"Wall Street Journal"

Google tritt auf die Kostenbremse

14.07.2015 von Thomas Cloer
Der Internetkonzern Google stellt weniger neue Mitarbeiter ein und ist um mehr Effizienz seines mittlerweile verzweigten Imperiums bemüht.

Das berichtet das "Wall Street Journal" unter Berufung auf Recruiter, Venture Capitalists und andere mit der Angelegeneit vertraute Personen. Darum bemühe sich unter anderem die neue Finanzchef Ruth Porat, die an einem internen Audit zu Kosten, Erlösen und Buchhaltungssystemen beteiligt sei und versuche, Google als stabilerer, aber auch komplexerer Unternehmung ihren Stempel aufzudrücken. Googles Umsätze wachsen weniger als früher, die Gewinnmargen schmelzen ab und der Aktienkurs stagniert.

Am Donnerstag meldet Google seine Zahlen zum zweiten Quartal und gewährt damit einen aktuellen Einblick in seine Kostenstruktur. CFO Porat dürfte dabei ihren ersten größeren Auftritt in der anschließenden Telefonkonferenz mit Finanzanalysten haben.

Google hatte im ersten Quartal "nur" noch 1819 neue Mitarbeiter eingestellt, die geringste Aufstockung seiner aktuell 55.419-köpfigen Belegschaft seit dem Schlussquartal 2013. 2014 hatte das Unternehmen im Schnitt noch 2435 neue Mitarbeiter pro Quartal eingestellt, schreibt das "WSJ". Mittlerweile legten Manager anhand strategischer Prioritäten fest, welche Teams ihren Headcount erhöhen dürften. Verschiedene Bereiche müssten seit Ende vergangenen Jahres Pläne vorlegen, wie sie durch mehr Mitarbeiter bestimmte Ziele wie mehr Umsatz oder Nutzer erreichen wollten, heißt es weiter.

Blicke auf und in Rechenzentren von Google



























































Auch für Reisen, Ausstattung und Veranstaltung seien Genehmigungen nicht mehr so einfach zu bekommen wie in der Vergangenheit. Google bemühe sich aber auch weiterhin aggressiv darum, seine Mitarbeiter zu halten (oft mit mehr Anteilen). Der Konzern wächst und ist von einem Stellenabbau weit entfernt. Dass er jetzt die Kosten stärker im Blick habe, sei dennoch eine deutliche Veränderung für ein Unternehmen, das lange Zeit Expansion und Experimentieren über Controller-Bedenken gestellt habe, so das "WSJ".

"Google nimmt den Fuß vom Gas", kommentiert Analyst Carlos Kirjner von Bernstein Research. "Ich glaube nicht, dass die Company ihre Philosophie oder Herangehensweise grundlegend geändert hat. Sie hat einfach Anpassungen vorgenommen."

Die Geschichte von Google
Der Investor
Mit einer Investition von 100.000 Dollar durch den Sun-Gründer Bechtolsheim beginnt die Geschichte von Google - der Investor verdient dadurch knapp zwei Milliarden.
Backrub
Die in Standford entwickelt Suchmaschine Back Rub ist Vorläufer von Googles Suche. Die Hand im Logo ist übrigens die von Larry Page - der das Foto mit einem Kopierer erstellte.
Hypermodern
Die heutigen Data Center sind weit moderner. Hier wurde eine finnische Papierfabrik an der Ostsee zum Rechenzentrum umgebaut, zur Kühlung kommt Meerwasser zum Einsatz.
Endloses Betastadium
Die erste Version der Google-Website bezeichnet Google noch als "Beta", was auch für viele weitere Projekte wie Google Mail übernommen wird. Die Suchmaschine ist aber bereits früh ein ausgereiftes Angebot.
Die Väter des Erfolgs
Serge Brin und Larry Page lernen sich in Standford kennen, sie gründen 1998 Google. Seit 4. April 2011 ist Page CEO von Google, ein Posten den er ab 2001 an Eric Schmidt abgegeben hatte.
Zwei weitere wichtige Köpfe: David Cheriton...
Der Stanford-Dozent David Cheriton vermittelt den beiden Firmengründern den Kon-takt zu Bechtolsheim und andern Investoren. Auch er ist durch die Investition in Google heute Milliardär.
... und Eric Schmidt
Der Infomatiker und Manager Eric Schmidt kommt 2001 zu Google. Nach Stationen bei Sun als CTO und Novell als CEO übernimmt er den Posten des CEO bei Google. Am vierten April 2011 wechselt er in den Verwaltungsrat von Google.
Ab an die Börse
Der Börsengang am 19. August 2004 ist für Google ein großer Erfolg. Ende 2013 er-reicht sie erstmals einen Stand von 1000 Dollar, was einem Firmenwert von 327 Milli-arden entspricht.
Es geht nur in eine Richtung...
Seit der Gründung von Google sind Umsatz und Gewinn kontinuierlich gestiegen. Auf-fällig sind die Umsatzsteigerungen der beiden letzten Jahre, obwohl hier durch den Kauf von Motorola hohe Verlusten entstanden.
Alle wollen zu Google
Bei der Frage nach dem beliebtesten Arbeitgeber ist Google auch in Deutschland im-mer auf einem der ersten Plätze. Grund dafür ist ein Ruf als innovativer Markführer, der sich gut um seine Mitarbeiter kümmert.
Männerdomäne
Die Anzahl der Frauen bei Google ist eher gering, 70 Prozent der knapp 48.000 Ange-stellten (und 83 Prozent der Entwickler) sind männlich. Auch Minderheiten sind nur schwach vertreten, was von Google als Problem angesehen wird.
Wettbewerber Facebook
Facebook ist zwar keine Suchmaschine, die Plattform von Mark Zuckerberg hat aber eine Nutzerzahl von 1,23 Milliarden und ist als Anbieter von Werbeplatz eine echte Bedrohung für Google - sinkt doch der Stückpreis für Werbung und ist das Mobilge-schäft noch im Aufbau.
Kreativer Freiraum
Google macht immer wieder mit coolen Büro-Fotos auf sich aufmerksam, hier etwa mit einem als Iglu gestalteten Besprechungsraum.
Venedig-Feeling
Wahlweise kann eine Besprechung in einer Gondel abgehalten werden.
Die alles beherrschende Suchmaschine
Google ist als Suchmaschine Marktführer, Konkurrenten wie Bing, Yahoo und DuckDuckGo haben da wenig Chancen. Vor allem bei der Suche nach deutschen Seiten ist ihnen Google klar überlegen.
Spielchen für Zwischendurch
Die Suchmaschine bietet viele versteckte Funktionen wie „zerg rush“: Gibt man den Befehl in der Suchleiste ein, zerschießen kleine Buchstabe alle Suchtreffer auf der Website.
Immer ausgefeiltere Angebote
Eine Neuerung bei der Google-Suche ist der so genannte Knowledge Graph - sucht man beispielsweise Informationen zu einem Film, sind diese im rechten Seitenbereich zu sehen. Dabei greift Google auf fremde und eigene Quellen zurück.
Google Plus
Google Plus ist eine direkte Antwort auf Facebook, Google soll etwa tausend Angestellte auf dieses Projekt angesetzt haben.
Google Maps
Seit 2005 gibt es den Dienst Google Maps, der immer mehr Funktionen erhält. Beein-druckend sind die hoch aufgelösten Satellitenfotos, das Schwesterprodukt Google E-arth ist mittlerweile in Google Maps integriert. Interessant für Android-Nutzer: In einigen Städten werden auf Android-Geräten bereits Daten öffentlicher Verkehrsmittel angezeigt.
Das eigene Tablet
Googles Tablet Nexus 7 ist eines der erfolgreichsten Android-Tablet. Vor allem in Deutschland ist Android sehr erfolgreich und erreicht bei Smartphones bereits einen Marktanteil von über 75 Prozent.
Der ewige Kampf ums Straßenbild
Nur dank einer ganzen Flotte an Kamera-Fahrzeugen konnte Google Streetview anbieten. Das Angebot stieß aber unter dem Gesichtspunkt des Datenschutzes bald auf Kritik. In Österreich ist Streetview seit kurzem sogar verboten.
Google Glass
Wenig Begeisterung bei Datenschützern löst Google neues Produkt Google Glass aus. Die in den so genannten Google-X-Labs entwickelte Brille kann Informationen im Sichtfeld des Benutzers einblenden, die integrierte Kamera wird aber zum Hauptthema und sorgt für einige Verbote - unter anderem in britischen Kinos.
Die Zukunft: Ab auf die Straße
Selbstfahrende Autos sind schon länger ein Thema für Google, im Mai 2014 präsentiert das Unternehmen einen ersten Prototyp. Dank Laser-Scanner und vieler Sensoren soll es äußerst sicher sein. Laut Brin sei es schließlich Verschwendung, wenn Autos ungenutzt herumstünden. Selbstfahrende Autos könnten einfach neue Passagiere aufnehmen.

Früher waren Googles Erlöse so stark gestiegen, dass Kostenkontrolle nicht so wichtig war. Mittlerweile aber flacht das Wachstum ab, die Kosten steigen trotzdem weiter. 2014 erzielte Google noch 19 Prozent Umsatzwachstum nach 21 Prozent 2013, 22 Prozent 2012 sowie 29 Prozent 2011. Die operativen Kosten stiegen im vergangenen Jahr laut S&P Capital IQ aber um 31 Prozent und die Ausgaben für Forschung und Entwicklung sogar um 38 Prozent.

In der Folge ging die operative Marge laut Goldman Sachs von 38 Prozent im Jahr 2011 auf zuletzt nur noch 32 Prozent zurück. Gleichzeitig engagiert sich Google in neuen Feldern wie Internetversorgung mit hoch fliegenden Ballons, einem eigenen Mobilfunkangebot und selbstfahrenden Autos. Viele dieser Projekte generieren noch keine nennenswerten Einnahmen, was Anleger zunehmend hinterfragen. Die Google-Aktie hat im vergangenen Jahr rund drei Prozent verloren, während die Anteile von Apple und Facebook um über 30 Prozent zulegten.

Google-Chef Larry Page habe Ende vergangenen Jahres versucht, in einem Treffen mit wichtigen Aktionären deren Bedenken zu zerstreuen. Google verstehe die Notwendigkeit, langfristige Investitionen gegen das Risiko abzuwägen, dass ein niedriger Aktienkurs an der Moral der Mitarbeiter nage und Recruiting sowie Employee Retention erschwere. Als Beispiel für erfolgreiches Lenken eines großen und komplexen Konzerns habe Page Berkshire Hathaway von Warren Buffett mit CEOs an der Spitze operativer Firmen und einer Holding genannt, die abhängig vom Erfolg jährlich Kapital an diese Töchter ausschütte.

Im Januar hatte auch noch der damalige Finanzchef Patrick Pichette Investoren versichert, Google werde "Disziplin und die Bereitschaft zeigen, zurückzuschalten, wenn wir an die Grenzen dessen stoßen, was wir noch vertretbar absorbieren können". Als Beispiel für die neue Diszipliniertheit führte Pichette damals die Entscheidung an, den Vertrieb der ersten Version der Datenbrille "Glass" einzustellen.