Auto ohne Aschenbecher geliefert

Händler muss 117.000 Euro zurückzahlen

10.04.2015 von Renate Oettinger
Die Verpflichtung zur Rücknahme eines Pkws und die Rückabwicklung des Kaufvertrages sind rechtlich zulässig, denn das Fehlen eines Aschenbechers ist keine Bagatelle.

Der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg hat eine Toyota-Vertragshändlerin wegen eines fehlenden Aschenbechers zur Rücknahme eines Pkw Lexus und zur Rückzahlung des Kaufpreises von mehr als 117.000 Euro verpflichtet. Darauf verweist der Erlanger Fachanwalt für Verkehrsrecht Marcus Fischer, Vizepräsident des VdVKA - Verband deutscher VerkehrsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Kiel, unter Hinweis auf die Mitteilung des Oberlandesgerichts (OLG) Oldenburg vom 16.3.2015 zu seinem Urteil vom 10.3.2015, Aktenzeichen 13 U 73/14.

Fehlt bei Lieferung eines Fahrzeugs ein Produktbestandteil, der beim Kauf vereinbart war, liegt eine nicht unerhebliche Pflichtverletzung des Lieferanten vor.
Foto: Gajus - Fotolia.com

Der Geschäftsführer der Kundin hatte den Pkw im Januar 2013 für 135.000 € bei der Händlerin bestellt. Als der Wagen ausgeliefert wurde, stellte er fest, dass er nicht über einen fest installierten und beleuchteten Aschenbecher verfügte. Das zuvor ebenfalls bei der Händlerin gekaufte Vorgängermodell verfügte über einen solchen Aschenbecher. Aus Sicht der Kundin hatte man beim Kauf vereinbart, dass auch der neue Wagen dementsprechend ausgestattet sei.

Modellausstattung extra vereinbart

Das Landgericht Osnabrück wies die Klage ab. Die Berufung der Kundin hatte hingegen vor dem Oberlandesgericht Erfolg. Nach der Vernehmung von Zeugen stand für die Richter fest, dass im Kaufvertrag die Lieferung eines Fahrzeugs mit einem fest installierten und beleuchteten Aschenbecher vereinbart worden war. Das Fehlen des Aschenbechers sei auch eine nicht unerhebliche Pflichtverletzung, so die Richter. Der Geschäftsführer der Kundin hatte dem Mitarbeiter der Händlerin ausdrücklich gesagt, dass für ihn ein sog. Raucherpaket sehr wichtig sei. Es sei deshalb extra vereinbart worden, dass das neue Modell so ausgestattet sei, wie das bisher von der Kundin genutzte Vorgängermodell.

Der Senat sah das Fehlen des Aschenbechers auch nicht als bloße Bagatelle an. Anders als die Händlerin, die lediglich von einer nur geringfügigen Einschränkung des "Rauchkomforts" ausging, wenn eine Aschenbecherdose in einem Getränkehalter in der Mittelkonsole platziert würde, folgten die Richter der Auffassung der klagenden Kundin. So könne bei Dunkelheit wegen der fehlenden Beleuchtung nicht "abgeascht" werden, ohne das Fahrzeug zu verschmutzen und die Zigarette könne während der Fahrt nicht abgelegt werden. Ferner könnten die Getränkehalter in der Mittelkonsole nicht bestimmungsgemäß genutzt werden, wenn dort ein Aschenbecher angebracht würde.

Keine Nachrüstung möglich

Nachdem auch keine Nachrüstung des Fahrzeugs mit einem passenden Aschenbecher möglich war, konnte die Kundin den Vertrag rückgängig machen. Da sie mit dem Fahrzeug gut 44.000 Kilometer zurückgelegt hatte, musste sie sich auf den ursprünglich gezahlten Kaufpreis die Nutzungsvorteile anrechnen lassen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Fischer rät, dies zu beachten und in allen Zweifelsfällen unbedingt rechtlichen Rat in Anspruch zu nehmen, wobei er dabei u. a. auch auf den VdVKA - Verband deutscher Verkehrsrechtsanwälte e. V. - www.vdvka.de - verweist.

Weitere Informationen und Kontakt: Marcus Fischer, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Verkehrsrecht und Vize-Präsident des VdVKA - Verband Deutscher VerkehrsrechtsAnwälte e. V., c/o Salleck + Partner, Spardorfer Str. 26, 91054 Erlangen, Tel.: 09131 - 974 799-22, E-Mail: fischer@salleck.de, Internet: www.salleck.de

Gerichtsurteile (und Analysen) – Teil 15
Genehmigung von Sonntagsarbeit bei Amazon war rechtswidrig
Darf im Weihnachtsgeschäft bei Amazon ausnahmsweise sonntags gearbeitet werden? Über diese Frage gibt es seit langem Streit. Jetzt hat das Bundesverwaltungsgericht ein Urteil dazu gefällt.
Rechte von Neuwagen-Käufern bei Mängeln am Auto
Im Dieselskandal haben die allermeisten Betroffenen VW verklagt, vergleichsweise wenige ihren Autohändler. Jetzt verschafft ihnen ein Urteil aus Karlsruhe Rückenwind. Die höchstrichterlichen Festlegungen lassen sich zum Teil auf sämtliche Neuwagen mit Macken übertragen.
Getarnte Werbung im E-Mail-Postfach kann unzulässig sein
Ein deutscher Stromanbieter hat in vielen Mailpostfächern Werbeanzeigen geschaltet, die echten E-Mails zum Verwechseln ähnlich gesehen haben. Nun hat der EuGH entschieden, welche Grenzen dafür gelten.
Kündigungsschutz bei Gewerberäumen
Bei Mietverträgen über Gewerberäume kann der Vermieter in der Regel ohne Angabe von Gründen kündigen. Doch es gibt Ausnahmen. Die Arag-Experten nennen Details.
Fremde Videos auf eigener Website?
Die Inhalte der Videos, die in die eigene Internetseite eingebunden werden, sollten vorab einer sorgfältigen wettbewerbsrechtlichen Überprüfung unterzogen werden, da ansonsten Schadensersatzanprüche drohen können.
Ausschlussfristen müssen wirksam formuliert werden
Eine Aus­schluss­fris­t be­sa­gt, dass ar­beits­ver­trag­li­che Ansprüche ver­fal­len, wenn sie nicht in­ner­halb ei­ner be­stimm­ten Frist gel­tend gema­cht werden. Eine divergierende Rechtsprechung führt dabei zu Unsicherheiten für den Arbeitgeber.
Mitarbeiterin ausgerutscht – selber schuld
Das Landgericht Coburg sieht keinen Schadensersatz- und Schmerzensgeldanspruch für eine Arbeitnehmerin, die auf dem Betriebsgelände gestürzt ist.
Wann ein Amazon-Händler haftet
Amazon kann Einfluss auf die Präsentation der zu verkaufenden Produkte nehmen, wobei dem Händler im Einzelfall wenig Spielraum verbleibt. Manfred Wagner erklärt, was das für den Händler bedeutet.
Bundesarbeitsgericht setzt Grenzen für Mitarbeiter-Überwachung
Ist die krank gemeldete Kollegin wirklich krank? Um dies zu klären, heuerte der Chef einen Detektiv an. Die Frau verlangte Schmerzensgeld - und rief das höchste deutsche Arbeitsgericht auf den Plan.
Anrechnung von Ansprüchen
Ein Arbeitgeber gewährt durch die Freistellungserklärung in einem Kündigungsschreiben nur dann wirksam Urlaub, wenn er dem Arbeitnehmer die Urlaubsvergütung vor Antritt des Urlaubs zahlt oder vorbehaltlos zusagt.
Scheinwerkvertrag mit Versuchstechniker
Das LAG Baden-Württemberg hat über das Zustandekommen eines Arbeitsvertrags zwischen dem Arbeitnehmer und dem Drittunternehmen entschieden.
Dauerthema Schönheitsreparaturen
Immer wieder beschäftigt das Thema der selbst ausgeführten Schönheitsreparaturen in Wohnungen die Gerichte.
Widersprüchliche Angaben zur Lieferzeit
Online-Händler sind gesetzlich verpflichtet, Angaben zur Lieferzeit zu machen. Entscheidend ist, wann die Ware beim Verbraucher eintrifft. Finden sich im Shop widersprüchliche Angabe zu Lieferzeiten, kann dies als Irreführung abgemahnt werden, sagt Martin Rätze von Shopbetreiber-Blog.de.
Kostenpflichtige Rufnummer im Impressum
Das OLG Frankfurt hat sich mit der Frage der wettbewerbsrechtlichen Zulässigkeit von sog. Mehrwertdienstnummern im Impressum beschäftigt. Manfred Wagner nennt Einzelheiten.
Ist eine Verdachtskündigung rechtens?
Wenn die Fortsetzung der Ausbidung für den Arbeitgeber unzumutbar ist, kann ein Auszubildender unter bestimmten Bedingungen wegen eines Verdachts gekündigt werden.
Vorsicht Dachlawine!
Wer für eventuelle Schäden durch eine Dachlawine aufkommen muss, ist nicht eindeutig geregelt. Die Arag-Experten geben einen Überblick, was Hausbesitzer, Autofahrer und Passanten beachten müssen.
Kunde hat kein Recht auf eisfreien Parkplatz
Bei kleinen und gut sichtbaren vereisten Flächen kann dem Kunden auch ein minimaler "Umweg" zugemutet werden.