Coronavirus-Epidemie

Impfung gegen Covid: Welche Fragen noch offen sind

11.11.2020
Licht am Ende des Tunnels der Pandemie sehen manche in den vielversprechenden Daten zu einem Corona-Impfstoff. Doch noch ist beim Impfen längst nicht alles klar.
Die Zulassung eines Impfstoffes gegen Covid-19 scheint nicht mehr allzu fern zu sein. Doch einige Fragen sind noch nicht endgültig geklärt.
Foto: BioNTech SE

Wirksamkeit: Die Unternehmen Biontech und Pfizer geben an, dass ihr gemeinsam entwickelter Impfstoff einen mehr als 90-prozentigen Schutz vor Covid-19 bietet. Das ist allerdings nur ein erstes Zwischenergebnis aus der für eine Zulassung entscheidenden Studienphase. Bislang fehlen zum Beispiel noch Daten zum Schutzeffekt der Impfung für bestimmte Gruppen. Es sei unklar, ob der Impfstoff bei Risikogruppen wie älteren Menschen effizient wirkt, sagte der Leiter der Forschungsgruppe Infektionsimmunologie und Impfstoffforschung an der Berliner Charité, Leif-Erik Sander.

Experten geben zudem zu bedenken, dass die Daten bislang nicht aus einer wissenschaftlichen Publikation stammen, sondern aus einer Pressemitteilung. Sollte sich die hohe Wirksamkeit von mehr als 90 Prozent bestätigen, "wäre dies eine unerwartet hohe Impfeffizienz", so Sander. Viele eingesetzte Impfstoffe wie etwa gegen Influenza erreichten keine so hohen Werte.

Verfügbarkeit: Damit der Impfstoff von Biontech und Pfizer nach einer Zulassung schnell in der Europäischen Union zur Verfügung steht, hat die EU-Kommission einen Vertrag zur Lieferung ausgehandelt. Dieser wurde laut Kommissionskreisen am Dienstag geschlossen - nachdem man bereits seit Monaten verhandelt hatte.

Deutschland möchte bis zu 100 Millionen Dosen erhalten. Damit sei die Bundesregierung in den Gesprächen in der EU angetreten, teilte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) mit. In der EU haben allerdings alle 27 Länder gleichzeitig Zugriff auf erste Lieferungen. Sie sollen nach Bevölkerungsstärke verteilt werden. Deutschland hat hier einen Anteil von rund 19 Prozent.

Verteilung: Wer bekommt den Impfstoff zuerst? Ein aktuelles Positionspapier des Deutschen Ethikrats, der Nationalen Wissenschaftsakademie Leopoldina und der Ständigen Impfkommission (Stiko) gibt eine grobe Richtung vor: Ältere Menschen mit Vorerkrankungen sowie Mitarbeiter in Krankenhäusern und Pflegeheimen sollen bevorzugt geimpft werden.

Außerdem Menschen in gesellschaftlichen Schlüsselstellungen - etwa Mitarbeiter von Gesundheitsämtern und Sicherheitsbehörden, Polizisten, Feuerwehrleute, Lehrer und Erzieher. Innerhalb der nächsten Wochen sollen die Empfehlungen konkreter werden. Die Priorisierung müsse dann von den Verantwortungsträgern der Politik festgesetzt werden, sagte der Stiko-Vorsitzende Thomas Mertens.

Praktische Umsetzung: Geimpft werden soll in Zentren sowie durch mobile Impftrupps. Der Aufbau dieser Impfzentren solle nach und nach in den nächsten sechs, acht, zehn Wochen erfolgen, so Gesundheitsminister Spahn. Das reiche zeitlich aus.

Der Transport und die Lagerung des Impfstoffes könnten indes eine Herausforderung darstellen: Er soll grundsätzlich bei einer Temperatur von rund minus 70 Grad aufbewahrt werden. Pfizer wies allerdings in einer Mitteilung im September darauf hin, man habe neue Daten, die nahelegten, dass der Impfstoff auch bei normaler Kühlschrank-Temperatur (zwischen zwei und acht Grad) bis zu fünf Tage stabil bleibe.

Nach Einschätzung des SPD-Gesundheitsexperten Karl Lauterbach vergeht mindestens ein Jahr, bis ganz Deutschland bis zu einer "Herdenimmunität" durchgeimpft ist. Erst danach könne man darüber reden, auf Maske und Abstand zu verzichten, so Lauterbach am Montag in der ARD-Sendung "hart aber fair".

(Anhaltende) Immunität: Dass eine Impf-Immunisierung gegen Corona ein ganzes Leben lang halten wird, scheint unwahrscheinlich. Fachleute gehen bisher davon aus, dass man sie wie bei der Grippe-Schutzimpfung regelmäßig wiederholen muss. Eine wichtige Frage ist zudem, ob Menschen nach einer Impfung das Virus weitertragen können. Gesundheitsexperte Lauterbach sagte, man wisse noch nicht, ob die, die geimpft seien, sich weiter mit dem Coronavirus infizieren und für andere Menschen ansteckend sein könnten. Das wäre vor allem für den Gesundheitsbereich problematisch. (dpa/rs)