Wolfgang Janhsen, Tech Data

"Hybridmodelle sind eine interessante Lösung"

22.10.2012 von Beate Wöhe
Viele unterschiedliche Betriebssysteme und gleichzeitig immer neue Hardwareanbieter besetzen den Tablet-Markt. Die Broadline-Distributoren haben dabei einen guten Überblick. Wir wollten von Tech-Data-Manager Wolfgang Janhsen wissen, wie sich der Markt weiterentwickelt.

Viele unterschiedliche Betriebssysteme und gleichzeitig immer neue Hardwareanbieter besetzen den Tablet-Markt. Die Broadline-Distributoren haben dabei einen guten Überblick. Wir wollten von Tech-Data-Manager Wolfgang Janhsen wissen, wie sich der Markt weiterentwickelt

Wird der Launch von Windows 8 den von vielen Herstellern gewünschten Erfolg bringen und Windows neben iOS und Android zum dritten großen Tablet-Betriebssystem machen?

"Der zeitliche Vorteil von iOS und Android gegenüber Windows 8 ist beachtlich." Wolfgang Janhsen, Head of BU PC Systeme bei Tech Data

Wolfgang Janhsen: Grundsätzlich hat Win 8 das Potenzial, sich auch als Tablet-Betriebssystem zu etablieren, insbesondere weil neben den typischen Tablet-Apps auch alle bereits bestehenden klassischen Windows Programme auf dieser Plattform genutzt werden können. Dies dürfte gerade auch im B2B-Umfeld interessante Perspektiven eröffnen. So können zum Beispiel Außendienstmitarbeiter auf einer bestehenden Infrastruktur mit Tablets eingebunden werden.
Abzuwarten bleibt jedoch, wie schnell und in welchem Umfang sich Win 8 in diesem Markt positionieren kann.

Glauben Sie, dass sich durch die neuen Windows-8-Tablets die Marktanteile der Betriebssysteme maßgeblich verändern werden?
Janhsen: Eine Veränderung, auch in nennenswertem Umfang, wird es zweifellos geben. Die große Frage ist, in welchem Zeitraum. Der zeitliche Vorteil von iOS und Android ist inzwischen doch recht beachtlich. Eine "Revolution" in wenigen Monaten sehen wir derzeit nicht.

Mit der Ankündigung von Surface hat Microsoft seine OEM-Hersteller als neuer Wettbewerber im Hardwaresegment vor den Kopf gestoßen. Ein positives Gegenargument war, dass Microsoft dadurch das Tablet-Thema im Gesamten mit eigenen Marketinggeldern voranbringen wird. Wie sehen Sie diese Diskussion?
Janhsen: "Vor den Kopf gestoßen" ist eine sehr harte Formulierung. Zum einen liefert Microsoft ja bereits seit Längerem durchaus auch Hardware, zum anderen haben sich die OEM-Hersteller mit Android ebenfalls einer anderen OS-Plattform zugewandt.
Insgesamt ergeben sich für alle Beteiligten interessante Kombinationsmöglichkeiten, die letztendlich dem Kunden zugutekommen.

Bisher adressierten die Hersteller mit der Mehrzahl der Tablet-Modelle den Privatkonsumenten. Wie sehen Sie die Entwicklung im Business-Segment?
Janhsen: Sowohl iOS als auch Android erfordern einen nicht unerheblichen Aufwand bei der Einbindung in bestehende - in der Regel auf Microsoft basierende - Firmennetzwerke. Auch die Absicherung über Firewall und Security-Lösungen ist häufig komplexer und aufwendiger. Hier bietet Windows 8 eindeutige Vorteile, die gerade im B2B-Geschäft den Einsatz von Tablets erleichtern und damit sicherlich auch die Verbreitung beschleunigen werden.

Interessant dürfte die Display-Entwicklung bei Tablets bleiben


Welche Spezifikationen (Hardware, Konnektivität etc.) muss Ihrer Meinung nach ein Business-Tablet mindestens vorweisen können?
Janhsen: Die Anforderungen im Business Umfeld orientieren sich an den bekannten Anforderungen aus dem Notebook-Umfeld. Rechenleistung und Speicherkapazität müssen ausreichend dimensioniert sein. Letztere sollte möglichst auch modular ausgelegt sein. Die Konnektivität richtet sich nach dem Einsatzzweck, WLAN ist Pflicht, UMTS/LTE ergeben sich aus dem tatsächlichen Bedarf. Interessant dürfte die Entwicklung bei den Displays bleiben. Anders als bei Notebooks haben sich entspiegelte/matte Lösungen hier noch nicht als Standard durchgesetzt.

Auf dem MobileWorld Congress und auf der IFA 2012 wagten sich einige Hersteller bereits in Richtung Hybridmodelle zwischen Tablet und Notebook. Werden diese Formfaktoren die Zukunft sein, und ist dies das Aus für das herkömmliche Notebook?
Janhsen: Hybridmodelle sind eine interessante Lösung, mit der von den Herstellern ein Trend aufgegriffen wird, der bisher vor allem über Zubehöranbieter abgedeckt wurde. Je nach Anwendungsgebiet und Einsatzzweck macht eine "richtige" Tastatur durchaus Sinn, insbesondere wenn häufig längere Texte geschrieben werden müssen. Ein vollwertiger Ersatz für ein Notebook wird damit allerdings nicht erreicht, allein schon aufgrund der deutlich kleineren Displaydiagonalen.

Welchen Business-Kunden beziehungsweise Branchen sollten Fachhändler auf jeden Fall ein Tablet als Arbeitsgerät empfehlen?
Janhsen: Eine pauschale Empfehlung ist immer schwierig. Ausgangspunkt sollte der jeweilige Einsatzzweck sein. Tablets bieten sich zum Beispiel für Präsentationszwecke an und sind die deutlich mobileren Geräte, da sie keinerlei Unterlage benötigen. Notebooks bieten den Vorteil, dass über die integrierte Tastatur - die nicht zulasten des sichtbaren Bildschirms geht - umfangreiche Eingaben möglich sind und in der Regel durch eine größere Anzahl von Schnittstellen auch weitere Peripheriegeräte angeschlossen werden können.

Nutzen Sie persönlich für Ihre tägliche Arbeit einen Tablet-PC, und wenn ja, wie viele Stunden?
Janhsen: Selbstverständliche nutze ich in meiner täglichen Arbeit Tablets. Tech Data war 2010 der erste Broadline-Distributor, der Tablets auf allen drei Betriebssystemen im Portfolio hatte - die Windows-Varianten damals noch auf Win7-Basis. Im Durchschnitt nutze ich etwa zwei bis drei Stunden pro Tag ein Tablet als Arbeitsgerät. (bw)