IFRS: Bilanzierung nach neuer EU-Norm kann das Banken-Rating verbessern

06.12.2005
Die Bilanzierung nach dem internationalen Standard IFRS kann auch klein- und mittelständischen Unternehmen Vorteile bei der Kreditvergabe bringen.

Auch klein- und mittelständische Unternehmen (KMUs) sollten erwägen, ihre konsolidierten Abschlüsse künftig auf die so genannten International Financial Reporting Standards (IFRS) umzustellen. Dies empfiehlt die Münchener Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungskanzlei SH+C Schwarz Hempe & Collegen GmbH. Denn diese Art der Bilanzierung kann das Banken-Rating und somit die Zinskonditionen und/oder die Position bei der Kreditneuvergabe verbessern.

Das Banken-Rating wird maßgeblich von zwei Faktoren bestimmt: Zum einen durch das in der Bilanz ausgewiesene Eigenkapital im Verhältnis zur Bilanzsumme (Eigenkapitalquote). Zum anderen durch die Entwicklungschancen, die dem Unternehmen für die Zukunft beizumessen sind. Beide Faktoren können besser sichtbar gemacht werden, wenn Unternehmen ihre Bilanzierung nach den International Financial Reporting Standards (IFRS) statt wie bisher üblich ausschließlich nach dem Handelsgesetzbuch (HGB) machen.

"Die IFRS-Regeln erlauben es, nach dem HGB verdecktes Vermögen aufzudecken, was die Eigenkapitalquote fast zwangsläufig verbessert", sagt Alexander Uhl, Wirtschaftsprüfer und Mitgesellschafter bei SH+C. Außerdem, so Uhl weiter, würden mit IFRS die Zukunftschancen eines Unternehmens transparenter gemacht, weil die Bilanzierung gemäß der neuen EU-Norm eine gegenüber den Rechnungslegungsgrundsätzen nach HGB realistischere Darstellung der Lage eines Unternehmens im Jahresabschluss zum Ziel habe.

Dies liegt daran, dass beim HGB das so genannte Vorsichtsprinzip gilt, demzufolge der Jahresabschluss unter Berücksichtigung jeglichen wahrscheinlichen Risikos aufzustellen ist. Dabei wird ein eher pessimistischer Status des Unternehmens dargestellt, da Gläubigerschutzinteressen im Zweifel höher gewichtet werden als reine Eignerinteressen. Hinzu kommt, dass der Jahresabschluss nach HGB mit wenigen Abweichungen auch Bemessungsgrundlage für die Ertragssteuern ist. Hierdurch sehen sich die Unternehmen gezwungen, ein möglichst niedriges Jahresergebnis auszuweisen, um die Steuerlast gering zu halten.

Die Bilanz nach IFRS hingegen informiert neben den Gläubigern vor allem private wie institutionelle Investoren, aber auch Kunden und Mitarbeiter. Diese Zielgruppe aber interessiert nicht die Ergebnisminimierung aus steuerlichen Gesichtspunkten. Sie wollen vielmehr wissen, ob eine Investition in das Unternehmen rentabel sein kann. Deshalb muss bei dieser Bilanzierungsform die Darstellung der Unternehmenslage möglichst aktuell und realistisch sein.

Die Hauptgründe für eine höhere Eigenkapitalquote und die transparentere Darstellung der Zukunftschancen eines Unternehmens bei der Bilanzierung nach IFRS sind:

- Erhöhte Buchwerte durch verlängerte Abschreibungsdauer: Gegenüber dem HGB-Abschluss verwendet die IFRS-Bilanz keine Abschreibungstabellen, sondern berücksichtigt die tatsächliche Nutzungsdauer.

- Selbsterstellte immaterielle Vermögensgegenstände: Hierunter fällt beispielsweise selbsterstellte Software. Laut HGB dürfen diese Aufwendungen nicht in der Bilanz ausgewiesen werden. Nach IFRS hingegen sind diese Aufwendungen zu aktivieren, wenn deren Nutzen für das Unternehmen absehbar ist (zum Beispiel SAP-Einführung). Ebenso dürfen Unternehmen die Honorare von externen Beratern für die Einrichtung solcher Programme für Modifizierungen, Schnittstellen oder Installationen auf mehrere Jahre durch Abschreibungen verteilen. Bei der Bilanzierung nach HGB ist dies nicht möglich.

- Entwicklungskosten: Nach IFRS sind Entwicklungskosten für erst später zu vertreibende Produkte zu aktivieren, was nach HGB nicht zulässig ist.

- Vorratsvermögen: Abweichend vom HGB dürfen im IFRS-Abschluss nicht nur die Herstellungskosten von über mehrere Jahre produzierten Gegenständen aktiviert, sondern auch die bereits anteilig realisierten Gewinne ausgewiesen werden, sofern diese absehbar sind. Dies führt zu einer besseren Verteilung des Produktergebnisses.

- Risikorückstellungen: Bei der Bildung von Rückstellungen ist nach HGB das höchste wahrscheinliche Risiko zu berücksichtigen. Nach IFRS ist die Rückstellung in der Höhe zu bilden, in der sie wahrscheinlich benötigt wird. Außerdem sind Aufwandsrückstellungen, wie sie das HGB kennt, beispielsweise für unterlassene Instandhaltung, nach IFRS nicht zulässig. Die IFRS kennen nur Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten wie zum Beispiel Abfindungen und Gewährleistungen.

Nach Auffassung von Bilanzexperte Alexander Uhl lohnt sich die Umstellung auf IFRS auch für nicht börsennotierte KMUs nicht nur wegen des möglicherweise besseren Ratings bei inländischen Kreditinstituten. "Die aktuell sehr zurückhaltende Geschäftsauffassung deutscher Banken zwingt den Mittelständler dazu, sich an ausländische Banken oder Investorengruppen zu wenden", sagt Uhl. Hierfür aber würden Unternehmensdaten benötigt, die nach internationalen Rechnungslegungsstandards ermittelt worden sind. (mf)