Gewerbesteuerpflicht: Nur die Ausbildung zählt

23.10.2007 von Thomas Feil
Das Hessische Finanzgericht musste sich in einem Fall mit der Frage auseinander setzen, wann ein EDV-Berater freiberuflich tätig ist und wo die Grenze zur Gewerbesteuerpflicht liegt.

Das Hessische Finanzgericht musste sich in einem Urteil vom 11. Juli 2007 (Az.: 8 K 1148/02) mit der Frage auseinander setzen, wann ein EDV-Berater freiberuflich tätig ist und wo die Grenze zur Gewerbesteuerpflicht liegt.

Hintergrund der rechtlichen Auseinandersetzung waren die Festlegung von Gewerbesteuer sowie weitere steuerrechtliche Fragen. Der Kläger hatte nach dem Abitur eine Ausbildung zum Datenverarbeitungskaufmann absolviert und diese 1985 erfolgreich abgeschlossen. Während dieser Zeit und in den nachfolgenden Jahren hatte der Kläger den Besuch weiterer Fortbildungsveranstaltungen im Bereich der EDV, insbesondere SAP, durch Teilnahmebestätigungen nachgewiesen.

Dennoch folgte das Finanzamt nicht der Argumentation des Klägers und EDV-Beraters, dass seine Tätigkeit derjenigen eines Wirtschaftsinformatikers entspräche und damit freiberuflich sei. In seinen Entscheidungsgründen führt das Hessische Finanzgericht u.a. aus, dass bei einer Einordnung als freiberufliche Tätigkeit zunächst einmal auf § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG abzustellen ist. Dort sind so genannte "Katalogberufe" genannt. Es ist erforderlich, dass die Tätigkeit des Steuerpflichtigen und damit auch die des Klägers in einem für den Katalogberuf typischen Bereich gelegen ist. Dies war im Rahmen der gerichtlichen Auseinandersetzung nur begrenzt nachgewiesen worden. Nach Auffassung des Gerichts konnte nicht festgestellt werden, dass in den streitigen Veranlagungszeiträumen der Kläger typisch ingenieurmäßig tätig gewesen ist.

Einen Schwerpunkt der Argumentation legte das Gericht auf die Frage, ob der Kläger über eine vergleichbare, qualifizierte Ausbildung eines Ingenieurs bzw. Informatikers verfügt. Hier werden in den Urteilsgründen einige Grundaussagen getroffen, die für EDV-Berater von Bedeutung sind. Anhand der Ausführungen des Hessischen Finanzgerichtes können EDV-Berater prüfen, ob mit der jeweiligen Ausbildung die Hürde hin zur Freiberuflichkeit genommen werden kann.

Unter anderem führte das Gericht in seinen Entscheidungsgründen aus: "Da der Ingenieur auf wissenschaftliche Grundlage tätig ist, setzt ein Beruf, der dem eines Ingenieurs ähnlich sein soll, ebenfalls eine Ausbildung voraus, die mit der Berufsausbildung des Ingenieurs oder der eines Informatikers verglichen werden kann. Aufgabe des Ingenieurs ist es, auf Grundlage natur- und technikwissenschaftlicher Erkenntnisse und unter Berücksichtigung wirtschaftlicher Belange technische Werke zu planen, zu konstruieren und ihre Fertigung zu überwachen."

Das Gericht verlangt, dass die Ausbildung des Steuerpflichtigen mit der eines Absolventen einer Hochschule oder Fachhochschule vergleichbar ist. Allerdings kann ein entsprechender Ausbildungsstand auch durch Teilnahme einer Ausbildungs- und Fortbildungsveranstaltung, eigenständiges Literaturstudium und durch gewonnene praktische Erfahrung erworben werden.

Das Hessische Finanzgericht erwartet eine Dokumentation mit entsprechenden Ausbildungsnachweise, dass das erworbene Wissen den Anforderungen entspricht, die an einen Absolventen des Studienganges "Allgemeine Informatik" nach seinem Studienabschluss gestellt werden. Hierzu hatte das Gericht dann mit Hilfe eines Sachverständigengutachten klären lassen, welchen Ausbildungsstand der Kläger hat. Das Gericht verweist darauf, dass der EDV-Berater zwar auf seinem Gebiet ein Fachmann sei und in seinem Fachgebiet die geforderten Ausbildungsinhalte erheblich übertrifft. Beanstandet wurde aber, dass der EDV-Berater nicht über die Breite eines Wissens verfügt, wie sie an (Fach-)Hochschulen in vergleichbaren Studiengängen gelehrt werden. Interessant sind dann die weiteren Ausführungen des Gerichts:

"Wer über ein gründliches und umfassendes theoretisches Wissen in seinem Beruf verfügt, vermag auch relativ einfach erscheinende Probleme in einem größeren Zusammenhang zu sehen und damit sicherer zu beurteilen als jemand, der dies nur aufgrund einer vorwiegend praktischen Ausbildung sowie seiner praktischen Erfahrungen tut."

Damit grenzt sich das Hessische Finanzgericht gegenüber dem Finanzgericht Hamburg ab, das in einem Urteil vom 27.04.2006 einen selbständigen EDV-Berater ohne Hochschulabschluss als Freiberufler angesehen hatte (Az.: 6 K 120/069). Der EDV-Berater war im Bereich der Systemtechnik bzw. der Entwicklung komplexer Anwendersoftware tätig. Auch ohne ein ingenieurähnliches Grundlagenwissen war das Hamburger Finanzgericht von einer ingenieurähnlichen und damit freiberuflichen Tätigkeit ausgegangen. Diese Rechtsauffassung teilt das Hessische Finanzgericht ausdrücklich nicht.

Als letzten Rettungsanker hatte dann der steuerpflichtige EDV-Berater beantragt, eine Wissensprüfung durchzuführen. Davon sah das Gericht ab, da im Rückblick auf die umstrittenen Veranlagungszeiträume nachträglich nicht mehr festgestellt werden konnte, ob zum damaligen Zeitpunkt entsprechende Kenntnisse vorhanden waren. Hier rächt sich der insbesondere lange Verfahrenslauf. Es konnte nicht mehr seitens des Klägers der Nachweis erbracht werden, dass vor mehr als 8 Jahren ein entsprechender Kenntnisstand vorhanden war.

Zusammenfassung: Das Hessische Finanzgericht hat hinsichtlich der Ausbildungsanforderungen hohe Hürden aufgestellt. Wer als EDV-Berater eine freiberufliche Tätigkeit nachweisen will, wird sich zumindest nach der Auffassung der hessischen Finanzrichter daran messen lassen müssen, ob zumindest ein einem Ingenieurstudium oder einem Informatikstudium gleichwertiger Wissensstand vorhanden ist.

Der Autor: Thomas Feil, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Informationstechnologierecht. Kanzlei Feil Rechtsanwälte, Georgsplatz 9, 30159 Hannover, Tel 0511/473906-01, Fax 0511/473906-09, e-Mail feil@recht-freundlich.de, www.recht-freundlich.de. (mf)