Voraussetzung, Inhalt, Form, Muster

Gegendarstellung im Internet

20.08.2014 von Renate Kropp
Bei Zeitungen, Zeitschriften, im Rundfunk und im Fernsehen ist die Gegendarstellung schon seit langem bekannt und ein probates Mittel des Einzelnen, sich gegen eine unzutreffende Berichterstattung zur Wehr zu setzen. Auch im Online-Bereich besteht die Möglichkeit einer Gegendarstellung.

Die Gegendarstellung ist Ausfluss des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und gibt dem Einzelnen die Möglichkeit, auf die Darstellung seiner Person in der Öffentlichkeit, insbesondere in den Medien, Einfluss zu nehmen. Der Gegendarstellungsanspruch ermöglicht es dem von einer öffentlichen Berichterstattung Betroffenen, seine eigene Sachverhaltsdarstellung der Öffentlichkeit zur Kenntnis zu bringen. Die Voraussetzungen des Gegendarstellungsanspruchs in Telemedien sind in § 56 Abs. 1 Rundfunkstaatsvertrag (RStV) geregelt.

Anspruch auf eine Gegendarstellung? Wenn in einer Äußerung beide Elemente vermischt sind, ist die Abgrenzung zwischen einer Tatsachenbehauptung und einer Meinungsäußerung problematisch.
Foto: cunico - Fotolia.com

Tatsachenbehauptung

Voraussetzung für eine Gegendarstellung ist stets, dass es sich bei der Behauptung, gegen die sich die Gegendarstellung wendet, um eine Tatsachenbehauptung handelt. Eine Tatsachenbehauptung ist dann gegeben, wenn die Aussage mit Mitteln des Beweises auf ihre Richtigkeit überprüft werden kann.

Keinem Beweis zugänglich sind reine Meinungsäußerungen, wie z. B. die Aussage, eine Person sei zu dumm zum Autofahren. Dem Beweis zugänglich ist hingegen die Aussage, eine Person habe die Führerscheinprüfung dreimal nicht bestanden. Auch rhetorische Fragen können Tatsachenbehauptungen und damit der Gegendarstellung zugänglich sein, wenn dadurch ein unzutreffender Eindruck entsteht. Gleiches gilt für sog. verdeckte Tatsachenbehauptungen, bei denen die Tatsachenbehauptung zwischen den Zeilen versteckt ist.

Problematisch ist die Abgrenzung zwischen einer Tatsachenbehauptung und einer Meinungsäußerung, wenn in einer Äußerung beide Elemente vermischt sind. Hier ist zu prüfen, ob Tatsachenbehauptung und Meinungsäußerung untrennbar miteinander verbunden sind. Ist dies der Fall, so ist von einer Meinungsäußerung und nicht von einer Tatsachenbehauptung auszugehen.

Für den Gegendarstellungsanspruch ist es nicht erforderlich, dass die Unwahrheit der Tatsachenbehauptung feststeht.

Weitere Voraussetzung für einen Gegendarstellungsanspruch ist, dass die Tatsachenbehauptung über eine Person erfolgt, die für den Empfänger der Mitteilung, also den Internetnutzer erkennbar ist. Die Erkennbarkeit ist nicht nur dann gegeben, wenn der Name der Person ausdrücklich genannt wird. Die Erkennbarkeit kann sich auch aus anderen Umständen ergeben.

Richtet sich eine Tatsachenbehauptung pauschal gegen eine allgemeine Personengruppe (alle Autofahrer), so kann eine Person, die zu dieser Gruppe gehört, keine Gegendarstellung verlangen, da gerade diese bestimmte Person für den Empfänger der Mitteilung nicht erkennbar ist.

Dieser Artikel entstammt dem "Lexikon für das IT-Recht 2014/2015", das im ChannelPartner-Shop erhältlich ist. Die fünfte Auflage dieses Buchs richtet sich mit 150 Praxisthemen an Geschäftsführer, Manager und IT-Verantwortliche in Handelsunternehmen ohne eigene Rechtsabteilung. Das Lexikon ist als gedrucktes Buch für 39,95 Euro oder als eBook für 34,95 Euro in unserem Abo-Shop erhältlich.

Journalistisch-redaktionell gestaltetes Angebot

Der Gegendarstellungsanspruch nach § 56 RStV besteht nur bei journalistisch-redaktionell gestalteten Angeboten. Eine gesetzliche Definition, was ein journalistisch-redaktionell gestaltetes Angebot ist, gibt es jedoch nicht. Allgemein wird davon ausgegangen, dass ein journalistisch-redaktionell gestaltetes Angebot vorliegt, wenn der Inhalt des Angebots zur Meinungsbildung beiträgt, regelmäßig aktualisiert wird und sich nicht in einer bloßen Eigenwerbung erschöpft.

Nach dieser Definition besteht eine Gegendarstellungspflicht bei Online-Zeitungen und Blogs. Aber auch eine Homepage, wie z. B. ein Internetauftritt einer Rechtsanwaltskanzlei kann ein solches Angebot darstellen, wenn dort regelmäßige bearbeitete Neuigkeiten eingestellt werden, z. B. wenn aktuelle Geschehnisse kommentiert oder Pressemitteilungen veröffentlicht werden, die sich nicht auf eine reine Eigenwerbung beschränken (vgl. OLG Bremen, Az. 2 U 115/10).

Berechtigtes Interesse

Einen Anspruch auf Gegendarstellung hat nur derjenige, der von der Tatsachenmitteilung betroffen ist. Dies ist in jedem Fall die Person, über welche die Tatsachenbehauptung aufgestellt wurde. Aber auch Dritte können betroffen sein, so z. B. Eltern bei Tatsachenbehauptungen über ihre minderjährigen Kinder oder ein Unternehmen bei Tatsachenbehauptungen über einen Mitarbeiter.

Ein berechtigtes Interesse fehlt, wenn der Inhalt der Gegendarstellung offensichtlich unwahr oder irreführend ist. Auch bei bloßen Belanglosigkeiten, die nicht geeignet sind, das Bild des Betroffenen in der Öffentlichkeit zu beeinträchtigen, wird das berechtigte Interesse verneint.

Ausnahmen

Von der Pflicht zur Gegendarstellung gibt es verschiedene gesetzliche Ausnahmen, die in § 56 Abs. 2 und Abs. 4 RStV enthalten sind. Keine Gegendarstellungspflicht besteht, wenn die Gegendarstellung im Umfang nicht angemessen ist, sie sich nicht auf Tatsachenbehauptungen beschränkt oder sie nicht unverzüglich gefordert wird. Nach § 56 Abs. 4 RStV besteht auch dann keine Pflicht zur Gegendarstellung, wenn über öffentliche Sitzungen übernationaler parlamentarischer Organe oder der gesetzgebenden Organe des Bundes und der Länder, also z. B. über Sitzungen des Bundestages, wahrheitsgemäß berichtet wird.

Inhalt und Form einer Gegendarstellung

Die Veröffentlichung einer Gegendarstellung setzt voraus, dass sie die Anforderungen an Inhalt und Form erfüllt und innerhalb der gesetzlichen Ausschlussfristen geltend gemacht wird.

Letzte Frist: Eine Gegendarstellung kann bis spätestens sechs Wochen nach dem letzten Tag des Angebots des beanstandeten Textes verlangt werden. Aber maximal bis drei Monate nach der erstmaligen Einstellung des Angebots.
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Der Inhalt der Gegendarstellung darf, worauf schon hingewiesen wurde, nicht offensichtlich unwahr oder irreführend sein. Darüber hinaus darf eine Gegendarstellung nur Tatsachen enthalten und sie muss vom Umfang angemessen sein. Hinsichtlich des Umfangs wird jedoch kein kleinlicher Maßstab angelegt.

Die Gegendarstellung erfordert Schriftform mit eigenhändiger Unterschrift des Betroffenen. Die Übermittlung per Telefax ist nach Ansicht des OLG Bremen zur Wahrung der Form ausreichend; dies ist jedoch umstritten. Aus der Gegendarstellung muss sich auch ergeben, auf welche ursprüngliche Veröffentlichung sich diese bezieht und welche Tatsachenbehauptungen angegriffen werden.

Muster einer Gegendarstellung

Auf der Website http://www.musterzeitung.de/news/ wurde in dem Bericht "Tote leben länger" vom 22.2.2013 behauptet, ich hätte der Deutschen Rentenversicherung nicht mitgeteilt, dass mein Mann verstorben ist und ich hätte dadurch nach dem Tod meines Mannes noch für vier Monate Rentenleistungen zu Unrecht bezogen. Diese Behauptung ist unzutreffend. Ich habe den Tod meines Mannes der Deutschen Rentenversicherung unverzüglich mitgeteilt. Nach dem Tod meines Mannes habe ich keine Rentenzahlungen mehr erhalten.
Musterdorf, den ........... Frauke Mustermann

Frist für eine Gegendarstellung

Abgesehen davon, dass eine Gegendarstellung grundsätzlich unverzüglich nach Kenntnis des Betroffenen von der angegriffenen Behauptung erfolgen muss, kann nach § 56 Abs. 2 Nr. 4 RStV eine Gegendarstellung nur innerhalb der dort geregelten Ausschlussfristen verlangt werden. Deadline ist spätestens sechs Wochen nach dem letzten Tag des Angebots des beanstandeten Textes, jedenfalls nach drei Monaten nach der erstmaligen Einstellung des Angebots.

Beispiel: Das beanstandete Angebot wurde am 1.1.2013 eingestellt und am 1.5.2013 wieder entfernt. Der Betroffene erhielt am 30.4.2013 von dem Angebot Kenntnis. Seinem am 2.5.2013 eingegangenen Gegendarstellungsverlangen ist damit nicht mehr nachzukommen, da die Drei-Monats-Frist nach erstmaligem Einstellen bereits am 1.4.2013 ablief. Auf die Sechs-Wochen-Frist kommt es damit nicht mehr an.

Veröffentlichung der Gegendarstellung

Die Art und Weise, wie eine Gegendarstellung zu veröffentlichen ist, ist in § 56 Abs. 1 RStV geregelt. Die Gegendarstellung ist ohne Einschaltungen und Weglassungen in gleicher Weise wie die ursprüngliche Meldung anzubieten und mit der ursprünglichen Meldung durch einen Link zu verknüpfen. Eine Erwiderung auf die Gegendarstellung (sog. Redaktionsschwanz) ist grundsätzlich zulässig. Sie darf jedoch nicht unmittelbar mit der Gegendarstellung verknüpft werden. Es ist also weder zulässig, den Redaktionsschwanz unmittelbar unter der Gegendarstellung wiederzugeben noch diesen bei der Gegendarstellung zu verlinken.

Dauer der Veröffentlichung

Die Gegendarstellung ist so lange wie die ursprüngliche Behauptung zu veröffentlichen. Wird die ursprüngliche Behauptung nicht mehr veröffentlicht oder endete die Veröffentlichung vor Aufnahme der Gegendarstellung, ist der Anbieter verpflichtet, die Gegendarstellung an vergleichbarer Stelle so lange anzubieten, wie die ursprüngliche Behauptung angeboten wurde. Der Anbieter kann also der Pflicht zur Gegendarstellung nicht dadurch entgehen, dass er die ursprüngliche Behauptung aus seinem Angebot löscht.

Anspruchsdurchsetzung

Kommt der Anbieter einem berechtigten Gegendarstellungsverlangen nicht nach, so kann der Betroffene seinen Anspruch gerichtlich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verfolgen (§ 56 Abs. 3 RStV). Zuständig sind, abhängig vom Streitwert, die Amts- oder die Landgerichte. (tö)

Dieser Artikel entstammt dem "Lexikon für das IT-Recht 2014/2015", das im ChannelPartner-Shop erhältlich ist. Die fünfte Auflage dieses Buchs richtet sich mit 150 Praxisthemen an Geschäftsführer, Manager und IT-Verantwortliche in Handelsunternehmen ohne eigene Rechtsabteilung. Das Lexikon ist als gedrucktes Buch für 39,95 Euro oder als eBook für 34,95 Euro in unserem Abo-Shop erhältlich.