Nachfolger unbekannt

Intel-Chef Otellini hört auf

19.11.2012
Einer der mächtigsten Manager der Technologiebranche verabschiedet sich: Intel-Chef Paul Otellini hört im Mai auf. Ein Nachfolger stehe noch nicht fest, teilte der weltgrößte Chipkonzern mit. Intel dominiert mit seinen Prozessoren im PC-Markt, schafft es aber seit Jahren nicht, im boomenden Geschäft mit Smartphones und Tablets Fuß zu fassen.

Einer der mächtigsten Manager der Technologiebranche verabschiedet sich: Intel-Chef Paul Otellini hört im Mai 2013 auf. Ein Nachfolger stehe noch nicht fest, teilte der weltgrößte Chipkonzern mit. Intel dominiert mit seinen Prozessoren im PC-Markt, schafft es aber seit Jahren nicht, im boomenden Geschäft mit Smartphones und Tablets Fuß zu fassen.

"Es ist an der Zeit, weiterzuziehen, und das Ruder bei Intel an eine neue Führungsgeneration abzugeben", sagte Otellini. Er war beinahe vier Jahrzehnte im Unternehmen, davon stand er fast acht Jahre an der Spitze des Chipkonzerns. Unter seiner Ägide wuchs Intel kräftig, wurde zuletzt aber von der Flaute im PC-Markt erwischt.

Ohne Schaden durch die Krise

Verwaltungsratschef Andy Bryant lobte Otellini als "starke Führungspersönlichkeit". Er habe das Unternehmen durch schwierige Zeiten geführt. Damit dürfte Bryant besonders auf die Wirtschaftskrise der Jahre 2008 und 2009 anspielen, die Intel fast ohne Blessuren überstanden hatte - anders als etwa der wesentlich kleinere Rivale AMD .

Intel-Chef Paul Otellini hört im Mai 2013 auf.
Foto: Intel

Während Otellinis Amtszeit stieg der Jahresumsatz von 38,8 auf 54 Milliarden Dollar. Die Aktionäre durften sich über 23,5 Milliarden Dollar an Dividenden freuen. Intel-Prozessoren - die Rechenherzen eines Computers - stecken heute in vier von fünf Personal Computern. Mit einem Börsenwert von mehr als 100 Milliarden Dollar (78 Mrd Euro) gehört das Unternehmen aus dem kalifornischen Santa Clara zu den teuersten Konzernen der Welt.

Herausforderung Smartphones

Allerdings ist der Kurs seit Jahresbeginn um 17 Prozent gefallen. Grund sind die schnell sinkenden PC-Verkäufe. Zum einen halten sich Firmen angesichts der unsicheren Wirtschaftslage mit Neuanschaffungen zurück. Zum anderen greifen viele Verbraucher mittlerweile eher zu einem Tablet-Computer wie Apples iPad oder ihr Smartphone reicht ihnen fürs Surfen im Web.

Bei Smartphones und Tablet-Computern werden besonders sparsame Chips benötigt. Hier ist die Technologie des britischen Chip-Entwicklers ARM führend. Intel-Prozessoren, die leistungsstärker, aber dadurch auch stromhungriger sind, stecken bisher nur in einigen wenigen Smartphone-Modellen. Vor dem nächsten Chef liegt die überlebenswichtige Aufgabe, Intel in diesem Bereich stärker aufzustellen. Zuletzt war der Quartalsumsatz um fünf Prozent und der Gewinn um 14 Prozent gefallen.

Was hat Otellini bei Intel bewirkt?

Mit dem Abschied von Intel-Chef Paul Otellini wird beim weltgrößten Chip-Hersteller der Weg für einen Generationswechsel frei. Der Manager fing 1974 bei Intel an, als das Unternehmen gerade einmal sechs Jahre alt war. Der heute 62-jährige Otellini war erst der fünfte Konzernchef. In seinen fast acht Jahren an der Spitze hat sich die Branche dramatisch verändert, vor allem durch den Aufstieg der Smartphones und Tablet-Computer - einen Markt, zu dem Otellini trotz aller Bemühungen keinen Schlüssel fand.

Otellini, Sohn eines Fleischers, wurde in einer italienischen Einwandererfamilie in San Francisco geboren. Sein Weg an die Spitze von Intel führte über viele Positionen. Er startete als Experte in der Finanzabteilung. Damals gab es für alle Neuankömmlinge noch ein gemeinsames Mittagessen mit den Gründerväter Gorden Moore und Bob Noyce - mit selbst mitgebrachter Verpflegung, wie sich Otellini später erinnerte.

Später war er für die Beziehungen zum damals wichtigsten Kunden IBM zuständig, wechselte in den Verkauf und baute in den 80er Jahren das Geschäft in integrierten Chip-Sets auf. 1989 wurde er zum technischen Assistenten von Konzernchef Andy Grove, in den 90ern leitete er das Intel-Marketing und war später maßgeblich an der Ausarbeitung der Chipstrategie beteiligt. Im Mai 2005 löste er Craig Barrett als Intel-Chef ab - als erster Nicht-Techniker auf diesem Führungsposten.

Otellini gilt als eine treibende Kraft hinter dem Wechsel von Apple ins Intel-Lager mit seinen Mac-Computern. Außerdem wehrte er bei Server-Chips den Angriff des kleineren Rivalen AMD ab, der Intel zeitweise mit innovativeren Technologien vor Probleme stellte. In seiner Zeit wechselte der Fokus bei Intel-Prozessoren endgültig von Spitzenleistungen mit immer höheren Taktraten zu mehr Effizienz. Es gelang ihm jedoch nicht, die Mobilfunk-Industrie zu überzeugen, die nach wie vor auf Technologien des britischen Chipentwicklers ARM setzt.

Ein besonderer Rückschlag für Otellini war das Scheitern des Versuchs, das Betriebssystem MeeGo als starke Plattform für Smartphones und andere Elektronik zu etablieren. Der Partner Nokia setzte nach einem Jahr Entwicklung lieber auf das Microsoft-System Windows Phone. (dpa/rw)