Kein Hinausreden auf Steuerberater

Geschäftsführer haften (fast) immer

25.04.2014 von Renate Oettinger
Weiß der Chef, dass sich seine GmbH in einer finanziellen Schieflage befindet, hat er persönlich eine gesteigerte Überwachungspflicht.
Überwachung der Geschäftsführung im Ganzen: Der gesetzliche Vertreter einer GmbH haftet grundsätzlich für die Steuerschulden der Firma.
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In einem vom Finanzgericht Rheinland-Pfalz rechtskräftig entschiedenen Fall ging es um die Frage, ob der Kläger als Geschäftsführer für nicht an das Finanzamt abgeführte Lohnsteuern haften muss. Darauf verweist Fachanwalt für Erb-, Steuer sowie Handels- und Gesellschaftsrecht Dr. Norbert Gieseler aus der Nürnberger Kanzlei Meinhardt, Gieseler & Partner, Präsident des DUV Deutscher Unternehmenssteuer Verband e. V. mit Sitz in Kiel, unter Hinweis auf die Mitteilung des Finanzgerichts (FG) Rheinland-Pfalz vom 24.02.2014 zu seinem Urteil vom 10. Dezember 2013 - 3 K 1632/12.

Der Fall: Der Kläger und Herr H. waren Geschäftsführer einer GmbH. Im Jahr 2010 wurde für die beschäftigten Arbeitnehmer für mehrere Monate keine Lohnsteuer an das Finanzamt abgeführt. Da Vollstreckungsmaßnahmen in das Vermögen der Arbeitgeberin (= Gesellschaft) erfolglos geblieben waren, nahm das Finanzamt den Kläger mit einem sog. Haftungsbescheid in Anspruch. Auch Herr H. wurde – allerdings in geringerem Umfang – zur Haftung herangezogen.

Gegen den Haftungsbescheid legte der Kläger Einspruch ein und machte (u.a.) geltend, dass nach der internen Zuständigkeitsvereinbarung nur Herr H. für die Erledigung steuerlicher Aufgaben und somit für die Abführung der Lohnsteuer zuständig gewesen sei. Er – der Kläger – sei auch seiner Überwachungspflicht nachgekommen, indem er sich in regelmäßigen Abständen darüber informiert habe, dass die steuerlichen Pflichten der Gesellschaft erfüllt würden.

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhob der Kläger Klage, die das FG als unbegründet zurückwies.

Gesetzlicher Vertreter der Gesellschaft

Zur Begründung führte das FG aus, so Dr. Gieseler, der Haftungsbescheid sei rechtmäßig, weil die Inanspruchnahme des Klägers nicht zu beanstanden sei. Der Kläger sei Geschäftsführer und hafte daher als gesetzlicher Vertreter. Er könne sich auch nicht auf die geltend gemachte interne Aufgabenverteilung zwischen ihm und dem Mitgeschäftsführer H. berufen. Grundsätzlich gelte das Prinzip der Gesamtverantwortung eines jeden gesetzlichen Vertreters. Dieses Prinzip verlange zumindest eine gewisse Überwachung der Geschäftsführung im Ganzen.

Durch eine entsprechende Geschäftsverteilung könne zwar die Verantwortlichkeit eines Geschäftsführers begrenzt werden. Dies erfordere allerdings eine im Vorhinein getroffene, eindeutige – und deshalb schriftliche – Klarstellung, welcher Geschäftsführer für welchen Bereich zuständig sei. Anderenfalls bestünde die Gefahr, dass im Haftungsfall jeder Geschäftsführer auf die Verantwortlichkeit eines anderen verweise. Aber selbst bei Vorliegen einer klaren, eindeutigen und schriftlichen Aufgabenverteilung müsse der nicht mit den steuerlichen Angelegenheiten einer Gesellschaft betraute Geschäftsführer einschreiten, wenn die Person des Mitgeschäftsführers oder die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft dies erfordern würden, beispielsweise in finanziellen Krisensituationen. Zudem müsse er dafür sorgen, dass er im Falle des Eintritts einer solchen Krise rechtzeitig davon erfahre.

Schriftliche Aufgabenverteilung

Im Streitfall fehle es bereits an einer schriftlichen Aufgabenverteilung zwischen dem Kläger und dem weiteren Geschäftsführer. Schon aus diesem Grund sei die geltend gemachte Geschäftsverteilung haftungsrechtlich ohne Bedeutung. Ungeachtet dessen habe der Kläger eine gesteigerte Überwachungspflicht gehabt, weil er gewusst habe, dass sich die Gesellschaft in einer finanziellen Schieflage befunden habe. In Anbetracht dieser Situation wäre selbst im Falle einer schriftlichen Aufgabenverteilung die Gesamtverantwortung des Klägers wieder aufgelebt.

Der Kläger könne sich auch nicht damit entschuldigen, dass eine Steuerberaterin eingebunden gewesen sei und dass er sich in regelmäßigen Abständen darüber informiert habe, dass die steuerlichen Pflichten der Gesellschaft erfüllt würden. Sein schuldhaftes Verhalten liege darin, dass er nicht darauf hingewirkt habe, dass die Löhne nur gekürzt ausgezahlt worden seien. Dann hätte nämlich die – auf die gekürzten Löhne entfallende - Lohnsteuer aus dem verbleibenden Geld ordnungsgemäß einbehalten und an das Finanzamt abgeführt werden können.

Dr. Gieseler empfiehlt, den Ausgang zu beachten und in allen Zweifelsfragen Rechtsrat einzuholen, wozu er u. a. auch auf den DUV Deutscher Unternehmenssteuer Verband e. V. - www.duv-verband.de - verweist.

Weitere Informationen und Kontakt: Dr. Norbert Gieseler, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Erbrecht, Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht und DUV-Präsident c/o Meinhardt, Gieseler & Partner, Rathenauplatz 4-8, 90489 Nürnberg, Tel.: 0911 580560-0, E-Mail:kanzlei@mgup.de, Internet: www.mgup-kanzlei.de

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