Interview mit Gerhard Auerswald

"Hardware wird es immer geben"

29.04.2010
Seit mehr als 20 Jahren produziert die Traditionsfirma Auerswald TK-Anlagen für den SMB-Bereich. Im Gespräch mit ChannelPartner erklärt Geschäftsführer Gerhard Auerswald das Erfolgskonzept des Unternehmens.
"Wir brauchen Händler, die auf Augenhöhe mit dem Netzwerkadministrator eines Unternehmens reden können." Gerhard Auerswald, Geschäftsführer der Auerswald GmbH

Herr Auerswald, Sie sind seit 1980 Geschäftsführer des Familienunternehmens, das seit 1986 TK-Anlagen produziert. Wie hat sich die Branche in den drei Jahrzehnten seit Ihren Anfängen verändert?

Gerhard Auerswald: Die Produktzyklen haben sich massiv verkürzt. 90 Prozent unseres Umsatzes stammen von Produkten, die keine zwei Jahre alt sind. Die Entwicklung der richtigen Produkte zur richtigen Zeit wird deshalb immer wichtiger. Nicht umsonst ist die Entwicklungsabteilung die größte Abteilung bei uns.

Was halten die Kunden von diesen kurzen Produktzyklen?

Auerswald: Viele sind genervt von den ständigen Innovationen und wollen sich nicht immer neu eindenken müssen. Es haben eben nicht alle Spaß an der ständigen Veränderung, das gilt auch für TK-Anlagen.

Und wie sollte der Handel reagieren?

Auerswald: Als Händler sollte man nicht überrascht sein, dass sich die Technologie ändert. Man muss dabei aber die Kundenwünsche ernst nehmen. Vielleicht kann der Kunde sein Problem auch gar nicht richtig beschreiben. Dann muss sich der Händler Zeit nehmen und die Bedürfnisse herausarbeiten. Es ist absolut tödlich, dem Kunden die Leistungsmerkmale einer TK-Anlage vorzulesen.

Aber diese zeitliche Investition wird durch die Marge oft nicht gerechtfertigt.

Auerswald: Man muss auch nicht jedes Geschäft machen. Unsere Kleinstanlagen kann der technisch versierte Endkunde beispielsweise auch selbst installieren. Deshalb zielen unsere Incentive-Maßnahmen auf beratungsintensive Produkte.

Ein Mitbewerber versucht ja gerade, durch Kontrolle der Distribution den Preisverfall einzudämmen. Was halten Sie von solchen Maßnahmen?

Auerswald: Diese Idee ist so alt wie der Großhandel selbst. Das sieht schick aus, funktioniert aber nicht, weil der Hersteller nie alle Kanäle kontrollieren kann. Die Frage ist doch: Geben Sie Geld aus, um etwas zu verhindern oder um etwas zu bewirken? Wir haben uns für den zweiten Weg entschieden und verbessern die Marge des Fachhandels durch direkte Bonuszahlungen. Bei beratungsintensiven Produkten können das bis zu acht Prozent sein.

Welche Unterstützung bieten Sie noch?

Auerswald: Wir haben ein großes Angebot an Seminaren und führen pro Jahr 120 bis 130 Veranstaltungen durch, an denen insgesamt zwischen 1.300 und 1.500 Händler teilnehmen - mit steigender Tendenz.

Wo sehen Sie den größten Schulungsbedarf?

Auerswald: Der Wandel in der Basistechnologie weg von Analog und ISDN hin zu IP macht Netzwerkkenntnisse unabdingbar. Wir brauchen Händler, die diese Technologie verstehen, die auf Augenhöhe mit dem Netzwerkadministrator eines Unternehmens reden können. Im Netzwerkbereich wird außerdem ständig neues Wissen gefordert.

Kann der klassische TK-Fachhandel das überhaupt leisten?

Auerswald: Ein Teil wird verlieren. Wer überleben will, muss sich diversifizieren und zum Beispiel auch Brandmeldetechnologien anbieten. Der Fachhändler kann vor allem dann gut existieren, wenn er Kundenwünsche erfüllen und seinen Mehrwert darstellen kann.

Bieten Managed Sevices und Cloud Computing dem Handel neue Einkommensmöglichkeiten?

Auerswald: Das ist ein weites Feld, mit dem sich der Handel gerade erst zu beschäftigen beginnt. Die Frage ist, ob der Kunde sich damit wohlfühlt, seine Gesprächsdaten aus der Hand zu geben. Datenskandale bei Netzbetreibern und Service-Providern fördern dieses Vertrauen nicht gerade, auch wenn beide Felder technisch nichts miteinander zu tun haben.

Wird diese Entwicklung in Richtung Outsourcing zum Aussterben der TK-Anlage führen?

Auerswald: Das ist denkbar, wird aber noch sehr lange dauern. Eine Prognose über Zeiträume von mehreren Jahrzehnten aufzustellen ist äußerst schwierig. Wer hätte beispielsweise in den 1970er-Jahren vorhergesehen, dass einmal Handys und Navigationsgeräte zum Alltag gehören würden?

Und was macht Auerswald, wenn die TK-Anlage ins Netz wandert?

Auerswald: Man wird immer Hardware wie Gateways, Schnittstellen und Telefone benötigen. Schon heute wird unsere Anlage Compact 3000 VoIP zunehmend als Media Converter zwischen VoIP-TK-Anlagen und klassischen Systemtelefonen betrieben. Von daher sehe ich der Entwicklung gelassen entgegen. (haf)