IT-Cloud-Index Mittelstand

Infrastructure as a Service auf der Überholspur

19.02.2013
Der Cloud-Einsatzgrad in mittelständischen deutschen Unternehmen hat sich binnen eines Jahres nahezu verdoppelt, so das Ergebnis der jüngsten Studie von Techconsult und HP. Software-as-a-Service (SaaS) dominiert zwar noch innerhalb der Cloud-Dienste, die Nachfrage nach Infrastructure-as-a-Service-Angeboten (IaaS) hat jedoch deutlich zugelegt.
Selbst die Public Cloud hat für SMBs offenbar ihren Schrecken verloren.
Foto: techconsult

Der Cloud-Einsatzgrad hat sich binnen eines Jahres im Mittelstand nahezu verdoppelt, so das Ergebnis des jüngsten IT-Cloud-Index von Techconsult und HP, einer Langzeituntersuchung zum Stellenwert von Cloud-Computing in mittelständischen Anwenderunternehmen.
Von Verena Bunk (Analyst bei Techconsult )
Software-as-a-Service (SaaS) dominiert zwar noch innerhalb der Cloud-Dienste, die Nachfrage nach Infrastructure-as-a-Service-Angeboten (IaaS) hat jedoch insbesondere im dritten Quartal 2012 deutlich zugelegt. Fast jedes zweite Unternehmen hat sich bereits intensiv mit dem Thema Cloud auseinandergesetzt.

Cloud-Einsatzgrad verdoppelt

Im deutschen Mittelstand setzt jedes fünfte Unternehmen bereits auf Cloud-Lösungen. Mit einem Anteil von 22 Prozent der Unternehmen im dritten Quartal 2012 hat sich der Einsatzgrad gegenüber dem Vorjahreszeitraum nahezu verdoppelt.

Allerdings zeigt sich eine etwas abgemilderte Wachstumsdynamik in den letzten Monaten. Im Vergleich zum Vorquartal hat sich der Einsatzgrad um einen Prozentpunkt erhöht. Für das vierte Quartal dürfte dieser zunächst verhaltene Entwicklungstrend anhalten. So wird ein Zuwachs von einem Prozent prognostiziert.

Nachfrage nach SaaS stagniert

Innerhalb der Cloud-Dienste wird dem Software-as-a-Service-Modell (SaaS) weiter die bedeutendste Rolle zugesprochen. So setzen 15 Prozent der mittelständischen Unternehmen entsprechende Produkte ein. Die Steigerungsraten über die letzten Quartale zeigen sich indes sehr konstant, wenn auch auf einem immer noch ausbaufähigem Niveau.

Was die SaaS-Angebote betrifft, stehen die klassischen, horizontal einsetzbaren Software im Fokus des Interesses. So baut der Mittelstand neben den Office- und CRM-Lösungen vor allem auf E-Mail- und Collaboration-Dienste.

Einsatzgrad im Mittelstand verdoppelt
Mit einem Anteil von 22 % der Unternehmen im dritten Quartal 2012 hat sich der Einsatzgrad gegenüber dem Vorjahresquartal nahezu verdoppelt.
Auseindandersetzung wird intensiver
Das Thema Cloud-Computing manifestiert sich im Mittelstand. Mittlerweile hat sich fast jedes zweite Unternehmen (47 %) mit Cloud-Computing sehr intensiv bzw. intensiv auseinandergesetzt.
Wer sind die Cloud-Treiber im Unternehmen?
Treiber für Cloud-Computing ist meist die unternehmenseigene IT, oftmals auch in Abstimmung mit der Fachabteilung. 14 Prozent der Befragten gaben an, dass Cloud-Computing von der Geschäftsleitung angestoßen werde. Dies sind vor allem überdurchschnittlich viele kleinere mittelständische Unternehmen. Noch im Herbst 2011 waren es gerade neun Prozent.
Welches Bereitstellungs-Modell wird bevorzugt?
Anwender geben der Private-Cloud grundsätzlich den Vorzug (46 %). Dennoch wurde der Public-Cloud über die letzten Quartale die zunehmend höhere Akzeptanz erneut bestätigt.

Die SaaS-Dienste werden zwar noch immer mehrheitlich aus der Private Cloud bezogen. Allerdings ist hier im Verlauf des letzten Jahres eine deutliche Tendenz zu Lösungen aus der Public Cloud zu verzeichnen, deren Nutzung im Vergleich zum dritten Quartal 2011 um zehn Prozent zulegte.

IaaS legt zu

Die Nachfragesteigerung für Cloud-Infrastrukturleistungen (IaaS) liegt gegenüber dem Vorquartal bei drei Prozentpunkten. Inwieweit hier saisonale Aspekte eine Rolle spielen, wird das vierte Quartal dieses Jahres zeigen. Den Prognosen der Befragten zufolge dürfte jedoch der positive Trend anhalten.

Damit gilt es für den Mittelstand nicht nur die kurzfristige Auslastung von Kapazitätsspitzen sicherzustellen, sondern auch langfristig in das IaaS-Modell einzusteigen. Die Treiber waren in erster Linie der Bedarf an Server- und Speicherkapazitäten.

Der anhaltende Trend ist auch Indiz dafür, dass die mittelständischen Unternehmen zunehmend Vertrauen in die IaaS-Cloud entwickeln und sie als adäquate Option sehen, ihren Bedarf an Infrastruktur-Ressourcen kostenoptimal zu decken. "Diesen Trend sehen wir auch in der Praxis. Haben mittelständische Unternehmen bislang vor allem standardisierte Dienste aus der Cloud genutzt, werden diese zunehmend um Infrastruktur-Services für unternehmensspezielle Anwendungen ergänzt" so Philipp Stute, Geschäftsbereichsleiter IT-Services bei der Janz IT.

Gemäßigtes Wachstum bei PaaS

Plattform-as-a-Service Angebote (PaaS) konnten sich im Jahresverlauf ebenfalls als ein konstant nachgefragter Service entwickeln, wenn auch mit noch verhaltenen Wachstumsraten. Vornehmlich tragen die Datenbanken als Service auf der Anwendungs-Infrastrukturebene zu dem aktuellen Einsatzgrad von sechs Prozent bei, der sich um einen Prozentpunkt im Vergleich zum Vorquartal erhöht hat.

Fast jedes zweite SMB-Unternehmen liebäugelt mit der Cloud

Das Thema Cloud-Computing manifestiert sich im Mittelstand. Mittlerweile hat sich fast jedes zweite Unternehmen (47 Prozent) mit Cloud-Computing sehr intensiv bzw. intensiv auseinandergesetzt.

Weitere 30 Prozent haben sich zumindest grundsätzlich schon einmal mit der Thematik beschäftigt. Im Vergleich zum Vorjahr hat sich allein der Anteil derjenigen verdoppelt, die sich sehr intensiv mit Cloud-Lösungen beschäftigt haben.

"Der Grad der Auseinandersetzung ist ein erster Schritt und Wegbreiter für den Cloud-Einsatz und signalisiert das zukünftige Einsatzpotential", sagt Verena Bunk, Analystin beim durchführenden Marktforschungsinstitut techconsult. "Je stärker sich die Unternehmen mit dem Angebotsspektrum des Cloud-Computings und dessen Möglichkeiten auseinandersetzen bzw. vertraut machen, umso mehr werden Informationsdefizite abgebaut und Vorteile wie Prozessattraktivität und finanzielle Attraktivität sichtbar."

Riege der Skeptiker

Nur jedes fünfte Unternehmen hat sich bislang gar nicht mit der Thematik auseinandergesetzt. Hier ist davon auszugehen, dass sich diese Unternehmen zum einen skeptisch gegenüber einem grundlegenden Eingriff in die Strukturen der bestehenden und laufenden IT-Infrastruktur zeigen.

Zum anderen spielt das Thema Virtualisierung in diesen, zum Teil auch kleineren Unternehmen, nach wie vor eine weniger stark ausgeprägte Rolle. Zu berücksichtigen ist auch, dass auf Grund des operativen Alltagsgeschäftes häufig Ressourcen fehlen, sich Zeit zu nehmen und sich über neue Technologien zu informieren und sich damit auseinanderzusetzen. Insbesondere in kleineren mittelständischen Unternehmen wird in erster Linie die Nutzung von Cloud-Computing aus der Geschäftsleitung (50 Prozent) heraus angeregt.

Cloud-Markt in Deutschland 2012 bis 2017: Investitionen und Ausgaben nach Segmenten (B2B) in Millionen Euro
Quelle: Experton Group 01/2013
Cloud-Technologien: Marktanteile in Deutschland 2013 (1,55 Milliarden Euro)
Quelle: Experton Group 01/2013
Das treibt Unternehmen in die Cloud:
mangelnde eigene IT-Ressourcen, Wunsch, vorhandene Ressourcen effizienter zu nutzen Wunsch nach Kostensenkung; schnellere Bereitstellungs- und Evaluierungszeiten (Druck aus Fachabteilungen); mehr Flexibilität; bessere Arbeitsabläufe; Verantwortung für IT-Betrieb stärker auf den Anbieter verschieben

Geschäftsführer werden zur treibenden Kraft

Treiber für die Cloud ist meist die unternehmenseigene IT, oftmals auch in Abstimmung mit der Fachabteilung. In erster Linie kommt der Impuls für den Einsatz von Cloud-Computing daher vom IT-Verantwortlichen des Unternehmens (72 Prozent).

Diese drängen darauf, ihre IT-Kapazitäten zu flexibilisieren und von den Vorteilen des Cloud-Computings zu profitieren. Das wird möglich durch den kostengünstigen Bezug von Speicherkapazitäten, Software oder Rechenleistungen aus der "Wolke".

14 Prozent der Befragten gaben an, dass Cloud-Computing von der Geschäftsleitung angestoßen werde. Dies sind vor allem überdurchschnittlich viele kleinere mittelständische Unternehmen. Noch im Herbst 2011 waren es gerade neun Prozent.

Hier wird deutlich, dass das Thema mehr als noch vor einem Jahr auch in die Chefetagen gelangt ist. Aktuell spielen Fachabteilungen eine weniger relevante Rolle, nur acht Prozent der Befragten gaben an, dass der Cloud-Einsatz ausschließlich aus der Fachabteilung heraus angeregt wurde.

Zunehmende Bedeutung der Public Cloud

Anwender geben auch im dritten Quartal der Private Cloud grundsätzlich den Vorzug. Hier verbleibt die IT im Haus bzw. wird beim Dienstleister in einer dedizierten Umgebung betrieben. Immerhin zieht mit 46 Prozent der aktuellen Cloud-Nutzer fast jeder Zweite dieses Modell der Public- und der Hybrid-Cloud vor.

Dennoch wurde der Public Cloud über die letzten Quartale die zunehmend höhere Akzeptanz erneut bestätigt. Jedes dritte Unternehmen kann sich mit diesem Modell anfreunden.

Eine ähnliche Kontinuität ist in der Bewertung der hybriden Form festzustellen, die jeder Fünfte als adäquate Lösung bestätigt. "Der Mittelstand ist deutlich informierter als noch vor einem Jahr", berichtet Uli Seibold von HP, Geschäftsbereichsleiter Vertriebspartnerorganisation Enterprise Group Deutschland. "IT-Verantwortliche gehen die Auswahl der Bereitstellungsform offener an und überlegen bewusst, welche Cloud-Bezugsstrategie zu den angedachten Lösungen bzw. Services am besten passt.”

Im Durchschnitt hatte von den Cloud-Usern im dritten Quartal jedes zweite Unternehmen Dienste aus der Private-Cloud bezogen. Hierbei wurden vor allem PaaS- und IaaS-Angebote in Anspruch genommen.

Im Jahresvergleich konnte die Hybrid-Cloud um zwei Prozent zulegen. Durch die Parallel-Nutzung von Private- und Public-Cloud werden die eigenen Ressourcen mit den Vorteilen der Public-Cloud kombiniert und stellen so eine ideale Ergänzung zu eigenen Private-Cloud-Ressourcen dar.

Bei Engpässen können skalierbare Public-Cloud-Dienste ergänzt werden, ohne im Regelbetrieb ungenutzte Infrastruktur bereithalten zu müssen. Virtualisierung als Grundstein für hybride Cloud-Lösungen ist in vielen Unternehmen zwar gegeben, die Herausforderung ist jedoch, einen geeigneten Dienstleister bzw. Cloud-Anbieter zu finden, mit dessen Lösungen die unternehmenseigene Infrastruktur kompatibel ist.

(rb)