Digitales Klassenzimmer

"Geld und Zeit für Experimente haben die wenigsten Schulen"

07.10.2010
Stephan Scharnagl ist Geschäftsführer von CampusLan, einem Anbieter von Netzwerkmanagementlösungen für den Bildungssektor. Aus seiner über zehnjährigen Erfahrung im Geschäft mit Schulen kennt er die Probleme und Hindernisse.
Stephan Scharnagl, Geschäftsführer von CampusLan berichtet im CP-Interview über seine Erfahrungen.

Stephan Scharnagl ist Geschäftsführer von CampusLan, einem Anbieter von Netzwerkmanagementlösungen für den Bildungssektor. Aus seiner über zehnjährigen Erfahrung im Geschäft mit Schulen kennt er die Probleme und Hindernisse im Geschäft mit Schulen und Kommunen.

Herr Scharnagl, wer entscheidet eigentlich über IT-Anschaffungen im schulischen Bereich?

Stephan Scharnagl: Über die Beschaffung in den Schulen entscheidet meist der Landkreis oder die Stadt - wer halt den Sachaufwand der Schule tragen muss. Daher unterliegen die Investitionen meist auch der Budgetierung der Kommunen. So muss man sowohl die regionale Präferenz als auch das übliche Ausschreibungswesen berücksichtigen.

Nach welchen Kriterien wird in der Regel der Händler ausgewählt?

Scharnagl: Natürlich spielt die technologische Eignung eine entscheidende Rolle. Der Händler muss aber auch einen guten Zugang zu den Kommunen besitzen und ein strategisches, langfristiges Interesse an der Kundengruppe der Schulen haben. Entsprechende Referenzen schaden dabei nicht. Wer die Schulen mit Leidenschaft in Service und Beratung bedient, wird bei der Auswahl die Nase vorn haben. Ein weiterer Punkt ist insbesondere bei lokalen Projekten die räumliche Nähe, da im Servicefall kurze Reaktionszeiten gewährleistet sein müssen.

Welche Rolle spielt der Preis der Produkte?

Scharnagl: Der Anschaffungspreis der Produkte ist sicherlich eine maßgebliche Komponente. Allerdings wird auch im schulischen Bereich mittlerweile nach den Folgekosten geschaut. Zudem müssen die Produkte auch für den Einsatz an Schulen geeignet sein, das ist beim günstigsten Produkt nicht immer der Fall. Die Kommunen werden daher nach der Investitionssicherheit und der Kalkulierbarkeit der Kosten über einen Fünfjahreszeitraum fragen.

Ohne die notwendige Netzinfrastruktur würde das Whiteboard weiß bleiben.

Welchen Einfluss hat der Händler auf die Produktauswahl?

Scharnagl: Erfahrungsgemäß ist dieser Einfluss hoch, denn der Händler sollte der Spezialist vor Ort und der langfristige Beratungspartner sein. Das bringt jedoch auch eine hohe Verantwortung für die Kundenzufriedenheit mit sich.

Was sind die besonderen Herausforderungen im Geschäft mit Schulen?

Scharnagl: Die Schullandschaft ist sehr heterogen, es gibt keine Patentrezepte. Im Grunde sind die Anforderungen von Schulen geprägt durch die pädagogischen Anforderungen, die je nach Schulart und schulischer Einrichtung stark voneinander abweichen können und durch den sehr unterschiedlichen Nutzungsgrad der EDV im täglichen Unterricht bestimmt werden. Das führt dazu, dass Schulen oftmals mindestens so anspruchsvoll sind wie Industriekunden, was Beratung, Integration und Betrieb angeht. Für den Händler ist das eine Herausforderung, denn Schulen müssen dies oft mit erheblich geringeren Ressourcen an Geld und Personal abbilden. Meiner Ansicht nach muss man auf erprobte und effiziente Lösungen zurückgreifen. Geld und Zeit für Experimente haben die wenigsten Schulen.

Ein weiteres Problem stellt die grundlegende Infrastruktur dar. So muss beispielsweise erst einmal eine vernünftige Netzinfrastruktur stehen, bevor man überhaupt komplexe Whiteboard-Lösungen oder E-Learning-Anwendungen installieren kann. Hier muss der Händler als ganzheitlicher Berater fungieren. Das Whiteboard bleibt im wahrsten Sinne weiß, wenn es nicht angesteuert werden kann.

Was muss ein Händler sonst noch leisten können, um im Bildungssektor mitspielen zu können?

Scharnagl: Er muss die Leidenschaft haben, sich auf eine langfristige Zusammenarbeit mit den Kommunen und den Schulen einzulassen. Zudem sollte er die Bereitschaft mitbringen, einer Schule mit ihren ganz individuellen Anforderungen als Dienstleister zur Seite zu stehen. (awe)