PC Copy Funktion

HP trickst VG Wort aus - und hilft dem Handel

23.06.2008
Mit einer kleinen technischen Veränderung bei seinen All-in-Ones will HP Verbraucher und Händler vor überhöhten Preisen schützen.

Der Trend zum All-in-One Gerät das drucken, faxen, kopieren und scannen kann ist nach wie vor ungebrochen. Einstiegs-Geräte mit Tintenstrahltechnologie im Segment bis 200 Euro sind mit Abstand die beliebtesten Geräte im Markt. 2007 wurden in Deutschland insgesamt 2,6 Millionen Geräte verkauft, noch mal 300.000 mehr als im Vorjahr. Auch für das laufende Jahr rechnet die GfK in Nürnberg mit weiter steigenden Verkaufszahlen. Im Segment der Tintenstrahltechnologie wird heute In Deutschland jeder zweite Drucker als Multifunktionsgerät oder "All-In-One" verkauft. Hier ist HP in Deutschland nach GfK mit rund 38 Prozent Marktführer. Im 2. Quartal 2008 hat HP trotz des fortgesetzten Preisverfalls im Markt ein sechsprozentiges Wachstum erzielt.

Die meisten Druckerhersteller sehen den Trend jedoch gefährdet, er sei von den extrem hohen Urheberrechtsabgaben bedroht - und das, obwohl das Urheberrechtsgesetz Anfang 2008 reformiert wurde. Denn das neue Gesetz besagt zwar, dass die Abgaben in Zukunft nicht so hoch sein dürfen, dass sie die Wirtschaftlichkeit der Produkte und damit der Anbieter gefährden. Das Parlament hat jedoch eine zweijährige Übergangsfrist für die Festlegung der neuen Tarife beschlossen.

Und so fordern die Verwertungsgesellschaften, denen die Urheberrechtsabgaben zufließen, bis zu einer anderweitigen Einigung für die gesamte Übergangszeit bis zum Jahr 2010 weiterhin Abgaben nach dem alten Urheberrechtsgesetz. Das bedeutet, die VG Wort fordert für ein Multifunktionsgerät oder All-in-One-Gerät, das heute beispielsweise einen Einzelhandelspreis von 80 Euro hat, Abgaben in Höhe von 102 Euro. Man kann sich anhand der eingangs erwähnten Verkaufszahlen leicht ausrechnen, welche Belastungen auf die Industrie und damit auf den Handel und Verbraucher zukommen.

"Trotz der massiven Abgabenforderungen der VG Wort will HP weiterhin attraktive und preiswerte All-in-One Einstiegsgeräte anbieten", heißt es dazu vom Marktführer. Tatsächlich hat das Unternehmen jetzt eine Möglichkeit gefunden und "trickst" die VG Wort mit einer kleinen technischen Änderung aus: Für den Sommer hat HP neue bzw. technisch veränderte Modelle angekündigt, die mit PC Copy Funktionalität ausgestattet sind. Betroffen sind die Einstiegsgeräte der Deskjet- und Photosmartfamilien mit einem Verkaufspreis von bis zu 150 Euro.

Die Modelle mit PC Copy können zwar immer noch kopieren, aber dafür muss das Gerät am Rechner angeschlossen und der PC eingeschaltet werden. HP geht davon aus, dass die meisten Kunden diese PC Copy Funktion nicht als Einschränkung empfinden werden, weil sie daran gewöhnt sind, ihr All-in-One Gerät zusammen mit dem eingeschalteten PC zu nutzen.

Die technische Änderung bringt laut HP einen entscheidenden Vorteil. Die Kombigeräte sind rechtlich gesehen keine eigenständigen Stand-alone Kopierer mehr. Die hohen Abgabentarife des alten Urheberrechtsgesetzes können auf diese Geräte nicht mehr angewendet werden.

Für Laser-Geräte plant HP keine Änderungen, denn die Stückzahlen im Einstiegssegment sind hier wesentlich geringer. Entsprechend niedriger ist der Druck durch die Abgabenbelastung. Darüber hinaus ist der Anteil der s/w-Geräte hier höher als bei den Tintenstrahlgeräten, die schon im Einstiegs-Segment nur noch als Farbgeräte angeboten werden. Für s/w-Geräte gilt nach altem Recht ein halbierter Abgabensatz.
Geschäftsführerin Regine Stachelhaus, verantwortlich für das Druckergeschäft in Deutschland: "Wir wollen unseren Kunden selbstverständlich beste Technologie zu einem attraktiven Preis bieten. Wir standen aber vor der Wahl, entweder die Preise massiv zu erhöhen oder ausgerechnet die beliebtesten Geräte vom Markt zu nehmen, weil die Abgabenbelastung unverantwortlich hoch geworden wäre. Wir haben uns deshalb für den Umweg über den PC entschieden und haben darauf geachtet, den Bedienkomfort so angenehm wie möglich zu gestalten."

HP geht davon aus, dass der schlagartige Aufschlag einer Abgabe von über 100 Euro auf den Ladenpreis zzgl. Mehrwertsteuer im Standardsegment zu einer Schockreaktion im Markt führen würde. Viele Kunden würden erstmal abwarten, einige würden wieder die Einzelgeräte Drucker und Scanner anstelle eines Kombigerätes kaufen, viele würden online in abgabenfreien EU-Ländern einkaufen oder einfach über die Grenze fahren. Deutsche Händler und Kunden wären benachteiligt innerhalb der EU.

Regine Stachelhaus betont: "Es wäre dumm zu glauben, die Verbraucher wären bereit, Abgaben zu bezahlen, die den Verkaufspreis der Geräte verdoppeln oder mehr als verdoppeln würden. Unverhältnismäßig hohe Abgaben sind nicht fair gegenüber den Verbrauchern und sie sind nicht fair gegenüber dem Handel. HP ist ein verlässlicher Partner des Handels in Deutschland, vor allem auch des stationären Handels. Deshalb haben wir uns im Einstiegssegment für PC Copy entschieden."

Da noch nicht abzusehen ist, wie hoch die Abgaben für Multifunktionsgeräte in den nächsten zwei Jahren bis zum Ende der gesetzlichen Übergangsfrist sein werden, hat HP die Maßnahme zeitlich nicht befristet. (mf)