"BeyondCorp" ist IAM pur

Google packt seine Enterprise-Anwendungen ins Internet

13.05.2015 von Thomas Cloer
Google glaubt nicht, dass sein internes Netz weniger gefährlich ist als das große weite Internet.

Statt das interne Netz durch Perimeter-Gerätschaften wie Firewalls zu schützen, darf man von überall aus auf Googles Daten und Anwendungen zugreifen - vorausgesetzt, man hat das richtige Gerät und die richtigen Credentials. Google nennt das neue Sicherheitskonzept einem Bericht des "Wall Street Journal" zufolge "BeyondCorp" und setzt auf Authentifizierung, Autorisierung und Verschlüsselung, um seinen Mitarbeitern einen fein abgestuften Zugriff auf verschiedene Unternehmens-Ressourcen zu gewähren. Die beiden Google-Mitarbeiter Rory Ward und Betsy Beyer beschreiben das Konzept (PDF-Link) bereits in einem im vergangenen Dezember veröffentlichten Paper, das Google auf Nachfrage der Zeitung nicht kommentieren wollte.

Ein solches Modell wird umso wichtiger, je mehr Mitarbeiter Cloud(s) und mobile Anwendungen verwenden, sagen Analysten. "Viele Firmen können von Googles Aggressivität lernen", findet etwa Jon Oltsik, Senior Principal Analyst der Enterprise Strategy Group. "Kein Unternehmen wird darum herumkommen, etwas in dieser Art zu entwickeln."

Google Nexus 6
Google Nexus 6
Google Nexus 6
Google Nexus 6
Google Nexus 6
Google Nexus 6
Google Nexus 6
Google Nexus 6

Google selbst steigt gerade sukzessive auf das neue Sicherheitskonzept um und will es laut Ward und Beyer konzernweit einsetzen. Der Zugriff auf die Ressourcen hängt dann nur mehr vom Gerät und den Zugangsdaten ab und nicht mehr vom Netz - der Mitarbeiter wird gleich behandelt unabhängig davon, ob er sich gerade im Firmenbüro, zuhause oder in einem Coffee Shop befindet. Auf das herkömmliche Konzept virtueller privater Netze (VPNs) wird gänzlich verzichtet. Der Zugriff auf Firmenanwendungen erfolgt grundsätzlich verschlüsselt, auch wenn die Mitarbeiter in einem Google-Gebäude sitzen.

Außerdem muss das genutzte Gerät von Google angeschafft und aktiv verwaltet sein. Google betreibt dazu eine Inventar-Datenbank, die alle an Mitarbeiter ausgegebenen Computer und mobilen Geräte und Veränderungen an diesen erfasst. Auch die Mitarbeiter werden in Nutzer- und Gruppen-Datenbanken verwaltet, die mit den HR-Prozessen des Konzerns verzahnt sind. Sie werden aktualisiert, wenn Mitarbeiter bei Google anfangen, neue Aufgaben bekommen oder das Unternehmen verlassen. Ein Single-Sign-On-System gleicht die Googler gegen diese Datenbanken ab und gewährt ihnen kurzfristigen Zugriff auf bestimmte Ressourcen.

Blicke auf und in Rechenzentren von Google



























































Wie weitreichend der gewährte Zugang ist, ist bei "BeyondCorp" nicht fix - hat ein Mitarbeiter beispielsweise sein Gerät nicht mit einem kürzlichen Patch aktualisiert, könnte diesem Device weniger vertraut werden. Auch ließen sich unterschiedlichen Smartphone-Modellen abhängig von ihren eingebauten Sicherheits-Features unterschiedliche Trust Level zuweisen. Überdies könnte einem Mitarbeiter, der von einem neuen Ort aus auf Firmenanwendungen zugreifen will, der Zugriff auf bestimmte Ressourcen zunächst verwehrt werden (so wie das auch beim Risk Management von Kreditkarten passieren kann).

Google ist mit seinem Konzept übrigens keineswegs allein auf weiter Security-Flur - ähnliche Ansätze verfolgen dem Bericht zufolge unter anderem Coca-Cola, Verizon und Mazda Motor. "Wenn Sie sich anschauen, was heute die Probleme in Unternehmen sind, dann sind das Agilität und Speed-to-Market. Wir bewegen mehr und mehr Dinge in die Cloud, jede Firma tut das", erklärte demnach Alan Boehme, Chief Enterprise Architect bei Coca-Cola, im März auf einer Sicherheitskonferen.

Die Geschichte von Google
Der Investor
Mit einer Investition von 100.000 Dollar durch den Sun-Gründer Bechtolsheim beginnt die Geschichte von Google - der Investor verdient dadurch knapp zwei Milliarden.
Backrub
Die in Standford entwickelt Suchmaschine Back Rub ist Vorläufer von Googles Suche. Die Hand im Logo ist übrigens die von Larry Page - der das Foto mit einem Kopierer erstellte.
Hypermodern
Die heutigen Data Center sind weit moderner. Hier wurde eine finnische Papierfabrik an der Ostsee zum Rechenzentrum umgebaut, zur Kühlung kommt Meerwasser zum Einsatz.
Endloses Betastadium
Die erste Version der Google-Website bezeichnet Google noch als "Beta", was auch für viele weitere Projekte wie Google Mail übernommen wird. Die Suchmaschine ist aber bereits früh ein ausgereiftes Angebot.
Die Väter des Erfolgs
Serge Brin und Larry Page lernen sich in Standford kennen, sie gründen 1998 Google. Seit 4. April 2011 ist Page CEO von Google, ein Posten den er ab 2001 an Eric Schmidt abgegeben hatte.
Zwei weitere wichtige Köpfe: David Cheriton...
Der Stanford-Dozent David Cheriton vermittelt den beiden Firmengründern den Kon-takt zu Bechtolsheim und andern Investoren. Auch er ist durch die Investition in Google heute Milliardär.
... und Eric Schmidt
Der Infomatiker und Manager Eric Schmidt kommt 2001 zu Google. Nach Stationen bei Sun als CTO und Novell als CEO übernimmt er den Posten des CEO bei Google. Am vierten April 2011 wechselt er in den Verwaltungsrat von Google.
Ab an die Börse
Der Börsengang am 19. August 2004 ist für Google ein großer Erfolg. Ende 2013 er-reicht sie erstmals einen Stand von 1000 Dollar, was einem Firmenwert von 327 Milli-arden entspricht.
Es geht nur in eine Richtung...
Seit der Gründung von Google sind Umsatz und Gewinn kontinuierlich gestiegen. Auf-fällig sind die Umsatzsteigerungen der beiden letzten Jahre, obwohl hier durch den Kauf von Motorola hohe Verlusten entstanden.
Alle wollen zu Google
Bei der Frage nach dem beliebtesten Arbeitgeber ist Google auch in Deutschland im-mer auf einem der ersten Plätze. Grund dafür ist ein Ruf als innovativer Markführer, der sich gut um seine Mitarbeiter kümmert.
Männerdomäne
Die Anzahl der Frauen bei Google ist eher gering, 70 Prozent der knapp 48.000 Ange-stellten (und 83 Prozent der Entwickler) sind männlich. Auch Minderheiten sind nur schwach vertreten, was von Google als Problem angesehen wird.
Wettbewerber Facebook
Facebook ist zwar keine Suchmaschine, die Plattform von Mark Zuckerberg hat aber eine Nutzerzahl von 1,23 Milliarden und ist als Anbieter von Werbeplatz eine echte Bedrohung für Google - sinkt doch der Stückpreis für Werbung und ist das Mobilge-schäft noch im Aufbau.
Kreativer Freiraum
Google macht immer wieder mit coolen Büro-Fotos auf sich aufmerksam, hier etwa mit einem als Iglu gestalteten Besprechungsraum.
Venedig-Feeling
Wahlweise kann eine Besprechung in einer Gondel abgehalten werden.
Die alles beherrschende Suchmaschine
Google ist als Suchmaschine Marktführer, Konkurrenten wie Bing, Yahoo und DuckDuckGo haben da wenig Chancen. Vor allem bei der Suche nach deutschen Seiten ist ihnen Google klar überlegen.
Spielchen für Zwischendurch
Die Suchmaschine bietet viele versteckte Funktionen wie „zerg rush“: Gibt man den Befehl in der Suchleiste ein, zerschießen kleine Buchstabe alle Suchtreffer auf der Website.
Immer ausgefeiltere Angebote
Eine Neuerung bei der Google-Suche ist der so genannte Knowledge Graph - sucht man beispielsweise Informationen zu einem Film, sind diese im rechten Seitenbereich zu sehen. Dabei greift Google auf fremde und eigene Quellen zurück.
Google Plus
Google Plus ist eine direkte Antwort auf Facebook, Google soll etwa tausend Angestellte auf dieses Projekt angesetzt haben.
Google Maps
Seit 2005 gibt es den Dienst Google Maps, der immer mehr Funktionen erhält. Beein-druckend sind die hoch aufgelösten Satellitenfotos, das Schwesterprodukt Google E-arth ist mittlerweile in Google Maps integriert. Interessant für Android-Nutzer: In einigen Städten werden auf Android-Geräten bereits Daten öffentlicher Verkehrsmittel angezeigt.
Das eigene Tablet
Googles Tablet Nexus 7 ist eines der erfolgreichsten Android-Tablet. Vor allem in Deutschland ist Android sehr erfolgreich und erreicht bei Smartphones bereits einen Marktanteil von über 75 Prozent.
Der ewige Kampf ums Straßenbild
Nur dank einer ganzen Flotte an Kamera-Fahrzeugen konnte Google Streetview anbieten. Das Angebot stieß aber unter dem Gesichtspunkt des Datenschutzes bald auf Kritik. In Österreich ist Streetview seit kurzem sogar verboten.
Google Glass
Wenig Begeisterung bei Datenschützern löst Google neues Produkt Google Glass aus. Die in den so genannten Google-X-Labs entwickelte Brille kann Informationen im Sichtfeld des Benutzers einblenden, die integrierte Kamera wird aber zum Hauptthema und sorgt für einige Verbote - unter anderem in britischen Kinos.
Die Zukunft: Ab auf die Straße
Selbstfahrende Autos sind schon länger ein Thema für Google, im Mai 2014 präsentiert das Unternehmen einen ersten Prototyp. Dank Laser-Scanner und vieler Sensoren soll es äußerst sicher sein. Laut Brin sei es schließlich Verschwendung, wenn Autos ungenutzt herumstünden. Selbstfahrende Autos könnten einfach neue Passagiere aufnehmen.

Wenig erfreut sein dürften darüber die Anbieter traditioneller Enterprise Firewalls - ein vorerst noch weiterhin boomender Markt, der laut einer Prognose von Markets and Markets vom vergangenen Herbsst von 6,14 Milliarden Dollar auf 8,14 Milliarden Dollar im Jahr 2019 wachsen soll. "Das wirft eine Menge historische Netz- und Security-Vorstellungen über den Haufen", konzediert Analyst Oltsik.