiter eigenständig und -verantwortlich arbeiten sollen, ist das Vereinbaren von Zielen wichtig, denn sie benötigen im Alltag eine Orientierung. Damit das Führen mit Zielen funktioniert, müssen Führungskräfte gewisse "Regeln" beachten, sagt Alexander Pifczyk.

Nur wenige Managementthemen sind so gut erforscht, wie der Zusammenhang zwischen Zielen und der Leistung von Mitarbeitern. Und die SMART-Formel? Sie gehört zum Standardrepertoire von Führungskräften. Sie wissen: Ziele sollten

- Spezifisch

- Messbar

- Akzeptiert

- Realistisch und

- Terminiert

sein. Denn das Vereinbaren von Jahreszielen und das unterjährige Besprechen der (Zwischen-)Ergebnisse sind heute Standard im Führungsalltag.

Doch werden die Erkenntnisse der Forschung tatsächlich im unternehmerischen Alltag genutzt? Ist dem Management bekannt, wie und unter welchen Umständen sich Ziele positiv auf die Leistung auswirken? Mangelndes Wissen um die Wirkung von Zielen, führt schnell zu einem rein technischen Umgang mit ihnen und gefährdet den Erfolg.

Wichtige Voraussetzungen

Ein Ziel kann seine steuernde Wirkung nur unter folgender Prämisse entfalten: Der Mitarbeiter hat sich das Ziel entweder selbst gesetzt, oder er akzeptiert die Zielvorgabe als für ihn wichtig. In folgenden Fällen sind hieran Zweifel angebracht:

- Der Vorgesetzte geht unausgesprochen davon aus, dass eine Unternehmensvorgabe durch den Mitarbeiter akzeptiert wird. Kopfnicken wird als Bestätigung angesehen; manchmal reicht schon das Ausbleiben von Kritik.

- Der Mitarbeiter antwortet auf die Frage seines Vorgesetzten, was er sich für das nächste Jahr vornimmt, mit allgemeinen Formulierungen wie: "Ich will besser werden." Oder: "Ich werde mehr auf Kunden zugehen." Oder: "Ich werde mich noch mehr für das Unternehmen einsetzen."

Im ersten Fall sind Zweifel angebracht, was der Mitarbeiter tatsächlich denkt und ob er sich an die Zielvorgabe gebunden fühlt. Und im zweiten Fall hat er sich kein Ziel gesetzt, sondern nur eine Absicht erklärt. Der Mitarbeiter will "sein Bestes geben".

Auf die steuernde Wirkung von Zielen zu setzen, bedeutet als Führungskraft dafür zu sorgen, dass der Mitarbeiter

- das Ziel (also das angestrebte Ergebnis) vollständig akzeptiert und konkret und lebendig vor Augen hat,

- Entscheidungen über den persönlichen Ressourceneinsatz mit Blick auf die Zielerreichung trifft,

- seine Ausdauer und Anstrengung erhöht, wenn das für die Zielerreichung wichtig ist, und

- diejenigen Handlungen auswählen, die der Zielerreichung am Meisten dienen.

Ziele sind keine Wünsche, sondern eine konkrete Vorstellung von einem künftigen Handlungsergebnis. Erst dann entfalten sie ihre leistungsförderliche Wirkung.

Aufgaben der Führungskraft

Was kann der Vorgesetzte unternehmen, um den beschriebenen Prozess bei seinen Mitarbeitern in Gang zu setzen?

- Die Hintergründe für Zielvorgaben genau erläutern, damit sie verstanden werden und ein Mitdenken möglich wird.

- Vorgetragene Bedenken des Mitarbeiters ernst nehmen, denn sie zeigen, dass er sich gedanklich mit der Zielvorgabe auseinandersetzt und grundsätzlich bereit ist, Zielvorgaben zu akzeptieren.

- Den Mitarbeiter von der Wichtigkeit des Ziels überzeugen. Das setzt voraus, dass die Führungskraft selbst von dem Ziel überzeugt ist und sich exzellent auf das Gespräch vorbereitet hat.

- Alles mit dem Mitarbeiter besprechen, was die Zielerreichung gefährden kann. Das erhöht die Realisierungschancen und die Bindung des Mitarbeiters an das Ziel.

- Kreativität zulassen. Möglicherweise sieht der Mitarbeiter alternative Wege der Zielerreichung oder kann andere wichtige Aspekte beitragen, die dem Unternehmen dienen.

- Ruhig und gelassen bleiben. Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut. Wenn beim Mitarbeiter Zweifel an der Richtigkeit oder Erreichbarkeit des Ziels bestehen, sollte die Führungskraft ihm Zeit zum Nachdenken und die Chance auf ein zweites Gespräch geben.

Kommunikation wird unterschätzt

Wichtig ist auch folgender Aspekt: Eine einmal getroffene Entscheidung über ein wichtiges Ziel wird nur dann kontinuierlich verfolgt, wenn der Mitarbeiter sich während der gesamten Zeit an das Ziel gebunden fühlt. Hier wird der Aspekt Kommunikation oft unterschätzt. Wenn Vorgesetzte nach einem Zielvereinbarungsgespräch das Thema für "erledigt" halten, begehen sie einen Fehler. Ein Nachfragen in informellen Gesprächen zwischen den vereinbarten Reports signalisiert dem Mitarbeiter: An der Wichtigkeit des Ziels hat sich nichts geändert, und er tut gut daran, es weiter zu verfolgen.

Das Ausbleiben von Nachfragen hingegen kann als Desinteresse seitens der Führungskraft ausgelegt werden. Dann kann der Mitarbeiter schnell zur Auffassung gelangen, dass jetzt andere Themen im Vordergrund stehen oder der Vorgesetzte sich für gänzlich andere Themen interessiert.

Ziele und Feedback

Das Feedback gilt als bedeutende Moderatorvariable in der Zielsetzungstheorie. Feedback kann wie ein Turbo wirken - und zwar wenn das Feedback zur Zielerreichung zeitnah und sachlich vermittelt wird. In diesem Fall erhält der Mitarbeiter rechtzeitig Informationen darüber, ob er "auf Kurs liegt". Das ermöglicht es ihm, seine Anstrengung und Ausdauer oder die Ausrichtung seiner Handlungen so anzupassen, dass die Zielerreichung näher rückt.

Fehlendes Feedback oder eine Rückmeldung zur falschen Zeit hingegen schwächen die Zielsetzungswirkung ab.

Nicht immer ist es möglich, ein sachlich vermitteltes Feedback zu geben. In manchen Fällen erfolgt das Feedback sozial vermittelt über den Vorgesetzten. Angelehnt an die Zielsetzungstheorie von Locke und Latham wiesen die beiden israelische Forscher Kluger und deNisi nach, dass Feedback sich nicht in allen Fällen leistungsfördernd auswirkt. In einem Drittel der von ihnen untersuchten Studien war es sogar leistungsmindernd. Detailuntersuchungen ergaben, dass die Art, wie das Feedback vermittelt wird, für diese Effekte verantwortlich ist.

Leistungsförderlich ist ein Feedback, das sich unmittelbar auf die Aufgabe oder auf die Aufgabendetails bezieht. In diesem Falle richtet der Mitarbeiter seine Aufmerksamkeit auf die Aufgabe und ihre Bewältigung, und er wird zum Lernen angeregt. Leistungsmindernd hingegen sind Bewertungen, die sich auf die Person des Mitarbeiters (im Positiven wie im Negativen) beziehen. Formulierungen wie "Ich kann nicht erkennen, dass Sie einen konstruktiven Beitrag leisten…" führen dazu, dass sich die Aufmerksamkeit des Mitarbeiters von der Aufgabe abwendet und er eine Verteidigungshaltung einnimmt. Ähnlich ist es umgekehrt. Der Hinweis "Sie sind großartig…" löst häufig Selbstgefälligkeit aus und führt eher zu einem Sinken statt Anstieg der Leistung. Die Führungskraft sollte also eher neutral fragen: "Was genau haben Sie erreicht?" Und: "Wie haben Sie das erreicht?"

Fazit

Zielvereinbarungsgespräche sollen das Fundament für eine positive Entwicklung der Leistung der Mitarbeiter sein. Das setzt Offenheit, Überzeugungskraft und eine gute Vorbereitung seitens der Führungskraft voraus. Und nach der Zielvereinbarung ist eine regelmäßige Kommunikation über den aktuellen Grad der Zielerreichung nötig. Zeigen Sie als Führungskraft Ihren Mitarbeitern, dass das vereinbarte Ziel weiterhin gilt und eine konsequente Zielverfolgung wichtig ist. Mit Ihrem Feedback regen Sie Ihre Mitarbeiter zum Lernen und zur persönlichen Entwicklung an. Nutzen Sie diese Chance. (oe)

Der Autor Alexander Pifczyk ist Diplompädagoge. Er arbeitet als Trainer und Berater für den Geschäftsbereich Leadership Development der Unternehmensberatung Dr. Kraus & Partner, Bruchsal.
Kontakt:
Tel. 07251 989034, E-Mail: info@krauspartner.de