GmbH-Geschäftsführer als Unternehmer nach Umsatzsteuerrecht

28.03.2006
Ein GmbH-Geschäftsführer kann umsatzsteuerrechtlich kein Unternehmer sein. Diesen jahrzehntelang geltenden Grundsatz hat der Bundesfinanzhof aufgehoben.

Ein GmbH-Geschäftsführer kann wegen seines gesellschaftsrechtlichen Status als weisungsabhängiges Vertretungsorgan der GmbH umsatzsteuerlich kein Unternehmer sein. Diesen jahrzehntelang geltenden Rechtsgrundsatz hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 10.3.2005 aufgegeben. Er erkennt jetzt unter bestimmten Voraussetzungen den Unternehmer-Status an, so dass ab sofort auch GmbH-Geschäftsführer voll in den Genuss von Umsatzsteuervorteilen kommen können.

Bislang galt im Umsatzsteuerrecht, dass natürliche Personen als Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft niemals "selbstständige" Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuerrechts sein können. Die Frage der Selbstständigkeit natürlicher Personen wurde von der Finanzverwaltung für die Umsatzsteuer, Einkommensteuer und Gewerbesteuer nach denselben Grundsätzen beurteilt. Die einkommensteuerrechtliche Beurteilung von Geschäftsführungs- und Vertretungsleistungen einer natürlichen Person als (Gesellschafter-)Geschäftsführer gegenüber einer Kapitalgesellschaft als Einkünfte aus nicht selbstständiger Arbeit schloss bislang eine selbstständige Tätigkeit im Sinne des Umsatzsteuerrechts aus.

Nun haben die obersten Finanzrichter entschieden, dass auch Geschäftsführungsleistungen eines GmbH-Geschäftsführers als selbstständig im Sinne des Umsatzsteuerrechts beurteilt werden können. Die Organstellung des GmbH-Geschäftsführers stehe dem jedenfalls nicht entgegen. Insoweit hat der BFH seine bisherige Rechtsprechung aufgegeben bzw. grundlegend geändert.

Nach Ansicht des BFH liegt eine selbstständige Tätigkeit immer dann vor, wenn sie auf eigene Rechnung und eigene Verantwortung ausgeübt wird. Dabei ist nach ständiger Rechtsprechung das Gesamtbild der Verhältnisse maßgebend. Besonderes Gewicht habe dabei u.a. das Merkmal des Unternehmerrisikos in Form des Vergütungsrisikos. Die Frage der Selbstständigkeit natürlicher Personen sei zwar grundsätzlich für die Umsatzsteuer, die Einkommensteuer und die Gewerbesteuer nach denselben Grundsätzen zu beurteilen. Eine Bindung an die ertragsteuerrechtliche Beurteilung bestünde für das Umsatzsteuerrecht aber nicht.

Ganz offenbar führt dieses Urteil zu einem vertraglichen Gestaltungswahlrecht für die beteiligten Personen (Geschäftsführer und Gesellschafter). Diese haben es letztendlich selbst in der Hand, die vertraglichen Vereinbarungen so auszugestalten, dass sie mehr oder weniger eindeutig für eine selbstständige bzw. nicht selbstständige Tätigkeit sprechen.

Auch wenn laut BFH keine Bindung an die ertragsteuerrechtliche Beurteilung besteht, dürfte es in der Praxis schwer werden, die selbstständige Tätigkeit für das Ertragsteuerrecht oder Sozialversicherungsrecht und Umsatzsteuerrecht unterschiedlich zu beurteilen. Wer seine Sozialversicherungsfreiheit - insbesondere im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens - rechtlich abgesichert hat, dürfte daher auch aus umsatzsteuerrechtlicher Sicht in sehr vielen Fällen als Unternehmer gelten.

Sofern die vertraglichen Vereinbarungen zwischen GmbH und ihrem Geschäftsführer eindeutig für eine selbstständige Tätigkeit des Geschäftsführers sprechen, ist es der GmbH ab sofort möglich, die Vorsteuer aus den ihr in Rechnung gestellten Geschäftsführungsleistungen geltend zu machen. Dies gilt natürlich nur dann, wenn die GmbH grundsätzlich zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, also keine (steuerfreien) Umsätze ausführt, die den Vorsteuerabzug ausschließen. Umgekehrt bedeutet dies, dass GmbHs ohne Vorsteuerabzugsrecht Regelungen vermeiden sollten, die für die Unternehmereigenschaft ihres Geschäftsführers sprechen. Allerdings greift dann womöglich das (mitunter größere) Problem der Sozialversicherungspflicht.

Wenn der GmbH-Geschäftsführer nach dem Gesamtbild der Verhältnisse als Unternehmer einzustufen ist, kann er künftig seine Geschäftsführungsleistungen zuzüglich Umsatzsteuer der GmbH in Rechnung stellen. Sofern die GmbH zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, ergibt sich für sie daraus keine Mehrbelastung. Für den Geschäftsführer erwächst daraus der Vorteil, dass er die Vorsteuerbeträge aus Aufwendungen, die mit seiner umsatzsteuerpflichtigen Geschäftsführertätigkeit in Zusammenhang stehen, geltend machen kann. Mehr zum Thema Steuern unter www.vsrw.de (mf)