Geschenkt ist geschenkt

23.03.2000
Microsoft, sonst für milde Gaben eher unbekannt, ist eine böse Panne unterlaufen. In Spanien "verschenkte" der Software-Gigant das neue Betriebssystem Windows 2000.

Auf der CD-Beilage der spanischen Ausgabe von "PC-Welt" ("PC-World") fand sich in diesem Monat ein Schnäppchen der besonderen Art.

Eigentlich wollte Microsoft mit einer zeitlich limitierten Version von Windows 2000 das Geschäft ankurbeln. 120 Tage sollten Käufer der PC-Zeitschrift das neue Betriebssystem ausprobieren können. So war der Deal geplant. Es kam aber alles anders.

Durch einen Fehler bei Microsoft wurde nicht die zeitlich limitierte Version von Windows 2000 auf die CD gespielt, sondern eine unbegrenzt lauffähige Version. In Spanien kostet die Vollversion von Windows 2000 rund 330 Dollar. Bei einer Auflage der PC-World von 100.000 entspricht das einem anzunehmenden Verlust von rund 33 Millionen Dollar für Microsoft. Man kann natürlich nicht genau sagen, wie viele Lizenzen Microsoft in Spanien wirklich verkauft hätte. Da aber Software-Hersteller gerne bei Raubkopien ihre Verluste nach genau diesem Schema ausrechnen, ist es nun eine Ironie des Schicksals, wenn ein ganz Großer dieser Branche selbst einmal illegale Software auf dem Markt verteilt.

Nach diesem Vorfall dürfte Windows 2000, jedenfalls in Spanien, wohl kein Verkaufshit werden.

Herausgekommen ist die Sache folgendermaßen: Das Programm auf der CD ließ sich mit dem mitgelieferten Key nicht installieren. Deshalb riefen sehr viele Leser bei der Zeitschrift an. Bei einigen Lesern funktionierte der Key jedoch, bei anderen wiederum nicht. In einem Chat-Forum im Internet entbrannte bald eine heiße Diskussion.

Daraufhin schaltete sich die Online-News-Zeitschrift "Ibrujala" in die Diskussion ein. Deren Technikfreaks stellten fest, dass der mitgelieferte Key nicht mit der Windows2000-CD korrespondierte. "Ibrujula" forderte die Leser von "PC-World" auf, sich direkt an die Zeitschrift oder an die Servicestelle von Microsoft zu wenden, und sich dort die "richtige" Software aushändigen zu lassen. Bald tauchten jedoch alternative Keys in spanischen Newsgroups auf, mit denen sich dann die Vollversion von Windows 2000 von der PC-World-CD installieren ließ.

Genialer Schachzug

Im Chatroom "Eldebate.net" kursieren derzeit Gerüchte, dass die ganze Sache ein genialer Schachzug von Microsoft gewesen sein könnte. Denn der Software-Gigant hat keinerlei Möglichkeiten, Software kostenlos unter das Volk zu bringen. Deshalb habe man sich, um Marktanteile gegenüber Linux zu gewinnen, entschlossen, die Software eben auf diese Art zu verteilen. Microsoft will sich dazu nicht äußern. Der Software-Gigant betont aber immer wieder, dass eine Software auf CD ohne Hologramm nicht zertifiert ist. Es handelt sich bei dieser Version also um eine Raubkopie. Um sich zu versichern, dass die Version eine wirkliche Vollversion ist, genügt es, auf der Startseite auf Winver zu klicken. Dort wird dann die Vollversion bestätigt. (jh)

www.pcwelt.de