Software on demand

Gartner: Microsoft gegen Google

07.03.2008
Diese Woche auf der CeBIT hat Microsoft die eigene SaaS-Strategie verkündet. Was der Marktorscher Gartner davon hält, lesen Sie bitte hier:
Software, die sich der Endkunde bequem am Browser zusammen stellen kann: Was mit GoogleApps anfing, setzen nun Microsoft, SAP & Co. fort.
Foto: Ronald Wiltscheck

Diese Woche auf der CeBIT hat Microsoft die eigene SaaS-Strategie verkündet. Was der Marktorscher Gartner davon hält, lesen Sie bitte hier:

Als Reaktion auf die Wettbewerbsbedrohung durch Google, und dabei eine signifikante Geschäftsmöglichkeit wahrnehmend, hat Microsoft konkrete Pläne für ein Software-as-a-Service (SaaS)-Modell für Exchange und SharePoint veröffentlicht.

Dazu meint Matthew W. Cain von der Gartner Group: Am 2. März 2008 kündigte Microsoft eine Beta-Version für eine 'Multitenant'-Server SaaS-Plattform (Software as a Service, Anm. d. Red.), die zunächst für den Einsatz mit E-Mail und Teamware (SharePoint) bestimmt ist, aber unserer Meinung nach im Laufe der Zeit auf andere Applikationen wie zum Beispiel Office ausgedehnt werden wird. Die Auslieferung der Plattform ist für das vierte Quartal 2008 geplant. Microsoft bietet bereits eine Server SaaS-Plattform für Unternehmen mit mehr als 5.000 Seats an. Diese Implementierung ist nun für Organisationen mit einer Seat-Anzahl von unter 5.000 gedacht. Preise wurden noch nicht bekannt gegeben.

Zwei Tage zuvor, am 28. Februar, hatte Google die Verfügbarkeit von 'Google Sites' bekannt gegeben. Google Sites wird ohne zusätzliche Kosten in alle Versionen von Google Apps (Googles SaaS-Suite von Produktivitätsapplikationen für Einzel- und Gruppenanwender) integriert.

Damit ist der Kampf um die Kontrolle des Marktes für Gruppenproduktivitäts-Tools ist in der vergangenen Woche weiter eskaliert. Google erweiterte die Google Apps um eine Applikation für Gruppenarbeit (Google Sites), und Microsoft stellte eine SaaS-Lösung für Exchange und SharePoint für kleine und mittelständische Unternehmen vor – die selbe Käuferschicht, die Google fokussiert. Google Sites wird direkt mit dem sich rasch verbreitenden SharePoint konkurrieren, dabei aber deutlich unter dessen Preisen liegen.

Das SaaS-Modell befindet sich noch in seinen Anfängen, verfügt jedoch insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen (KMUs) über beträchtliche Attraktivität. Der Grund: Es bietet feste monatliche Gebühren, macht weitgehend unabhängig von operativem Management, entbindet von Upgrade-Verpflichtungen und verursacht in einigen Fällen auch niedrigere Kosten. Das Potential des SaaS-Liefermodells hat die Dynamik der Hersteller entscheidend beeinflusst und war Auslöser für Ciscos Übernahme von WebEx, Yahoos Kauf von Zimbra, Googles Akquisition von Postini und Dells Kauf von MessageOne. Darüber hinaus hat es SAP zur verstärkten Investition in seine Business ByDesign-Plattform bewegt.

Gartner erwartet einen entscheidenden Einfluss des SaaS-Modells auf die Art und Weise, wie Unternehmen während der nächsten fünf Jahre IT-Services bereitstellen, betreiben und konsumieren werden. Microsofts Investitionen in SaaS sind sowohl ein offensiver Schritt zur Generierung von operativen Umsätzen (zusätzlich zu den Lizenzgebühren) als auch eine defensive Maßnahme, um potentielle Marktanteilsverluste an Hersteller wie Google abzuwehren.

Die Herausforderungen, denen Microsoft dabei gegenübersteht, sind beträchtlich. Während der Softwarehersteller eine der größten öffentlichen Portalseiten in der Industrie betreibt, erfordert die Bereitstellung umfangreicher SaaS-Services für Geschäftsanwender entscheidende Expertise in Hochverfügbarkeit, Sicherheit, 'Multitenant'-Architekturen (multimandantenfähig), Netzwerktopologien und Problemlösung. Zudem muss Microsoft seine bestehende Software rückanpassen an das Multitenant-Server-Modell. Es wird mindestens bis zur nächsten Version von Exchange (erwartet in 2011) dauern, bis Microsoft-Kernprodukte über eine verbesserte Architektur verfügen, um in einem Multitenant-SaaS-Modell betrieben werden zu können.

Microsofts substantieller Marktanteil im E-Mail- und Teamware-Markt, insbesondere bei KMUs, sowie die zunehmende Akzeptanz von SaaS-Geschäftsmodellen schaffen signifikante Geschäftsmöglichkeiten für Microsoft. Gartner geht davon aus, dass im Vergleich zu einem Prozent im Jahr 2007, bis zum Jahr 2012 etwa 20 Prozent der E-Mail Seats in Unternehmen ein SaaS-Bereitstellungsmodell nutzen werden.

Daher empfiehlt Gartner potentiellen SaaS-Kunden:
- Entwickeln Sie ein Bewertungs-Schema für SaaS-Angebote in Vorbereitung auf das innerhalb der nächsten Jahre zu erwartende starke Hersteller-Engagement in diesem Marktsegment.
- Pilotieren Sie Microsofts SaaS-Lösungen bei Bedarf schon in 2008, doch setzen Sie diese erst ein, nachdem ihr Reifegrad erwiesen ist – dies wird voraussichtlich 12 bis 18 Monate dauern. (rw)