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Grundzüge des Unternehmensteuerreformgesetzes

08.11.2007
Mit Wirkung zum 01.01.2008 wird das so genannte Unternehmensteuerreformgesetz in Kraft treten, mit Wirkung ab 01.01.2009 wird die Besteuerung der Einkünfte aus Kapitalvermögen neu geregelt. Hierzu folgender Überblick: von Rechtsanwalt und Steuerberater Walter L. Grosse.

Mit Wirkung zum 01.01.2008 wird das so genannte Unternehmensteuerreformgesetz in Kraft treten, mit Wirkung ab 01.01.2009 wird die Besteuerung der Einkünfte aus Kapitalvermögen neu geregelt. Hierzu folgender kurz gefasster Überblick:

1. Senkung des Körperschaftsteuersatzes auf 15 Prozent

Für ab 2008 erzielte körperschaftsteuerpflichtige Gewinne von Kapitalgesellschaften sinkt der Körperschaftsteuersatz von derzeit 25 auf künftig 15 Prozent (zuzüglich Solidaritätszuschlag von 5,5 Prozent des Körperschaftsteuerbetrages). Dadurch wird sich für Kapitalgesellschaften eine deutliche Reduzierung der Gesamtsteuerbelastung (Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer) um bis zu zehn Prozentpunkte auf ca. 25 Prozent bis 35 Prozent ergeben (abhängig vom örtlichen Gewerbesteuerhebesatz und vom Umfang der gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen).

2. Erhöhung des Einkommen-Spitzensteuersatzes auf 45 Prozent

Die so genannte Reichensteuer wird für Einkünfte ab 2008 generell erhoben. Dies bedeutet, dass die Spitzenbelastung bei der Einkommensteuer für Einkommen ab TEUR 250 (Ledige) bzw. ab TEUR 500 (zusammenveranlagte Ehegatten) auf 45 Prozent steigt (zuzüglich Solidaritätszuschlag von 5,5 Prozent des Einkommensteuerbetrages und zuzüglich evtl. Kirchensteuer).

3. Thesaurierungsbegünstigung für Personengesellschaften und Einzelunternehmer

Um einer steuerlichen Gleichbehandlung von Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften näher zu kommen, wird den Gesellschaftern von Personengesellschaften und Einzelunternehmern für ab 2008 erzielte Erträge die Möglichkeit der so genannten Thesaurierungsbegünstigung gewährt: Auf Antrag werden nicht entnommene Gewinne zunächst nur mit 28,25 Prozent Einkommensteuer belastet. Erst im Ausschüttungsfall wird dann durch eine Nachsteuer von 25 Prozent die volle Steuerbelastung erreicht. Hinzu kommen jeweils der Solidaritätszuschlag von 5,5 Prozent des Einkommensteuerbetrages sowie evtl. Kirchensteuer.

Allerdings gelten die zu Lasten des Gewinns erhobene Gewerbesteuer und die vom Gesellschafter/Einzelunternehmer auf den Gewinn zu zahlende Einkommensteuer als entnommen, so dass der Steuersatz von 28,25 Prozent faktisch deutlich überschritten wird. Andererseits wird die Gewerbesteuer weitgehend auf die persönliche Einkommensteuer angerechnet. Im Ergebnis liegt die Steuerbelastung der Erträge von Personengesellschaften und Einzelunternehmern im Thesaurierungsfalle zwischen ca. 35 und 40 Prozent.

Die Thesaurierungsbegünstigung hat allerdings mehrere Nachteile. Zum einen sind die Steuersätze von 28,25 Prozent für thesaurierte Gewinne und die Nachsteuerbelastung von 25 Prozent im Entnahmefall progressionsunabhängig. Wer mit seinen Einkünften nicht wenigstens in der Nähe des Spitzensteuersatzes liegt, für den kann sich die Thesaurierungsbegünstigung nachteilig auswirken. Zum anderen können, insbesondere im Fall späterer Verluste, bereits voll versteuerte am 01.01.2008 vorhandene Rücklagen nochmals der Nachsteuer von 25 Prozent (zuzüglich Solidaritätszuschlag und evtl. Kirchensteuer) unterliegen. Die Thesaurierungsbegünstigung ist daher nur für nachhaltig ertragstarke Unternehmen von Vorteil.

4. Änderungen bei der Gewerbesteuer

Die Gewerbesteuer wird in wesentlichen Punkten neu ausgestaltet. Insbesondere ändern sich:

- die Gewerbesteuermesszahl sinkt von bislang 5 auf nunmehr 3,5 Prozent.

- die Gewerbesteuer ist künftig nicht mehr als Betriebsausgabe von der Bemessungsgrundlage für Körperschaftsteuer, Einkommensteuer und Gewerbesteuer abzugsfähig.

- der Faktor für die Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer natürlicher Personen wird von derzeit 1,8 auf künftig 3,8 erhöht. Dies bedeutet im Ergebnis, dass die Gewerbesteuerbelastung im Regelfalle (Ausnahme insbesondere: Verlustsituation des Betriebes) bei Gewerbesteuer-Hebesätzen bis 400 Prozent voll angerechnet werden kann und damit neutralisiert wird.

- die Vorschriften für die Hinzurechnung von Zinsen und Kosten zum steuerpflichtigen Gewerbeertrag werden grundlegend neu gestaltet; insbesondere durch Hinzurechnung von 25 Prozent aller Zinsen und Gewinnanteile stiller Gesellschafter, von 5 Prozent aller Mieten und Leasingraten für bewegliche Wirtschaftsgüter und von 18,75 Prozent der Mieten, Pachten und Leasingraten für Immobilien.

- die Bedeutung der Gewerbesteuer wird aufgrund der Verbreiterung der Bemessungsgrundlage deutlich ansteigen.

5. Beschränkung des Betriebsausgabenabzugs für Zinsaufwendungen ("Zinsschranke")

Zinsaufwendungen sind künftig nur noch bis zur Höhe von 30 Prozent des Gewinns vor Abzug von Zinsen, Abschreibungen und Steuern (sogenanntes EBITDA) als steuermindernder Aufwand abzugsfähig. Diese Einschränkung gilt für Fremdkapitalkosten jeglicher Art, auch für den Abzug von Gesellschafterdarlehen, und für jegliche Rechtsform, also auch für Personengesellschaften und Einzelunternehmen. Allerdings gibt es folgende Einschränkungen:

a) die Zinsschranke ist nicht anzuwenden, wenn die Summe der Zinsaufwendungen des betreffenden Betriebs weniger als EUR 1,0 Mio. p.a. beträgt (Freigrenze; bei Überschreiten der Freigrenze ist der Zinsaufwand insgesamt auf Abzugsfähigkeit zu prüfen),

b) die Zinsschranke ist ferner nicht anzuwenden, wenn der betreffende Betrieb nicht Bestandteil eines Konzern ist (Achtung! Die GmbH & Co. KG besteht aus zwei Gesellschaften und ist daher regelmäßig als Konzern anzusehen),

c) die Zinsschranke gilt ferner dann nicht, wenn der betreffende Betrieb zwar Teil eines Konzerns ist, die Eigenkapitalquote des Betriebs jedoch mindestens gleich hoch wie die Eigenkapitalquote des Konzerns ist,

wobei die Ausnahmen zu b) und c) wiederum dann nicht eingreifen, wenn nennenswerte Zinszahlungen an wesentlich beteiligte Gesellschafter fließen.

6. Neuregelung der Verlustabzugsbeschränkungen beim Erwerb von Anteilen an Kapitalgesellschaften ("Mantelkauf")

Verlustvorträge einer Kapitalgesellschaft gehen bereits derzeit verloren, wenn mehr als die Hälfte der Anteile übertragen und der Gesellschaft überwiegend neues Betriebsvermögen zugeführt wird. Für Anteilsübertragungen ab 2008 gilt nunmehr: Bei Anteils- oder Stimmrechtsübertragungen von mehr als 25 Prozent und bis zu maximal 50 Prozent innerhalb von fünf Jahren entfällt der Verlustvortrag quotal. Im Falle von Anteils- oder Stimmrechtsübertragungen von mehr als 50 Prozent innerhalb von fünf Jahren geht der Verlustvortrag vollständig verloren. Auf die Frage, ob neues Betriebsvermögen zugeführt wird oder nicht, kommt es nicht mehr an, sondern nur noch auf die Überschreitung der Schwellen von 25 Prozent bzw. 50 Prozent.

Dies gilt aber nur dann, wenn die Übertragung an ein- und denselben Erwerber oder diesem nahestehende Personen oder an eine Gruppe von Erwerbern mit gleichgerichteten Interessen erfolgt, hingegen z.B. nicht bei Übertragung von Anteilen über die Börse. Ferner gilt diese Regelung auch für mittelbare Anteilsübertragungen, z.B. für Verluste von Tochtergesellschaften, wenn es relevante Änderungen im Gesellschafterkreis des Mutterunternehmens gibt.

Für Anteilsübertragungen vor 2008 bleibt die bisherige Regelung (Schädlichkeit der Zuführung überwiegend neuen Betriebsvermögens) übergangshalber noch anwendbar.

7. Verrechnungspreise und Funktionsverlagerungen ins Ausland

Die bislang lediglich durch die Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze zur Steuerpflicht im Falle von Funktionsverlagerungen ins Ausland werden nunmehr mit Wirkung ab 2008 gesetzlich geregelt. Darüber hinaus werden international verbundenen Unternehmen detaillierte Vorgaben hinsichtlich des Verfahrens zur Ermittlung von Verrechnungspreisen innerhalb des Konzerns sowie verschärfte Aufzeichnungs- und Dokumentationspflichten auferlegt.

8. Abgeltungsteuer und Teileinkünfteverfahren ab 2009

Das derzeitige Halbeinkünfteverfahren (Steuerpflicht von Dividenden und Veräußerungsgewinnen beim Verkauf von Kapitalgesellschaften nur zur Hälfte) wird abgeschafft. Mit Wirkung ab 2009 gilt vielmehr folgendes:

a) Dividenden, also Gewinnausschüttungen von Kapitalgesellschaften:
- gehören die betreffenden Anteile, auf die die Dividenden bezahlt werden, zum Privatvermögen, dann werden die Dividendeneinkünfte mit der Abgeltungsteuer belegt.
- befindet sich die Einkunftsquelle im Betriebsvermögen einer natürlichen Person oder einer Personengesellschaft, dann gilt das Teileinkünfteverfahren.
- befindet sich die betreffende Einkunftsquelle im Betriebsvermögen einer Kapitalgesellschaft, dann sind die Einkünfte von der Besteuerung freigestellt.

b) Zinserträge:
- für Zinserträge, die von nicht nahestehenden Schuldnern bezahlt werden, gilt grundsätzlich die Abgeltungsteuer.
- ist eine natürliche Person an der Gesellschaft, von der die Zinsen bezahlt werden, mit mindestens 10 Prozent beteiligt oder befindet sich die Beteiligung an dem zinszahlenden Schuldner im Betriebsvermögen einer natürlichen Person oder Personengesellschaft oder Kapitalgesellschaft, dann sind die Zinserträge (wie bisher) voll zu versteuern.

c) Veräußerungsgewinne beim Verkauf von Anteilen an Kapitalgesellschaften:
- handelt es sich um eine nicht wesentliche Beteiligung (unter 1 Prozent), dann gilt die Abgeltungsteuer.
- ist/war der Veräußerer an der veräußerten Gesellschaft mit mindestens 1 Prozent beteiligt oder befindet sich die Beteiligung im Betriebsvermögen einer natürlichen Person oder Personengesellschaft, dann gilt das Teileinkünfteverfahren.
- befindet sich die Beteiligung im Betriebsvermögen einer Kapitalgesellschaft, dann ist der Veräußerungsgewinn von einer Versteuerung freigestellt.

Hierbei bedeuten: - Abgeltungsteuer: Steuersatz 25 Prozent zuzüglich Solidaritätszuschlag von 5,5 Prozent der Abgeltungsteuer zuzüglich evtl. Kirchensteuer. Keinerlei Abzug von Werbungskosten, auch nicht von Schuldzinsen.

- Teileinkünfteverfahren: Steuerpflicht von 60 Prozent des jeweiligen Zuflusses an Dividenden oder Veräußerungsgewinnen in Höhe des individuellen Steuersatzes zuzüglich Solidaritätszuschlag und evtl. Kirchensteuer; Werbungskostenabzug zulässig bis 60 Prozent der Werbungskosten.

- Freistellung: Fiktion eines Anteils nicht abzugsfähiger Betriebsausgaben von 5 Prozent des jeweiligen Zuflusses, mithin partielle Steuerpflicht von 5 Prozent dieses Zuflusses und Steuerfreistellung von 95 Prozent dieses Zuflusses; unter Umständen eingeschränkter Betriebsausgabenabzug.

- Volle Versteuerung: Steuerpflicht des gesamtes Zuflusses mit dem individuellen Steuersatz zuzüglich Solidaritätszuschlag und evtl. Kirchensteuer; voller Abzug von Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben.

Veräußerungsgewinne von Anlagen im Privatbereich (insbesondere Aktien bei Beteiligung von weniger als 1 Prozent und Anleihen) werden allerdings nur erfasst, wenn die Anschaffungen ab dem 01.01.2009 erfolgen; bei vorher erworbenen Aktien/Anleihen sind ab 01.01.2009 nur die laufenden Dividendeneinkünfte/Zinszahlungen abgeltungsteuerpflichtig. Darüber hinaus wird die Verrechnung von Veräußerungsverlusten mit Veräußerungsgewinnen detailliert und einschränkend geregelt.

9. Sonstige Änderungen ab 2008

a) de Möglichkeit von Ansparabschreibungen für Existenzgründer und kleinere Betriebe wird neu geregelt.
b) eine degressive Abschreibung für Anschaffungen ab 2008 ist nicht mehr zulässig.
c) die Betragsgrenze für die Sofortabschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter wird ab 2008 auf EUR 150 verringert.

Kontakt und weitere Informationen: Der Autor ist Mitglied in der Deutschen Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e.V. Walter L. Grosse, Rechtsanwalt/Fachanwalt für Steuerrecht, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Luisenstraße 25, 80333 München, Telefon 089 / 55 19 05 40, Telefax 089 / 55 19 05 56, E-Mail: rae-wp-stb@gmx.de. (mf)