Mehr Performance und Effizienz

Intels neue Atom-Generation für Micro-Server

05.09.2013 von Christian Vilsbeck
Mit der neuen Atom C2000 Serie wird Intels ehemaliger Netbook-Prozessor mehr als nur salonfähig für den Einsatz in Servern. Die vielfach gesteigerte Performance und Energieeffizienz macht den komplett überarbeiteten Atom sogar zur Alternative zum Xeon.

Intels Atom-Prozessoren starteten 2008 mit dem Ziel, günstige und wenig Energie benötigende mobile Geräte zu ermöglichen. In den Netbooks feierten die CPUs auch entsprechende Erfolge. Doch mit dem Verschwinden der Netbooks wanderten die Atom-CPUs zunehmend auch in kleine Server und Storage-Geräten à la NAS. Dennoch haftet an Intels Atom der Nimbus der geringen Performance, auch wenn sich die Energieeffizienz sehen lassen kann.

Mit der neuen Atom-Generation für Server schüttelt Intel "Altlasten" der bisherigen Atom-Prozessoren ab. Eine komplett neue Mikroarchitektur mit bis zu acht Kernen sowie die moderne 22-nm-Fertigung sorgen für deutlich mehr Performance und nochmals verringerten Energiebedarf. Die neuen Server-Prozessoren mit dem Codenamen "Avoton" erhalten die Bezeichnung Atom C2000 Serie. Der Nachfolger der Ende 2012 vorgestellten Atom S1200 Serie ist für den Einsatz in Micro-Servern sowie auch Storage-Systemen (NAS) vorgesehen. Intel verspricht eine bis zu 14-fach höhere Rechenleistung sowie eine rund fünfmal bessere Energieeffizienz.

Alles drin: Intels neuer Atom C2000 mit Codenamen "Avoton" verfügt über bis zu acht Kerne und viele I/O-Schnittstellen.
Foto: Intel

Einsatzszenarien für Atom-Prozessoren

Der Begriff der Mikroserver beschreibt eigentlich zwei Gerätegattungen. Zum einen sind damit kleine Server im Desktop-Gehäuse gemeint, die ideal für kleine Arbeitsgruppen oder Firmen mit rund zehn Mitarbeitern sind. Dann gibt es die Micro-Server à la Blades. Möglichst viele kleine Servermodule mit hoher Packungsdichte ergeben einen leistungsfähigen und energieeffizienten Cluster. Ein bekanntes Beispiel hierfür ist Hewlett Packards Moonshot-Server. Dieser "Software Defined Server" kann 45 Computing-Cartridges aufnehmen, die aktuell mit dem Atom S1260 bestückt sind. HP will künftig Einschübe mit dem neuen Atom C2000 "Avoton" anbieten. Auch das zu AMD zählende Unternehmen SeaMicro setzt mit dem SM15000 Fabric Compute System setzt auf dieses Konzept. Das Rack-System lässt sich wahlweise mit 64 Opterons, 64 Xeons oder eben 256 Atom-CPUs bestücken.

Das Einsatzszenario von Intels neuer Atom C2000 Serie in Micro-Servern reicht vom Web-Hosting kleiner Webseiten bis hin zu Scale-out-Architekturen für Cloud-Service-Provider. Während der Atom C2000 "Avoton" auch für NAS-Server vorgesehen ist, bietet Intel noch spezielle Modelle mit Codenamen "Rangeley" für Kommunikationsprodukte an. Diese Atom-C2000-Produkte sind wie die "Avotons" sogenannte SoC (System on Chip) mit integrierten I/O-Schnittstellen. Zusätzlich verfügen die Rangeley-Atoms über die QuickAssist-Technologie QAT. Dabei handelt es sich um eine Hardware-Beschleunigung für Kommunikations-Workloads wie AES, MD5, SHA2 oder RSA. Intel sieht die Atom C2000 Serie "Rangeley" für Produkte wie Router, Switches, Netzwerk- und Security-Appliances vor.

Atom C2000 vs. Xeon E3-1200 v3

Die Atom C2000 Serie stuft Intel in die Kategorie der stromsparenden Prozessoren für Systeme mit einem CPU-Sockel ein. Entsprechend konkurriert der neue Atom "Avoton" auch mit den Low-Power-Modellen des Xeon E3-1200 v3, der ebenfalls für Server / Nodes mit einem Prozessor vorgesehen ist. Der Xeon verfügt über die leistungsfähige Haswell-Architektur und wird auch im 22-nm-Verfahren gefertigt. Die Energiesparmodelle der E3-Serie gibt es mit TDP-Werten (maximaler theoretischer Energieverbrauch) von 13, 25 und 45 Watt. Hierbei handelt es sich beispielsweise um den Xeon E3-1220L v3 mit 13 Watt TDP, Dual-Core-Technologie und 1,1 GHz Basistakt. Ein Atom C2730 mit acht Kernen und 1,7 GHz Grundtaktfrequenz ist mit 10 bis 12 Watt TDP ähnlich eingestuft.

Der Xeon E3-1200 v3 beherrscht mit AVX2 gegenüber dem Avoton zusätzliche Befehlssätze und verfügt - je nach Modell - zudem über eine integrierte Grafik-Engine HD Graphics P4600/4700. Doch in vielen Einsatzszenarien wie Webserver kommen diese zusätzlichen Features nicht zum Tragen. Insofern drängt sich ein Vergleich der beiden Prozessorserien auf. Intel liefert hierzu selbst interessante Zahlen. Der Atom C2000 benötigt als 1-Chip-Lösung eine Fläche von nur 952 mm². Beim Xeon sind durch den zusätzlich erforderlichen Chipsatz bereits 1913 mm² notwendig. Die Node-Power, also der Energiebedarf von einem Server / Blade-Einschub (CPU, Systemplatine, Speicher und HDD) liegt beim Atom C2000 bei zirka 14 bis 28 Watt. Für den Xeon E3-1200L v3 gibt Intel rund 26 bis 58 Watt an.

Atom vs Xeon: Die Energieeffizienz der neuen Atom-C2000-Serie liegt auf dem Niveau der Stromsparvarianten des Xeon E3-1200 v3.
Foto: Intel

Wird nun die Performance pro Watt (Energieeffizienz) eines Nodes verglichen, so liegen die Atom-Modelle C2730 und C2750 mit acht Kernen auf und sogar leicht über dem Niveau des Xeon E3-1230L v3 und E3-1265L v3. Von der puren Performance kann ein Atom "Avoton" aber nicht mit einem Xeon E3 v3 mithalten. So bietet beispielsweise ein Xeon E3-1230L v3 (Quad-Core / 1,8 GHz / 25 Watt) rund 41 Prozent mehr Integer-Durchsatz als ein Atom C2750 (8-Core / 2,4 GHz / 20 Watt). Wird aber die mögliche höhere Packungsdichte von Atom-basierenden Nodes in einem Rack miteinkalkuliert, so sieht das Performance-Verhältnis schon wieder ausgeglichener aus.

Leistungssprung gegenüber Vorgänger und ARM

Durch seine komplett neue und umgekrempelte Mikroarchitektur stößt der neue Atom C2000 in die Leistungsdimension eines Xeon E3 vor. Deutlicher wird der Leistungssprung der neuen Generation aber im direkten Vergleich mit seinem Vorgänger Atom S1200.

Neben der neuen Mikroarchitektur gibt es den Atom C2000 mit bis zu acht Kernen; der bisherige Atom S1200 verfügt nur über einen Dual-Core. Folgende allgemeine Leistungsdaten gibt Intel für den Atom C2000 an:

Sieht man sich die von Intel angegebenen Leistungsdaten im Detail an, so basiert der Performance-Sprung nicht nur auf der höheren Kernanzahl. Im sogenannten Single-Thread-Modus, wo nur ein Kern arbeitet, arbeitet der Atom C2750 (2,4 GHz) bis zu 1,9-fach schneller als der Vorgänger Atom S1260 (2 GHz). Sind alle Kerne aktiv, so eilt der neue Atom C2750 (8-Core) dem Dual-Core-Vorgänger S1260 um den Faktor 5,1 davon (Integer Durchsatz SPECint_rate_base2006).

Geht es um die dynamische Web-Performance (PHP mit LAMP), dann liefert ein Node mit einem Atom C2750 eine bis zu 7,2-fache Performance im Vergleich zum Atom S1260. Gegenüber dem Calxeda ECX-1000 (ARM A9 / 1,4 GHz / Quad-Core) soll Intels neuer Avoton-Atom bis zu 3,9-mal schneller sein. In der Java-Performance zieht der Atom C2750 dem Atom S1260 um den Faktor 4,2 (SPECjbb2005) bis 14,4 (SPECjbb2013) davon.

Intel stellt besonders auch die Leistungsfähigkeit des Atom C2000 im Vergleich zu ARM-basierenden Prozessoren heraus. AMD will in der zweiten Jahreshälfte 2014 mit dem Opteron Seattle einen Server-Prozessor auf ARM-Basis vorstellen. Den Seattle soll es laut AMD mit 8 und 16 Cortex-A57-Kernen geben. Die von Intel angegebene 1,8-fach bessere Energieeffizienz bezieht sich auf einen Applied Micro X-Gene. Dieser ARM-Prozessor arbeitet mit 2,4 GHz Taktfrequenz und acht Kernen.

Neben dem Fortschritt in der Performance stellt Intel beim Atom C2000 auch die möglichen höheren Packungsdichten heraus. Während in einen 42 Höheneinheiten großen Micro-Server-Rack laut Intel 180 bis 450 Nodes mit Atom S1260 passen, sind mit dem Atom C2000 400 bis 1400 Nodes möglich. Bei dieser dreifach höheren Dichte soll das komplette 42U-Rack eine 4,6- bis 16-fache Performance liefern.

Atom C2000 mit Silvermont-Architektur

Intels neue Atom C2000 Serie basiert auf der ebenfalls neuen Mikroarchitektur "Silvermont" mit 22-nm-Technologie. Die bisherigen Atom-Prozessoren verwenden alle eine 32-nm-Architektur mit "In-Order" Befehlsverarbeitung. Die CPUs besitzen einen oder zwei Kerne und verfügen über ein zusätzliches Hyper-Threading.

Mit der Silvermont-Architektur rückt Intel vom bisherigen In-Order-Verfahren (Befehle werden in der ankommenden Reihenfolge abgearbeitet) ab. Silvermont setzt auf ein Out-of-Order-Prinzip; hier werden die Befehle für die optimierte Abarbeitung im Prozessor umsortiert. Das Out-of-Order-Prinzip wird auch bei allen Core-Prozessoren oder AMDs x86-Architekturen verwendet. Während ein Out-of-Order-Design mehr Performance verspricht, punkten In-Order-Architekturen mit geringerem Energiebedarf. Durch die Befehlsverarbeitung in der einkommenden Reihenfolge ist keine Logik, sprich Siliziumfläche, für die Sortierung der Instruktionen notwendig. Intels Silvermont-Architektur ist für das 22-nm-Verfahren mit 3D-Transistoren vorgesehen. Durch die Strukturverringerung macht Intel den Mehrbedarf an Transistoren für die Out-of-Order-Logik mehr als wett.

Eine neue sogenannte "System Fabric" Architektur ermöglicht Silvermont-basierende Atom-Prozessoren mit bis zu acht Kernen. Jedem Core-Pärchen steht ein 1 MByte fassender gemeinsamer L2-Cache zur Verfügung. Ein Atom C2000 mit acht Kernen besitzt somit 4 MByte L2-Cache. Beim Speicher steuern die CPUs DDR3-1600-DIMMs über zwei Kanäle an. Dabei sind bis zu 64 GByte Arbeitsspeicher pro Atom-Prozessor möglich. Low-Power-DIMMs unterstützt die neue Atom-Generation ebenfalls. Die 64-bittigen Silvermonts beherrschen neue Befehlssätze wie SSE 4.2, AES-NI und Virtualisierungs-Features wie VT-x2 und VMFUNC.

Atom C2000: Features und Modelle

Intels Atom C2000 Serie ist mehr als nur einen Prozessor. Durch seine zusätzlichen Komponenten auf dem Siliziumplättchen handelt es sich um ein "System on Chip" (SoC). Die Server-CPU wartet mit integrierten I/O-Funktionalitäten auf. So bietet der Atom C2000 über vier Controller insgesamt 16 PCI-Express-Lanes der zweiten Generation. Desweiteren wartet der Atom "Avoton" mit vier Gigabit-Ethernet-Interfaces, vier USB-2.0-Ports, vier SATA 3 Gb/s und zwei SATA 6 Gb/s auf. Dem für Router, Switches, Netzwerk- und Security-Appliances vorgesehenen Atom "Rangeley" spendiert Intel zusätzlich die Crypto-Engine QuickAssist.

Wie Intels Core- und Xeon-Prozessoren beherrschen auch die neuen Atom C2000 die Turbo-Technologie zum Steigern der Taktfrequenz einzelner Kerne. Während beispielsweise beim Topmodell Atom C2750 die Grundtaktfrequenz 2,4 GHz beträgt, sorgt die Turbo-Technologie für eine Takterhöhung auf 2,6 GHz - solange die CPU weiterhin innerhalb der TDP-Spezifikation arbeitet.

Zum Start bietet Intel den Atom C2000 "Avoton" in fünf Varianten an. Den Einstieg markiert der Atom C2350 mit Dual-Core und 1,7 GHz Taktfrequenz (2,0 GHz Turbo). Intel spezifiziert die CPU mit 6 Watt TDP. Neben zwei Quad-Core-Modellen mit 9 und 13 Watt TDP runden die Achtkerner Atom C2730 und C2750 die Palette nach oben ab. Von den Rangeley-Atoms gibt es ebenfalls Modelle mit zwei, vier und acht Kernen.

In der Tabelle finden Sie alle Atom-C2000-Modelle für Server im Überblick:

Alle Atom-C2000-Avoton im Überblick

Prozessor

Codename

Kerne

Grundtakt [GHz]

Turbo [GHz]

TDP [Watt]

Atom C2350

Avoton

2

1,7

2,0

6

Atom C2530

Avoton

4

1,7

2,0

9

Atom C2550

Avoton

4

2,4

2,6

13

Atom C2730

Avoton

8

1,7

2,0

10-12

Atom C2750

Avoton

8

2,4

2,6

20

Intels neue Atom-Generation wird neben den Varianten für Server, NAS und Kommunikationsprodukte noch 2013 auch in Tablets (Bay Trail) und Smartphones (Merrifield) Einzug erhalten. Und noch Ende 2014 folgt die Reduzierung der Fertigungstechnologie von 22 auf 14 nm. Diesen Atom-CPUs hat Intel den Codenamen Denverton spendiert. (cvi)