iOS 8 mit Business-Apps von IBM

IBM und Apple schließen historischen Pakt

16.07.2014 von Heinrich Vaske und Manfred Bremmer
Apple und IBM haben eine weitreichende Allianz rund um mobile Technologien beschlossen. Gemeinsam wollen die Partner einfach benutzbare Apps unter anderem für IBMs Big-Data- und Analytics-Services entwickeln und iPhones und iPads an Business-Kunden verkaufen.

Wenn die Pläne von Apple-Chef Tim Cook und IBM-CEO Virginia Rometty aufgehen, dann könnte die iOS-Plattform gegenüber Googles Android vor allem im Business kräftig Boden gut machen. Die beiden IT-Giganten wollen mehr als 100 Apps und Services explizit für die iOS-Welt entwickeln. Im Vordergrund stehen dabei zunächst die Branchen Handel, Gesundheitswesen, Banken, Reisen, Transport, Telekommunikation und Versicherungen. Die ersten aus der Partnerschaft mit IBM entstandenen Apps sollen im Herbst herauskommen - zusammen mit iOS 8, das Apple dann herausbringen wil.

IBM-CEO Virginia Rometty (links im Bild) mit Apple-Chef Tim Cook
Foto: Courtesy of Apple/Paul Sakuma

Interessant ist nicht nur die Entwicklungspartnerschaft, sondern auch die gegenseitige Unterstützung in der Vermarktung. So wird IBM seine Cloud-Services für Device-Management, Analytics, Sicherheit und mobile Integration für iOS optimieren. Beide Unternehmen sollen künftig iOS-Geräte aktivieren können, wobei IBM "paketierte Angebote" für die Aktivierung großer Mengen mobiler Endgeräte einschließlich Auslieferung und Management plant.

Apple hat angekündigt, im Rahmen von AppleCare neue Garantie-Services für Enterprise-Kunden anzubieten, die Rund-um-die-Uhr Betreuung und Vor-Ort-Support beinhaltet. Business-Kunden, die ihre iOS-Devices lieber leasen als kaufen möchten, sollen ebenfalls entsprechende Angebote erhalten.

"Dies ist ein radikaler Schritt für Unternehmen und etwas, das nur Apple und IBM liefern können", kommentierte Apple-Chef Cook. iOS-Anwender erhielten IBMs bewährte Big-Data-Analytics nun via "Fingertipp" auf mobile Apple-Devices. In der Tat erwarten Analysten, dass sich Apple damit den breiten Zugang zu Unternehmenskunden verschaffen könnte. Etwa drei Viertel der 100 größten Unternehmen weltweit nutzen Enterprise-Software von IBM.

IBM-Chefin Rometty sagte: "Die Allianz mit Apple wird uns helfen, Innovationen zu unseren Kunden weltweit zu bringen und IBMs Führerschaft in Analytics, Cloud, Software und Services weiter auszubauen." Apples Erfindungen hätten das Leben der Menschen tiefgreifend verändert - in einer Weise, die wir heute für selbstverständlich hielten. Die Allianz werde dafür sorgen, dass diese Transformation, die im privaten Umfeld stattgefunden habe, nun auch die Unternehmen und ihre Arbeitsplätze erreiche.

Schlechte Neuigkeiten für die Konkurrenz

Während die Partnerschaft gute Neuigkeiten für Apple, IBM und im Großen und Ganzen sicher auch Enterprise-Kunden bedeutet, gibt es etliche Player im Enterprise-Mobility-Bereich, die wenig Grund zur Freude haben.

Zu ihnen zählen etwa Google und Samsung. Der koreanische Handy-Riese versucht bereits seit längerem mit gemischtem Erfolg, seine Android-Geräte über die Plattformen SAFE und KNOX im Business zu etablieren. Und auch bei Google wächst allmählich das Interesse, dass sich das Android-Betriebssystem nach den Erfolgen im Consumer-Bereich auch stärker im Enterprise-Umfeld ausbreitet. Ein wesentlicher Schritt dahin sollte das auf der Entwicklerkonferenz Google I/O angekündigte "Android Work" sein, eine Komponente der neuen Version Android L, die neben weiteren Business-relevanten Bestandteilen auch Container-Features von Samsung KNOX enthalten wird. Mit der jetzt angekündigten Partnerschaft von Apple und IBM rückt das Ziel Googles, mit Android in punkto Business-Tauglichkeit zu iOS zumindest aufzuschließen, erst einmal wieder in weite Ferne.

Presseschau
CNBC-Interview mit Tim Cook und Virginia Rometty
„…CNBC: So Tim, maybe just to start, how did this partnership come about? How long have you and Ginni been talking? TIM COOK: You know, Ginni and I have started talking-- a couple years ago and getting to know each other. And over that period of time, we built up a tremendous trust and respect for each other. And we began to talk about how complementary our companies are. ….. It's landmarked. It takes the best of Apple and the best of IBM and puts those together…….”
Wiener Zeitung: Das Puzzle von IBM und Apple
"Die Partner nehmen damit eine Bastion des Windows-Riesen Microsoft ins Visier, die dieser gerade mit seinen Surface-Tablets und Diensten absichern will…..IBM kann Apple die Tür in Unternehmen weit aufstoßen: Der Konzern ist ein wichtiger Anbieter von IT-Diensten und Technik-Ausrüster. Damit könnte es für Apple auch ein wichtiger Vertriebskanal werden. Die Partner scheuen keine großen Worte: Sie wollen "neu definieren, wie Arbeit erledigt wird"….“
apfelpage.de: Apple und IBM machen gemeinsame Sache
„Um den Markt der Business-Kunden zu erobern, gehen Apple und IBM, einst zwei Konkurrenten, nun eine Partnerschaft ein. Etwas überraschend mutet die in der Nacht vollzogene Ankündigung an, beim zweiten Blick ist die Kooperation der Giganten aber äußerst sinnig. Apple will über eine große Partnerschaft mit IBM stärker ins Geschäft mit Unternehmen kommen. Bislang haben in diesem Markt eher die Konkurrenten die Nase vorn. Da Apple sich auf Verbraucher-Elektronik spezialisiert hat, bietet sich eine Zusammenarbeit mit IBM, die sich auf das Big Data und Analytik-Business konzentriert haben, gerade zu an….“
heise
“ Man werde Apples "legendäre" Benutzerfreundlichkeit und integrierte Hard- und Software mit IBMs "unübertroffener" Tiefe in der Versorgung von Industrieunternehmen sowie bei Enterprise-Software kombinieren. Cook betonte einmal mehr, dass Apple-Technik mit iPhone und iPad jetzt schon stark im Firmenkundengeschäft verbreitet ist. Angeblich sind die Geräte mittlerweile bei 98 Prozent der Fortune-500-Konzerne zu finden.“
Wirtschaftswoche
„In frühen Zeiten von Steve Jobs wäre diese Zusammenarbeit nie denkbar gewesen. In den Achtzigern war das klare Ziel des Apple-Marketingchefs John Sculley, IBM und Microsoft auf dem Computermarkt auszustechen – was bekanntermaßen nicht so ganz geklappt hat. Der „Feindschaft“ wurde sogar ein mittlerweile ikonischer Werbespot gewidmet, in dem IBM als großer Bruder dargestellt wurde. Und nicht zu vergessen ist das legendäre Bild, auf dem Steve Jobs IBM ganz ungeniert den Mittelfinger zeigt.“
Münchner Abendzeitung
„….Es gehe darum, Apples Smartphones und Tablets fest in die Entscheidungsprozesse einzubinden, sagte IBM-Chefin Ginni Rometty der "New York Times". Dafür sollen spezielle Programme zur Auswertung von Firmendaten mit Anbindung an IBMs Cloud-Dienste entwickelt werden. Sie würden im Herbst mit dem Start des neuen Betriebssystems iOS 8 verfügbar sein. Apple-Chef Tim Cook sprach von einem Meilenstein. IBM kann Apple die Tür in Unternehmen weit aufstoßen:….“
zentral+
„…Der US-Computergigant Apple geht mit dem IT-Konzern IBM eine Partnerschaft ein. Die beiden wollen erreichen, dass Unternehmen vermehrt auf iPhones und iPads von Apple statt auf PCs setzen. Die Partner nehmen damit eine Bastion des Windows-Herstellers Microsoft ins Visier, die dieser gerade mit seinen neuen Surface-Tablets absichern will.Apple-Chef Tim Cook sprach von einem Meilenstein….“
Die Welt: Einstige Erzrivalen Apple und IBM verbünden sich
„Das hätte Steve Jobs nicht gefallen: Apple arbeitet im Geschäft der Mobilgeräte für Firmenkunden künftig mit IBM zusammen – der Firma, die der verstorbene Apple-Gründer Anfang der 80er-Jahre mit mittlerweile legendären Werbespots veräppelte und als "Big Brother"-Diktatur hinstellte…“
Computerworld: Why the Apple-IBM deal matters
„Apple's partnership with IBM to tackle the mobile enterprise could have lasting ramifications for both companies -- as well as for rivals Google, Microsoft and BlackBerry. It could also make life a lot easier for IT staff at large enterprises…. That suggests Apple won't run off and do a similar deal next week with Hewlett-Packard. More significantly, IBM, at least for now, is throwing all its chips in with Apple -- apparently at the expense of Google's Android OS and Microsoft's Windows Phone “
The Wall Street Journal: Apple, IBM in Deal to Create Apps, Sell Phones
„Enemies during the early personal-computer wars, Apple Inc. and International Business Machines Corp. said they will cooperate in the mobile era, striking an agreement to create simple-to-use business apps and sell iPhones and iPads to Big Blue's corporate customers.The deal underscores Apple's push to expand the reach of the iPhone and iPad into the business world….”
Financial Post
„ BlackBerry Ltd shares fall as Apple Inc, IBM Corp partnership targets enterprise users… Apple Inc. and International Business Machines Corp. are teaming up to provide business apps for the iPhone and iPad, taking aim at BlackBerry Ltd.’s core enterprise client base. After Tuesday’s announcement of the partnership, the Waterloo, Ont.-based smartphone maker’s shares fell almost 4% in after-hours trading as investors considered the potential threat to BlackBerry….”

Auch Microsoft wird sich nicht sonderlich über den Deal freuen. Die Company unternahm in diesem Jahr einen aggressiven Vorstoß in Richtung Enterprise Mobility. Unter der Führung des neuen CEO Satya Nadella fokussiert sich das Unternehmen dabei nicht mehr ausschließlich auf seine Windows- und Windows-Phone-Geräte, sondern schließt auch Nicht-Microsoft-Plattformen wie iOS und Android mit ein. Zu den Bestandteilen der Mobility-Offensive gehörten etwa Office for the iPad, die erweiterten Verwaltungs- und Sicherheitsfunktionen von Windows Phone 8.1 und die Multi-Plattform-taugliche Management-Lösung Enterprise Mobility Suite (EMS). Angesichts der nach wie vor geringen Marktanteile von Windows Phone kann man davon ausgehen, dass die Partnerschaft zwischen IBM und Apple Microsoft deutlich mehr Schmerzen bereiten wird als Google.

Ähnliches gilt wohl auch für Blackberry: Nach der Partnerschaft mit IBM und Apple wird es dem Smartphone-Veteran nicht mehr so leicht fallen, Apples Engagement für das Enterprise zu belächeln und iPhones und iPads als unsichere, für Endkunden entwickelte Geräte zu schmähen. Damit droht letztendlich auch die letzte treue Blackberry-Anhängerschaft, besonders sicherheitsbewusste Organisationen, abtrünnig zu werden. Aus "Man wird nicht gefeuert, weil man IBM kauft" wird nun "Wer Apple kauft, wird nicht entlassen", bringt es Horace Dediu von Asymco auf den Punkt.

Und auch im Bereich Enterprise Mobility Management (EMM) dürften die Aussichten von Blackberry durch den Pakt zugunsten von IBM verschlechtern - ebenso wie die von Anbietern wie Citrix (Zenprise), VMware/Airwatch, Good Technology oder MobileIron. Zwar hatte Big Blue bereits Ende 2013 den US-amerikanischen MDM-Anbieter Fiberlink, besser bekannt durch sein Cloud-Produkt "MaaS360", für einen nicht genannten Betrag übernommen, um seine Lücken im Mobility-Portfolio (MobileFirst) zu schließen. Obwohl sich die Lösung nicht vor der Konkurrenz verstecken muss, ist es IBM aber bislang noch nicht gelungen, damit in die erste Reihe der EMM-Lösungen am Markt vorzudringen. Im Rahmen eines neuen Gesamtangebots, das aus Apple-Geräten, Apps und Verwaltungs-Services besteht, könnte sich das aber schnell ändern.

Auch die klassischen Anbieter von Enterprise Software wie Oracle und SAP, die ähnliche Mobility-Plattformen wie IBM aufbauen, dürften von dem Deal nicht besonders angetan sein. Hier wird sich zeigen, wie "exklusiv" Apple die Partnerschaft mit Big Blue sieht und was in den Verträgen steht. Im Prinzip dürfte die Company aus Cupertino kaum Interesse daran haben, andere Player am Schnüren ähnlicher Lösungspakete zu hindern, eher im Gegenteil.