IBM Channel Kick-off 2012

IBM überträgt mehr Direktgeschäft an Partner

03.02.2012
In bestimmten Segmenten wird IBM das Direktgeschäft mit Industriekunden in die Hände der Partner legen. Das war eine der vier Kernbotschaften, die IBM Channelchef Stephan Wippermann auf dem ChannelPartner-Kick-off in Mannheim auspackte.
Stephan Wippermann, Vice President Business Partner Organisation & Midmarket bei IBM Deutschland

IBM will schrittweise Teile des Direktgeschäfts in die Hände der Partner legen. Das war eine der vier Kernbotschaften, die Stephan Wippermann, Chef der Business Partner Organisation & Midmarket bei IBM Deutschland, auf dem ChannelPartner-Kick-off in Mannheim auspackte. 650 Geschäftspartner waren vor Ort.
Tor zu Industrie-Kunden aufgestoßen
Entscheidend bei dieser Ankündigung: IBM will explizit nicht nur um die klassischen Mittelstandsprojekte den Partner übertragen, die schon in der Vergangenheit ohnehin überwiegend über den Channel abgewickelt wurden, sondern auch das Geschäft mit Enterprise-Kunden aller Industriezweige. Im ersten Schritt betrifft dies Kunden in 13 Vertriebsregionen.

Projekte, die in diesen Regionen zu speziellen Lösungstehmen anstehen, schreibt IBM im Businesspartner-Portal zur Bewerbung aus. Jeder Partner, der die dafür erforderlichen Zertifizierungen und Anforderungen erfüllt, kann sich innerhalb eines bestimmten Zeitraums für das Projekt bewerben. IBM prüft anschließend binnen maximal sieben Tagen, ob der Partner alle Bedingungen erfüllt. Ist das der Fall, überträgt IBM das Projekt an den Partner und erstellt mit ihm gemeinsam einen Businessplan.

Im Mittelpunkt stehen dabei so genannte "transformatorische" Projekte. Das heißt, Lösungen rund um Business Analytics, Smarter Commerce, Social Networking Business und Cloud Computing. Konkret gesucht werden Territory-Partner für die Software-Linien WebsSphere, Tivoli, Business Analytics und Rational.
Unter dem Begriff "transformatorisch" bündelt IBM Themen außerhalb des klassischen Infrastruktur-Geschäfts. "Das heißt, alle Themen, die die Kernprozesse des Unternehmens grundlegend ändern - beispielsweise die Art und Weise, wie er mit seinem Endkunden zusammenarbeitet. Das kann ein Projekt sein, das ihm ermöglicht Erkenntnisse aus sozialen Netzwerken auszuwerten, diese in seine Geschäftsprozesse zu integrieren und auf Basis dessen die Kommunikation und das Geschäft mit den Endkunden aktiver steuern", verdeutlicht Wippermann die Abgrenzung zum Infrastruktur-Business.

650 Partner kamen zum IBM Channel Kick-off in den Mannheimer Rosengarten.

Mit einigen Pilotpartnern hat der Hersteller dieses Verfahren bereits getestet. Umgesetzt wurden dabei Software-Projekte auf Basis von Rational und Lotus. "Wir haben damit überdurchschnittlich gute Erfahrungen gemacht" berichtet Ivo Körner, Vice President Software Group IMT bei IBM Detuschland.

Aktuell wickelt IBM ein Drittel der Transformationsthemen über Partner ab. "In zwei Jahren wollen wir diesen Anteil verdoppeln", erklärt Körner.

Aber auch das Infrastruktur-Geschäft will IBM verstärkt an den Channel übertragen: "2011 wurde 70 Prozent dieses Geschäfts von Business Partnern umgesetzt, unser Ziel für 2012 ist es, diesen Anteil auf mindestens 80 Prozent zu erhöhen", stellt Wippermann klar.

Klare Kante

Richtung IBM-Vertrieb soll also das Geschäft für Partner durchlässiger werden. Umgekehrt will Wippermann den Zugriff des IBM-Direktvertriebs auf SMB-Projekte deckeln und so Konflikte mit dem Channel künftig vermeiden. Das ist die zweite zentrale Botschaft an die Partner.

Auf die Frage, wo genau die Grenzlinie zwischen Direkt- und indirektem Geschäft künftig verlaufen wird, lieferte Wippermann jetzt eine konkrete Zahl: "Alle Projekte mit einem Umsatzvolumen von unter 100.000 Euro sind ausschließlich Partnerprojekte. Und das gilt für alle IBM-Bereiche: Software, Hardware, Services." Das war die zweite Botschaft. Diese Umsatzgrenze gab es zwar schon in der Vergangenheit, in der Praxis erwies sie sich aber bislang eher als eine Orientierungs- denn als eine verbindliche Größe. Mal wurde sie hundertprozentig eingehalten, Mal galt 80.000 Euro als Limit. "Ab sofort ist diese Linie verbindlich", versprach der Channel-Chef.

IBMs Appell: "Registrieren Sie Ihre Projekte!"

Wie schon seine Vorgängerin Doris Albiez appellierte auch Wippermann erneut an die Partner, Projekte zu registrieren. Das tun IBM-Partner offensichtlich nur in Ausnahmefällen - möglicherweise fehlte das Vertrauen, dass die Registrierung eher schützt als Begehrlichkeiten beim Hersteller selbst weckt - und das nicht nur beim Direktvertrieb. In der Vergangenheit beschwerten sich Partner, mancher IBM-VB reiche gerade im Software-Segment gemeldete Projekte an bevorzugte Partner seiner Wahl weiter. Wippermanns Amtsvorgängerin Doris Albiez hatte versprochen, das zu ändern, indem der Zugang der VBs zu den Projektmeldelisten reglementiert und eingeschränkt werde.

Wippermann nimmt jetzt wieder einen Anlauf: "Nur durch die Projektregistrierung wissen wir, dass sich schon jemand um dieses Projekt kümmert und welcher Partner sich frühzeitig eingesetzt hat", betont Wippermann. "Damit ist es erstens für den Direktvertrieb von vornherein tabu und zweitens können wir den Partner frühzeitig unterstützen."

Delegation soll SBO ausstechen

Eine dritte klare Ansage machte Wippermann auch zum Thema Projektpreis-Findung: "Der Delegationspreis muss die Regel werden." Es ist eher ein Appell als eine Botschaft. Denn ob dieser Schwenk gelingt, hängt vor allem davon ab, wie attraktiv IBM die Delegation für die Partner gestaltet. Im vergangenen Jahr wurde weit weniger als die Hälfte der Projektpreise auf diesem Wege festgelegt. Die überwiegende Mehrheit ermittelten Partner über das - oft für beide Seiten quälend aufwändige - SBO-Verfahren (Special Bid Offers).

In den Break-out-Sessions schwor IBM die Partner mit konkreten Maßnahmen auf die neue Strategie ein.

Bei der Delegation wird der Preis für ein bestimmtes Projekt quasi automatisiert ermittelt: Er errechnet sich aus einem Durchschnittswert, dem eine Matrix aus 60 Parametern zugrunde liegt. Dieser Delegations-Preis war aus Sicht der Partner in der Vergangenheit offenbar häufig nicht wettbewerbsfähig.
Deshalb schlugen sie mehrheitlich den Weg über die SBO ein: Hier wird über jedes einzelne Projekt, über jeden Posten individuell verhandelt, bis am Ende der Gesamtpreis steht. Ein aufwändiges Procedere. "Es gibt selbstverständlich einzelne Projekte, die so speziell sind, dass nur der Weg über die SBO eingeschlagen werden kann. Aber SBO muss die Ausnahme bleiben", so Wippermann.
Ein erheblicher Teil der bislang über SBO ermittelten Projekte sei dagegen durchaus geeignet für die effizientere Delegation. Ende 2012 sollen deutlich über 50 Prozent der Projektpreise mit diesem Verfahren definiert werden. "Den Beweis, dass die Delegationsmatrix günstiger ist als die SBOs müssen wir liefern, dessen sind wir uns bewusst", schiebt der Channelchef nach. Heißt: Partner können mit aggressiveren Delegationspreisen rechnen.

IBM bläst zur Jagd auf den Mitbewerb

2012 wird der IT-Markt nicht wachsen - die Marktanalysten von IDC rechnen gar mit einem Rückgang von bis zu vier Prozent. Wer wachsen will, wird also dem Mitbewerb Anteile abjagen müssen. Genau das hat IBM vor. "Wir sind entschlossen zu wachsen und 2015 zum führenden Technologie- und Transfomrqationspartner für die Unternehmen in Deutschland zu sein", so die Ansage Wippermanns.

Partner-Anteil am Umsatz steigt

Seit knapp zwei Jahren fördert IBM hierzulande gezielt Partner, die bislang kaum oder gar kein Geschäft mit Big Blue machten. Das hat sich offenbar ausgezahlt: die Zahl der regelmäßig kaufenden IBM-Partner sei im vergangenen Jahr um mehr als 40 Prozent gestiegen, rechnet Wippermann vor. Obendrein legte der Anteil jener Partner, die Produkte aus mehr als einem IBM-Bereich verkaufen, um 30 Prozent zu.

Ebenfalls bewährt habe sich das vor rund vier Jahren gestartete Incentive-Programm "10hoch4", für das sich hierzulande inzwischen mehr als 1.000 IBM-Partner regsistriert haben. Durchschnittlich nutze die Hälfte von ihnen das Programm mindestens einmal pro Quartal aktiv.

Besonderen Dank richtete Wippermann auch an die Adresse der Distributoren, die nicht nur für eine reibungslose Logistik sorgen, sondern zunehmend einen Großteil der Ausbildung der Partner stemmten. Dass mittlerweile 1.500 Business Partner überwiegend mehr als eine Zertifizierung haben, sei ihr Verdienst.

"Das alles hat dazu beigetragen, dass der Anteil des Umsatzes, den IBM mit Business Partnern generiert, 2011 weiter gewachsen ist", zieht der BPO-Chef Bilanz.

(rb)