HP rüstet auf: "Dellmark" soll vernichtet werden

20.02.2003
Die Drucker von Dell sind noch gar nicht auf dem Markt, doch sie liegen HP schon schwer im Magen: Auf einer Partnerveranstaltung in Orlando/USA warf der Marktführer seine bisherige Zurückhaltung über Bord und erklärte dem neuen Konkurrenten offen den Krieg. "Dellmark", der "Feind Nummer eins", soll "vernichtet" werden.

Im Vergleich zu dem, was dem Druckermarkt noch bevorsteht, dürfte das bisherige Gerangel der Hersteller wie ein Kindergeburtstag wirken: Die Ex-Partner Dell und HP rüsten auf für eine Schlacht, wie es sie in diesem Bereich noch nie gegeben hat. Zwar will Dell die ersten Drucker unter eigenem Label und mit Lexmark-Technik erst in einigen Monaten auf den Markt bringen, doch das verbale Kräftemessen hat bereits begonnen.

"Lexmark und Dell sind für uns der Feind Nummer eins", verkündete Rich Raimondi, Vice President der US-Commercial Business Imaging und Printing Group, vergangene Woche auf einer Partnerveranstaltung in Orlando. Etwa 1.000 Teilnehmer lauschten gebannt, als der Manager versprach, man werde sich von "Dellmark" nicht kampflos die Butter vom Brot nehmen lassen: "Lexmark hat seine Wahl getroffen. Hat sich für eine Zusammenarbeit mit Dell entschieden. Sie haben ihren Einsatz getätigt, jetzt liegt es an uns, sie dafür bezahlen zu lassen."

Mit einem Dreh an der Preisspirale will man dem neuen Konkurrenten schon den Start im Druckermarkt erschweren: "Wir werden im Preis so aggressiv sein, wie wir es sein müssen", so Raimondi. "Wir werden sehr hart daran arbeiten, Dell und Lexmark zu blocken." Die Aufforderung an die Partner, "Dell kaputtzumachen", hat er zwar noch spöttisch verpackt, aber sie ist wohl durchaus ernst gemeint.

HP will mit Preispolitik blocken

Eine Antwort blieb Dell bisher schuldig. Doch wie man hört, wird schon fleißig an einer Werbekampagne gebastelt, mit der man sich bei HP für die Kampfansage "bedanken" will. Verunsichert hat das Statement des amerikanischen Managers den Konkurrenten jedenfalls nicht: "HP regt sich ja eigentlich über noch ungelegte Eier auf. Aber wenn wir mit Einbrüchen von 33 Prozent im PC-Segment zu kämpfen hätten, würden wir wahrscheinlich auch so nervös reagieren", heißt es inoffiziell aus der deutschen Niederlassung.

Tatsächlich kann sich HP einen weiteren weltweiten Preiskampf mit Dell - im PC- und Notebook-Segment führt man ihn bereits - eigentlich nicht mehr leisten. Zumal die Druckersparte der derzeit profitabelste Bereich des Konzerns ist. Hier wurden im dritten Quartal 2002 fast 95 Prozent des Ergebnisses eingefahren. Es ist vor allem das einträgliche Geschäft mit der Tinte, das viele andere Bereiche am Leben hält. Geht es dieser Division schlecht, tut es also im gesamten Unternehmen weh. Doch Dell will HP nicht nur ein Stück vom Zubehörkuchen wegnehmen: Dem Direktversender wird nachgesagt, dass er Preise und Margen innerhalb kürzerster Zeit ruiniert. Angesichts solcher Gefahren verliert auch die coole Carly Fiorina mal die Contenance: "Die können doch nur ihre Preiskarte spielen", giftete die HP-Chefin, angesprochen auf Dells Druckerpläne. Gemeint hat sie nicht nur das Druckergeschäft.

Michael Dell soll auf Rache aus gewesen sein

Die Antipathie wird vom Konkurrenten voll erwidert. Es wird sogar gemunkelt, dass Michael Dell sich nur aus Rachegelüsten für den Printermarkt interessiert: Dass sich HP mit Compaq ausgerechnet eine PC- und Laptop-Größe einverleibt hat und damit über Nacht zum weltweit größten Dell-Konkurrenten wurde, soll der Texaner nicht verziehen haben. Tatsächlich ließ der Manager erstmals im Mai 2002 Informationen über eigene Pläne für den Druckerbereich streuen - knapp vier Wochen zuvor hatten die HP-Aktionäre der Fusion mit Compaq zugestimmt. An einen Zufall mag hier kaum noch jemand glauben. Auch Lexmark soll bei der Angelegenheit nicht ganz frei von Emotionen gewesen sein: Vor allem in den USA machte man mit Druckerlieferungen an Compaq jahrelang ein gutes Geschäft. Nach der Übernahme waren die Verträge nichts mehr wert und dem Hersteller ging ein guter Partner flöten.

Wilde Gerüchte ranken sich um die weitere Entwicklung: So habe Lexmark zunächst händeringend nach einem Ersatz gesucht und sich dann - um HP eins auszuwischen - trotz heftigster Konditionen mit Dell verbrüdert. HP wiederum habe bei Dell durchaus Interesse an einer weiteren Zusammenarbeit signalisiert. Die bestehende Partnerschaft sei wegen dem drohenden Gesichtsverlust erst gekündigt worden, als Dell demonstrativ bei den Herstellern angefragt hatte, die keine PCs im Portfolio haben. Tatsächlich hat Dell noch immer HP-Drucker im Angebot, muss sie aber - wie jeder normale Händler auch - neuerdings über die Distribution einkaufen.

In Deutschland werden sanftere Töne angeschlagen

Im Vergleich zum amerikanischen Management pflegt die Böblinger HP-Zentrale noch einen sanfteren Umgangston mit den Wettbewerbern. Doch auch hier herrscht inzwischen Alarmbereitschaft: "Dellmark beobachten wir auch in Deutschland sehr genau", so der IPG Vertriebsdirektor Commercial Sales, Gerhard Pfäffle. Großes Unverständnis erntet vor allem Lexmark für den Schulterschluss mit dem Direktversender: "Da wir das Druckergeschäft ja ziemlich gut kennen, wissen wir auch, wo die Möglichkeiten und die Schwierigkeiten liegen - zum Beispiel bei der Vermischung von Vertriebskanälen", erklärt der Manager. Während HP sich klar entschieden habe, beim Vertrieb der Drucker auf Partner zu setzen, sei das Verhalten von Lexmark dagegen "extrem partnerfeindlich." Schließlich würden die Lexmark-Drucker künftig parallel in den eigenen und zusätzlich im Dell-Kanal zu finden sein: "Dass es dabei zu Schwierigkeiten kommen wird, ist vorhersehbar. Der PDA-Hersteller Palm hat das ja schmerzvoll am eigenen Leib erfahren müssen, als Dell seine PDAs zum halben Preis verkauft hat", so Pfäffle. Der Punkt geht an HP, denn Palm geriet aufgrund der Preispolitik von Dell tatsächlich in arge Bedrängnis.

Davon will man bei Lexmark nichts wissen: "Es ist nicht der Stil von Lexmark, die Marktstrategien anderer Hersteller zu bewerten. Auch wollen wir uns nicht als Wahrsager betätigen, indem wir weit tragende Marktentwicklungen vorwegnehmen, ohne irgendwelche Indizien hierfür zu haben", so Udo Schlauch, Direktor SMB bei Lexmark. Und: "Die Bewertung, ob eine Marktstrategie gut oder schlecht für den Fachhandel ist, sollte diesem selbst überlassen werden."

Die Lexmark-Partner seien jedenfalls zufrieden, man habe in unabhängigen Umfragen vom Handel Bestnoten für Margen, Betreuung und Zuverlässigkeit erhalten, erzählt der Manager. "Lexmark hat eine eindeutig indirekte Vertriebsstrategie. Ohne erfolgreichen Fachhandel ist auch Lexmark nicht erfolgreich. Deshalb können sich unsere Partner immer auf uns verlassen. Dies ist Fakt", so Schlauch.

Partner- und OEM-Verträge manage Lexmark schon seit seiner Gründung, erzählt der Manager. Da man aber auch weiterhin das eigene Label vermarkte, habe der Fachhandel dadurch noch nie Nachteile in Kauf nehmen müssen. Auch die guten Umfrageergebnisse würden in einen Zeitraum fallen, in dem man schon mit Dell zusammengearbeitet habe: "Die Umfrageergebnisse belegen, dass die Teilnehmer an unserem Fachhandelsprogramm offensichtlich keine Nachteile an der Fachhandelsstrategie von Lexmark erkennen können", so Schlauch. "Abgesehen davon: HP selbst hat viele Jahre bewiesen, dass der gleichzeitige Absatz von Produkten über den Fachhandelskanal und Dell ohne große Konflikte möglich ist."

www.dell.de

www.hewlett-packard.de

www.lexmark.de

ComputerPartner-Meinung:

Hewlett-Packard ist offenbar nervös. Allerdings dürften daran weniger die Ambitionen von Dell als die allgemein nicht so berauschenden Zahlen von HP schuld sein. Denn dass Dell dem Markt-führer im Druckermarkt tatsächlich gefährlich werden kann, ist eher unwahrscheinlich. Die meisten HP-Händler sehen es jedenfalls nach eigenem Bekunden noch so. Doch nicht nur deshalb, sondern auch weil man den Konkurrenten selbst jahrelang als Partner akzeptiert hat, würde Hewlett-Packard bei diesem Thema mehr Zurückhaltung besser stehen. (mf)