Globalware - ein Unternehmen mit großem Hunger auf andere IT-Firmen

07.08.2003
Seit einem Jahr sitzen in der Globalware AG zwei ehrgeizige Vorstände. Ihr ambitioniertes Ziel: aus dem CRM- und ÜbersetzungssoftwareAnbieter zwei aussichtsreiche AGs, bald wert, gekauft zu werden, herauszuschälen. Doch der Weg dorthin ist nicht einfach. Als eigentlich verschlungen betrachtet man die bisherigen Aktionen der Firma.

Man schrieb den 23.07.2002, als sich die 1994 gegründete und in Petersberg ansässige Intraware AG, Anbieter von CRM-Lösungen und seit dem Börsengang im Jahr 2000 wie so viele Softwerker hauptsächlich in gewaltigen finanziellen Schwierigkeiten, an der Eisenacher Global Words AG beteiligte.

Es störte damals niemanden, dass diese wesentlich kleinere Firma, der der 39-jährige Diplomkaufmann und ehemalige Vertriebstrainer Jürgen Ott vorstand und die mit der LVM Landwirtschaftliche Versicherungsverein Münster a.G einen potenten Investor hatte, aber von Intraware dünnlippig als ein "Anbieter für automatische Übersetzungssysteme" bezeichnet wurde, die größere Firmen übernahm ("reverse acquisition" in der Unternehmenssprache).

Der Kaufpreis "in Höhe von 1,5 Millionen Euro, in Form einer Kapitalerhöhung" - also durch weitere Aktien, die auf den Markt kamen, finanziert - war zu gering, als dass er von allgemeinem Interesse gewesen wäre.

Das übliche Gemurmel der Kleinaktionäre überhorte man. Und nachdem man in Investorenkreisen den Petersberger Lotus-Partner längst abgeschrieben hatte, konnte die Transaktion wie geplant erfolgen. "Es war eigentlich eine Übernahme durch die Global Words", sagt Jürgen Ott, am 27. Juni 2002 zum Intraware-Vorstand benannt, zusammen mit seinem Partner Markus Ernst, der heute Finanzvorstand der in Globalware AG umbenannten fusionierten Firmen ist, gegenüber ComputerPartner.

Wie es mit den beiden Firmen weitergehen würde, wurde ab da ausschließlich in Eisenach von Ott und Ernst - "ohne ihn wäre nichts gegangen", sagt Ott - geplant.

Der Plan lautet so: Durch den Intraware-Kauf würde die Global Words AG ihre laut Ott profitable Übersetzungssoftware CRM-Kunden anbieten können. Dafür jedoch ein realistisches Marktpotenzial auszumachen, ist kaum möglich, doch dass es den Markt für automatische Übersetzung von Nachrichten und Informationen, ob über Funk- oder IP-Netze geschickt, gibt, zeigen allein schon die Bemühungen von nationalen Nachrichtendiensten, die Menge des von ihnen gesammelten Sprachkauderwelschs ordentlich zu sichten. "Natürlich ist das für uns ein Markt", sagt Ott, der bei diesem Thema ausgesprochen einsilbig wird.

Übernahmekandidaten

Doch dass die mit "Human Language Technology" (HLT) bezeichnete Geschäftseinheit allein zu schwach und unbedeutend sein würde, im deutschen "Early Adaptor"-Markt für Übersetzungssoftware zum Erfolg zu kommen, war den Eisenacher Planern klar. Globalware musste investieren. Oder Firmen übernehmen.

Der Vorstand sah sich nach allerhand Übernahmenkandidaten um - und wurde fündig. Am 23. April 2003 erklärte die Globalware AG, die sich mittlerweile Intraware nannte, sie kooperiere mit der Münchener Diluceo GmbH, Spezialist für Übersetzungslösungen "mit Fokus auf der Betreuung von Behörden in Deutschland, Europa und den USA", so die knappe Pressemeldung.

Am 25. Mai übernahm Globalware die Münchener mit elf Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von zwei Millionen Euro "durch einen Transfer von Globalware-Aktien an die Gesellschafter der Diluceo GmbH". "Ein Anteil des Kaufpreises wird aus dem positiven Cashflow der Diluceo GmbH finanziert", schrieb Globalware gewohnt knapp.

Im Klartext: Globalware hatte für einen Wechsel auf die Zukunft einen kleineren Konkurrenten erworben, der allerdings, anders als sie, sich guter Beziehungen zu Behörden, unter anderem dem Bundesnachrichtendienst, erfreute. Das war zwar noch nicht die gewünschte "kritische Masse" (Ott), die dem Unternehmen den Abstand zur Konkurrenz einräumen würde, doch laut Ott der wirkliche Einstieg in einen Markt, den der Firmenlenker immer wieder "geheimnisvoll" nennt.

Dem Einstieg folgte am 17. Juni die überraschende Erklärung, man beabsichtige, den kriselnden Oberhachinger Anbieter von Telematik- und Telemetrie-Lösungen für GSM-Netze, die GAP AG, zu übernehmen. Das Angebot lautet auf 60 Cent pro Aktie. Diese Firma, Mitte 1998 gegründet und im September 2000 für knapp 25 Euro Ausgabekurs pro Aktie an die Börse gebracht, hatte zu diesem Zeitpunkt ein für sie höchst unerfreuliches Drama beenden können.

Die Regensburger Adori AG, ein taumelnder Internetanbieter, hatte sich der Firma zu bemächtigen versucht. Nachdem ihm das um die Jahreswende 2002/03 vorübergehend geglückt war, hatte er sich ein zinsloses Darlehen in Höhe von 3,5 Millionen Euro aus den Beständen der GAP AG gewährt.

Das führte nicht nur zu einem langwierigen Streit, aus dem der alte GAP-Vorstand mit Awa Garlinska an der Spitze als Sieger hervorging, sondern machte jeden Investor darauf aufmerksam, dass die Oberhachinger wenigstens 3,5 Millionen Bargeld in ihrem Besitz hatten.

Für Ott ein verlockender Kauf. Doch nicht nur wegen der Barreserven, sondern auch wegen des Börsenmantels. Denn Otts Plan sieht vor, die alte Intraware, für die er am 1. Juli dieses Jahres noch die Produktrechte der Pleite gegangenen Gedys AG gekauft hat, von der Globalware AG abzuspalten und als eigene Firma an die Börse zu bringen.

Teilung der Globalware

Das bewerkstelligt Ott mittels des Börsenmantels der GAP. Schritt eins: Er verkauft die seinen Angaben zufolge profitable CRM-Abteilung an die GAP. Schritt zwei: Er erhält dafür 3,5 Millionen Euro. Schritt drei: Intraware, die als einer der wenigen CRM-Anbieter den Börsencrash 2000 überlebte, wird für Investoren interessant.

Das zumindest ist der Plan. Doch noch ist die GAP AG nicht gekauft, noch sagt GAP-Vorstand Awa Garlinska, nach dem Übernahmeangebot, das am 1.8. von der Globalware öffentlich gemacht wurde, werde sie den GAP-Aktionären darstellen, dass sie von diesem Angebot wenig hält. Es sei mittelfristig nicht sinnvoll - was habe die GAP mit CRM zu tun, fragt nicht nur sie sich.

Doch da Ott die Frage längst durch seinen Plan beantwortet hat, beschäftigt ihn jetzt, was die GAP-Aktionäre machen werden. Dass es nur mehr eine Frage der Zeit sei, wann die GAP in seine Globalware eingehen werde, davon geht er aus. Warum sonst habe er die letzte Zeit vor allem bei seinen Kapitalgebern und GAP-Investoren verbracht?

Ott sagt übrigens nicht, er habe die GAP schon übernommen, doch kombiniert man die jüngste Adori-Meldung, sie besitze keinerlei GAP-Aktie mehr, mit dem Inhalt des jetzt veröffentlichten GAP-Übernahmeangebots, so liegt kombinatorisch auf der Hand: Erstens hat Ott die bei Adori liegenden GAP-Aktien übernommen; zweitens kann er 37,9 Prozent GAP-Aktien zu seinem sicheren Anteil zählen, nachdem er mit zehn GAP-Aktionären Kaufverträge geschlossen hat; drittens hat er auch Verträge mit GAP-Investoren geschlossen, sodass er rechnerisch jetzt schon über den 50 Prozent und 1 Aktie liegt, die ihm die Übernahme garantieren.

"Warten Sie es ab", beantwortet der Globalware-Vorstand die Frage nach dem tatsächlichen Besitzstand bei der GAP. Sicher ist auf jeden Fall: GAP-Vorstand Awa Garlinska steht auf verlorenem Posten - es sei denn, sie hat extrem gute Argumente gegen die eigentlich schon vollzogene Übernahme.

Andere Unternehmen aber müssen auf der Hut sein. Ott wird wohl weiter einkaufen sowohl in CRM- als auch im HLT-Markt.

www.globalware.ag

ComputerPartner-Meinung

Der Fall spricht für sich, auch wenn er einer von vielen ist. Mit IT-Firmen wird gehandelt. Wie mit irgendeiner Ware. Zumal, nachdem das "Neue Markt"-Desaster genügend schlingernde und billige Firmen zum Resultat hat. Ob Ott sich bei der GAP als ausschlachthungriger Aufkäufer ("Company Raider") entpuppen wird, bleibt gegenwärtig offen. Doch angesichts seiner Pläne spricht nicht viel dagegen. (wl)