Graumarktwächter schlagen zu

Händlerfalle Streckengeschäft

28.01.2009
Der Reseller fädelt das Geschäft ein und der Distributor schickt die Ware direkt an den Kunden. Das kann ins Auge gehen, wie Supplies-Händler Christian Meier erfahren musste.

Post vom Anwalt

Xerox kämpft gegen "unzulässige Parallelimporte" von Druckerverbrauchsmaterial

Ende November spuckte das Faxgerät des bayerischen Supplies-Spezialisten Muenchen-toner.de Post von der Xerox-Anwaltssozietät Grünecker Kinkelday Stockmair & Schwanhäusser aus. Der Vorwurf: Das Fachhandelsunternehmen soll "unzulässige Parallelimporte aus dem außereuropäischen Ausland in Deutschland" vertrieben haben. Dies habe man durch Testkäufe festgestellt. Der Streitwert wurde mit 250.000 Euro festgesetzt. Die beigefügte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung sei zu unterzeichnen, und die Anwaltskosten von 3.098 Euro möge man überweisen.

Erst nach einem gemeinsamen Termin mit den Anwälten von Xerox und Muenchen-toner.de erfuhr Geschäftsführer und Inhaber Christian Meier, um welche Ware es sich überhaupt handelte. Von den beanstandeten Toner-Sticks für Xerox-Phaser-Drucker hatte er 13 Stück verkauft, davon ein Exemplar an den Xerox-Testkäufer. "Die Ware kostete im Einkauf 56 Euro, diese habe ich für wenige Euro mehr weiterverkauft. Insgesamt habe ich mit den Sticks weit weniger als 100 Euro verdient", klagt Meier. Die Xerox-Vertreter ließen sich dazu erweichen, von der Forderung von über 3.000 Euro abzurücken, und gaben sich mit 1.600 Euro zufrieden. Dazu kommen noch 1.400 Euro an eigenen Anwaltskosten. Meier entstand so ein Schaden von rund 3.000 Euro bei einer Gewinnmarge eines gerade einmal zweistelligen Euro-Betrags. "Das steht in keinem Verhältnis zum entstandenen Schaden", konstatiert er.

Quelle bleibt im Dunklen

Dabei tappte der Münchener Händler völlig unwissend in die Graumarktfalle: Die Ware wurde im Streckengeschäft von seinem Zulieferer Supplies24 direkt an die Kunden ausgeliefert. Bei diesem Geschäftsmodell ist der Händler auf Gedeih und Verderb seinem Grossisten ausgeliefert und hat überhaupt keine Möglichkeit, die Produkte auf eventuelle Unregelmäßigkeiten hin zu kontrollieren. Aber auch bei Ware, die bei ihm selbst über den Ladentisch geht, ist die Sache nicht so einfach. "Woran soll denn ein Händler Original-Xerox-Ware erkennen können? Ich habe auf der Xerox-Homepage keinen Hinweis gefunden", fragt sich Meier. Die Informationen seien dann erst vom Xerox-Anwalt gekommen.

Doch auch bei Supplies.24 ist man sich keiner Schuld bewusst. "Der betroffene Artikel wurde bei einer sehr großen, namhaften Distribution bezogen", erklärt Geschäftsführer Dieter P. Büchl. Den Namen will er aber "aus Gründen der Diskretion" nicht nennen. "Jeder bei uns eingehende Artikel wird, soweit Fälschungs- oder Zielmarktmerkmale vom Hersteller kommuniziert werden, optisch geprüft", versichert Büchl. Bei Xerox-Ware sei dies leider nicht möglich. Nur Xerox könne anhand der Seriennummer feststellen, wo der Artikel auf den Markt gebracht wurde. "Es war also weder uns möglich, noch wäre es unabhängig vom Streckengeschäft irgendeinem Händler möglich gewesen, diesen Artikel als Parallelimport zu identifizieren", meint der Supplies24-Chef.

Trotzdem glaubt Büchl nicht, dass hinter Streckengeschäften besondere Gefahren lauern, sofern die Ware von vertrauenswürdigen Quellen stammt, zu denen er natürlich auch sein Unternehmen zählt. "In diesem Fall haben wir sofort reagiert und Muenchen-toner eine schnelle Regulierung zugesagt", betont der Supplies-Spezialist.

Autorisierte Händler schützen

Bei Xerox gibt man sich zugeknöpft. Zum Fall Muenchen-toner.de will man sich nicht konkret äußern. Auch zur Herkunft der Ware gibt es keine Auskunft. Gegenüber ChannelPartner erklärt Peter Pichier, Head of Corporate Marketing bei Xerox, lediglich: "Die Durchführung von kontinuierlichen Testkäufen in Europa ist ein fester Bestandteil unserer Strategie zur Sicherung von Produktqualität und Kundenzufriedenheit." Im Wesentlichen wolle man mit dieser Vorgehensweise autorisierte Fachhändler und Distributoren unterstützen. Händlern rät er, Verbrauchsmaterial nur von "akkreditierten Distributoren" zu beziehen. Hier könne man darauf vertrauen, legal Qualitätsware zu erhalten. Welche Grossisten das sind, ist aber auf der Xerox-Website nicht zu finden.

Im Umgang mit Christian Meier war Xerox weit weniger zurückhaltend: Nachdem er sich mit seinem Fall an ChannelPartner gewandt hatte, wurde er von den Xerox-Anwälten unter Druck gesetzt, und die Einigung auf die 1.600 Euro Anwaltskosten wurde in Frage gestellt. Nach der Unterzeichnung der Unterlassungserklärung ist es nun aber bei dem reduzierten Betrag geblieben. Seinen Schaden von 3.000 Euro hat Muenchen-toner.de bei Supplies.24 eingefordert. "Die entstandenen Kosten wurden sofort in voller Höhe ersetzt", erklärt Büchl. "Wir selbst konnten eindeutig zuordnen woher wir den Artikel bezogen haben und haben diese Kosten, wie auch die bei uns angefallenen Kosten bei unserem Lieferanten geltend gemacht und erstattet bekommen".

Meinung des Redakteurs

Der Kampf gegen Graumarktware seitens der Hersteller ist legitim und dient auch zum Schutz der Reseller, die ausschließlich mit legaler Ware handeln. Trotzdem muss sich Xerox den Vorwurf gefallen lassen, in diesem Fall mit Kanonen auf Spatzen geschossen zu haben. Ein Anruf beim betroffenen Fachhändler hätte genügt, und die Angelegenheit wäre aus der Welt geschafft worden. (awe)


Lesen Sie auch den Kommentar von Rechtsanwalt Johannes Richard zum Thema "Parallelimporte".